Salzburg: Ziel: attraktivere Kassenstellen

10.02.2017 | Politik

Die Salzburger Ärztekammer und die Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) ziehen alle Register, um die flächendeckende Versorgung im niedergelassenen Bereich weiterhin zu gewährleisten. Von Wolfgang Wagner

Es war das Handeln auf der Basis von klaren Daten: In den kommenden zehn Jahren geht (auch) im Bundesland Salzburg etwa die Hälfte der niedergelassenen Allgemeinmediziner und Fachärzte mit Kassenvertrag in Pension. Das ist ein Ersatzbedarf von 220 bis 250 Stellen. Bereits ab 2013 wurden zwischen den Vertragspartnern einige zukunftsweisende Modelle zur Gewährleistung einer größeren Attraktivität für die Niederlassung von Ärzten mit ius practicandi im Rahmen von Kassenverträgen vereinbart. Jetzt setzte man mit dem neuen Vertrag noch einmal wesentliche Akzente. „Die Salzburger Ärztekammer sieht in den Verbesserungen einen erheblichen Fortschritt und ist überzeugt, dass diese Modelle von der Ärzteschaft angenommen werden. Wesentlich ist jedoch, dass es sich um eine organische Weiterentwicklung auf der Basis von Freiwilligkeit der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte handelt und nicht durch Zwang passiert“, sagt der Präsident der Ärztekammer Salzburg, Karl Forstner. Was noch dazukommt: „Heute wird ständig von ‚personalisierter Medizin‘ gesprochen. Wir wollen auch ‚personalisierte‘ Berufsangebote und Ordinationsformen, die der Lebensplanung und der Lebenssituation des einzelnen Arztes entsprechen“, fügt Forstner hinzu.

Der Hintergrund: Derzeit gibt es im Bundesland Salzburg 446 Kassenstellen, davon 13 Gruppenpraxen (acht von Allgemeinmedizinern). Zwar gelang es beispielsweise im Jahr 2016, insgesamt 27 Kassenarztstellen nach zu besetzen (15 von Allgemeinmedizinern, zwölf für Fachärzte), doch die Herausforderungen für die Zukunft bleiben aufgrund des demografischen Wandels weiterhin bestehen.

„In den vergangenen Jahren hat sich zum Beispiel in unserem Bundesland gezeigt, dass speziell die an sich lukrativen Großpraxen mit Kassenvertrag insbesondere in touristischen Zentren schwierig nach zu besetzen waren“, sagt Walter Arnberger, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in Salzburg. Dies und mehrere andere Faktoren haben dazu geführt, dass man sich in Salzburg – wie die Proponenten betonten – besonders viel einfallen hat lassen, um die Einstiegsmöglichkeiten und die Attraktivität für Hausärzte und Fachärzte zu erhöhen. „Wir haben hier nunmehr Jobsharing-Praxen, die Übergabepraxis, die Weiterbildungspraxis, die üblichen Gruppenpraxen, saisonale Vertretung, bei überdurchschnittlicher Belastung kann in Facharztpraxen – zum Beispiel zur Ausdehnung der Ordinationszeiten – auch noch ein weiterer Facharzt hereingeholt werden“, führt Arnberger aus.

Schon seit einigen Jahren gab es in Salzburg die sogenannte Jobsharing- Praxis: Hier kann zeitlich begrenzt ein Kassenarzt durch einen zweiten entlastet werden. Dies ist maximal für zwei Jahre möglich. Eine Gesellschaftsbildung ist dafür nicht notwendig.

