Steiermark: Notärzte für Hausbesuche?

10.04.2017 | Politik

In der Steiermark gibt es Pläne, Notärzte im Rahmen des allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienstes für Hausbesuche einzusetzen. Die ÖÄK hat sich in einem Offenen Brief an den steirischen Landeshauptmann Schützenhöfer gegen dieses Vorhaben ausgesprochen. Von Agnes M. Mühlgassner

Im steirischen Mariazell ist ein völliges Novum geplant: So sollen künftig Notärzte als Hausärzte eingesetzt werden. Das sorgt für Unverständnis beim Leiter des ÖÄK-Referats für Notfall- und Katastrophenmedizin, Michael Lang. „Es kann doch nicht sein, dass die medizinische Versorgung, die üblicherweise von Hausärzten erfolgt, nun quasi nebenbei vom organisierten Notarztdienst miterledigt werden soll.“ Dieser „fachfremde Einsatz“ von Notärzten gefährde überdies die Verantwortung, die man den Ländern und Gemeinden für die Rettung von Menschen aus unmittelbaren Gefahren auferlegt habe. Empört über dieses Vorhaben ist Lang noch aus einem anderen Grund: „Wird im Rahmen eines Notarztdienstes zusätzlich noch die hausärztliche Versorgung miterledigt, so wird das der Tätigkeit eines Notarztes nicht gerecht. Daher lehnen wir das von Seiten der Österreichischen Ärztekammer auch ab.“ Deswegen hat die ÖÄK auch einen Offenen Brief an den steirischen Landeshauptmann Schützenhöfer gerichtet, in dem sie sich gegen dieses Vorhaben ausspricht. Darüber hinaus fordert die ÖÄK, die hausärztliche Versorgung der Patienten in der Region sicher zu stellen und „die vorbildhafte notärztliche Versorgung der Bevölkerung bei akut lebensbedrohlichen Erkrankungen nicht durch falsche gesundheitspolitische Entscheidungen zu gefährden“. Vielmehr solle sichergestellt werden, dass „die hausärztliche Versorgung der Patienten in der Region gewährleistet ist“, betont Lang.

Juristische Grundlagen

Schon aus den einschlägigen Bestimmungen des Steiermärkischen Rettungsdienstgesetzes (§ 1, § 2) und des Ärztegesetzes (§ 40, § 31) ergibt sich „eine Unvereinbarkeit einer derartigen ‚Doppelverwendung‘ der Notärzte für die hausärztliche Versorgung“, wie der zuständige ÖÄK-Jurist, Michael Braun, erklärt. So könne die jederzeitige Einsatzbereitschaft für Notfälle, Unfälle oder Katastrophen, durch die Personen in Lebensgefahr oder in eine akut gesundheitsgefährdende Lage geraten, nicht garantiert werden, solange sich der Notarzt weit entfernt von der Einsatzzentrale befindet und gerade mit der hausärztlichen Versorgung eines Patienten beschäftigt ist, den er ebenfalls nicht einfach im Stich lassen kann. Fachärzte für Anästhesiologie und Intensivmedizin oder Unfallchirurgie können beispielsweise hervorragend für notärztliche Einsätze qualifiziert, nicht jedoch für typisch hausärztliche Agenden geeignet sein, bei denen sie überdies einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt werden (Einlassungsfahrlässigkeit, Beweislastumkehr im Fall eines Behandlungsmisserfolges und dergleichen), führt der Jurist weiter aus.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2017