Über ein erweitertes Jobsharing kam man in Salzburg ebenfalls bereits vor Jahren zur Übergabepraxis: Ein Arzt mit §2-Kassenstelle beantragt mit der Kündigung seines Vertrages für eine Maximaldauer von drei Jahren, die Praxis gemeinsam mit seinem schon fixen Nachfolger zu führen. Hier kommt es zur Anhebung der Altersgrenze für den Antrag durch den übergabewilligen Vertragsarzt. Arnberger dazu: „Das ist jetzt bis zum Alter von 69 Jahren, also bis knapp zu jenem Alter möglich, zu dem der Kassenvertrag auf jeden Fall zurück gelegt werden muss.“ Übergabepraxen stehen in Salzburg bereits am Beginn von rund der Hälfte der Vertrags-Nachbesetzungen. „Ein wesentlicher Vorteil ist auch, dass mit dem neuen Vertrag die Verrechnungsbeschränkungen für Jobsharing- und Übergabepraxis aus dem Vertrag herausgefallen sind“, sagt der Salzburger Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Speziell im Rahmen der Abwicklung einer Übergabe im Pongau war es da wegen eines vermehrten Kassenumsatzes zu Problemen gekommen.

Saisonale Vertretung

Neu ist auch die Möglichkeit einer „saisonalen Vertretung“ für Einzelpraxen. Das ist ein Modell, das Allgemeinmedizinern zum Beispiel in den großen Winter-Sportorten die Arbeit während der Hauptsaison erleichtern soll. Bei weitem nicht alle potentiellen zukünftigen Kassen-Allgemeinmediziner trauen es sich zu oder wollen saisonal ständig bis an die Belastungsgrenzen gefordert sein.

Eine weitere Möglichkeit für niedergelassene Fachärzte in Salzburg wird in Zukunft sein, bei überdurchschnittlichen Beanspruchungen oder bei Ausdehnung des Leistungsangebotes einen weiteren Facharzt mitarbeiten zu lassen. „So kann zum Beispiel die Ordinationszeit auf fünf Tage in der Woche ausgedehnt oder es können zusätzliche medizinische Angebote für die Patienten abgedeckt werden“, berichtet Arnberger.

Wichtig ist auch, dass man für die Zukunft für die nicht-technischen Fächer bei Gruppenpraxen die „Synergieabschläge“ komplett umstellen und somit diese Praxisformen nicht mehr für die erforderliche Mehrarbeit mit niedrigeren Honoraren etc. belasten wird. In der Allgemeinmedizin werden die altersstandardisierten Durchschnittswerte so gestaltet, dass Ärzte nicht für die im Allgemeinen sehr kostenintensive Behandlung von überwiegend sehr alten und sehr kranken Patienten Probleme mit der Kasse bekommen. Das alles gilt auch für die „Teilgruppenpraxis“ in Salzburg, bei der sich auf Dauer zwei Ärzte einen Kassenvertrag teilen. Diese Regelung scheint besonderen Anklang bei Ärztinnen zu finden.

Bei den Zusammenarbeitsmöglichkeiten in Salzburg sind aber auch noch zwei weitere Modelle zu nennen: Im Rahmen der „Salzburger Initiative Allgemeinmedizin“ absolvieren Turnusärzte einen Teil ihrer Ausbildung in allgemeinmedizinischen Praxen. Ein Tutor begleitet sie im Turnus; bei ihm absolvieren die Jungärzte auch die Lehrpraxis. Hier ist allerdings die Zahl der Teilnehmer derzeit noch begrenzt.

Nach der Lehrpraxis können in Salzburg mittlerweile diejenigen, die den Turnus absolviert haben, bis zu einem Jahr in der Kassenpraxis weiter beschäftigt werden. So soll den jungen Ärzten eine künftige Arbeit in der Allgemeinpraxis ans Herz gelegt werden. „Da kann der junge Arzt ein Jahr als ständiger Vertreter arbeiten. Theoretisch ist das nichts anderes als die zeitlich begrenzte Anstellung eines Arztes bei einem Arzt“, erläutert Arnberger.

Pro Jahr wendet die Salzburger Gebietskrankenkasse derzeit 39 Millionen Euro für die Honorare der Allgemeinmediziner und 53 Millionen Euro für die Kassen-Fachärzte auf. Die Aufwendungen für die Hausärzte sollen mit dem neuen Vertrag um 6,2 Prozent steigen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2017