Entlastung der Spitalsambulanzen: Ärzte haben Konzepte

10.04.2017 | Politik

Wie man die überlaufenen Ambulanzen in den Griff bekommen kann, steht i  Mittelpunkt der von der Bundeskurie angestellte Ärzte veranstalteten „In Fusion“ Ende April in Wien. Ärzte – als Experten für das Gesundheitswesen – haben zukunftsfähige Lösungen, wie etwa das Konzept „Spital 2025“ oder das Hausarztmodell. Von Marion Huber

Wenn es nicht gelingt, die stetig steigenden Ambulanzzahlen einzudämmen, geht irgendwann gar nichts mehr“, bringt es der stellvertretende Kurienobmann der angestellten Ärzte und Obmann der Bundessektion Turnusärzte, Karlheinz Kornhäusl, auf den Punkt. Schon jetzt „verbrennen“ (Kornhäusl) die Spitalsärzte in den Ambulanzen. Und dies deshalb, weil (zu) oft Patienten in die Ambulanz kommen, die beim Hausarzt einfach besser aufgehoben wären. Er fordert dringend eine Lösung, um die Patientenströme durch das System effizient zu lenken. Daher dreht sich auch bei der heurigen „In Fusion“ Ende April in Wien alles um das Motto „24 Stunden Ambulanz – Wer machts? Wer zahlts? Wer brauchts?“.

Um Lösungen für solche Probleme zu finden, hat die Bundeskurie angestellte Ärzte die Veranstaltungsreihe im Vorjahr ins Leben gerufen. „Zum zweiten Mal setzt sich die ‚In Fusion‘ heuer mit den Herausforderungen im Spitals- und Gesundheitswesen auseinander. Wir wollen mit Experten, Vortragenden und Gästen über die aktuellen Entwicklungen diskutieren und uns über Probleme und mögliche Lösungen austauschen“, erklärt der Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte in der ÖÄK, Harald Mayer, die Intention hinter der Veranstaltung. Wieso die Veranstaltung „In Fusion“ heißt? Kornhäusl interpretiert das folgendermaßen: All jene, die sich Gedanken über das Gesundheitssystem machen, sollen dort zusammenkommen und sich austauschen. „Gemeinsam wollen wir Möglichkeiten finden, wie man das Gesundheitswesen in der Praxis noch besser machen kann.“

Was den übermäßigen Zustrom in die Ambulanz angeht, plädiert Obmann-Stellvertreter Univ. Doz. Rudolf Knapp zuerst dafür, das „Klientel der hilfesuchenden Menschen“ zu analysieren. „Nur dann kann man die medizinisch passenden Strukturen zurechtlegen, die den gesundheitlichen Problemen der Patienten wirklich entgegenkommen“, so Knapp. Er und auch Kornhäusl verweisen darauf, dass die Ärzte bereits zukunftsfähige Ideen entwickelt hätten – „nur wurden diese von unseren Partnern bis jetzt noch nicht richtig beachtet“, berichtet Kornhäusl. „Die Politik hat es bisher nicht geschafft, den Zustrom zu den Spitalsambulanzen zu begrenzen, beziehungsweise die Betreuung der Patienten an jener Stelle zu gewährleisten, an der die medizinische Versorgung am sinnvollsten erbracht werden kann. Auch fehlen Vorschläge, wie die Rahmenbedingungen verbessert werden können, damit der Beruf des Spitalsarztes wieder attraktiver wird“, findet Mayer klare Worte. Auch der Bundeskurienobmann versichert: „Wir Ärzte haben Konzepte – wie etwa das Konzept ‚Spital 2025‘.“

Was für Mayer aber auch klar ist: „Ohne die Expertise von uns Ärztinnen und Ärzten werden strukturelle Reformen nur schwer möglich sein.“ Knapp fordert in diesem Zusammenhang eindringlich „mehr organisatorische Verantwortung für die Ärzte und vor allem mehr Gehör im Gesundheitssystem“. Denn auch im lange geforderten Hausarztmodell seien viele der Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Versorgung bereits bestens abgebildet: „Für mich ist der Hausarzt der Knotenpunkt jeder Patientenkarriere.“

Wird das nicht umgesetzt, bleiben früher oder später die Patienten und die Ärzte in der Ambulanz auf der Strecke, warnt Kornhäusl: „Ich fürchte aber, dass es vor allem für die Patienten schlimm wird, wenn man die Wartezeiten etc. bedenkt.“ Wie die Spitalsärzte mit der Situation in den Ambulanzen umgehen, wird Eiko Meister bei der „In Fusion“ berichten. Er ist selbst Oberarzt an der Notaufnahme des Universitätsklinikums Graz und wird einen Einblick in die Praxis der Notaufnahme geben, wo mittlerweile mindestens 80 Aufnahmen auf der „normalen“ Tagesordnung stehen; ganz zu schweigen von Zeiten einer Influenzawelle beispielsweise, in der es bis zu 130 Aufnahmen am Tag waren.

Und die jungen Ärzte? Wie wirkt sich die Überlastung der Ambulanzen auf sie, ihre Arbeit und ihre Ausbildung aus? Knapp glaubt nicht, dass die junge Generation sich in der Ambulanz „so leicht verheizen lässt wie meine Generation“. Er macht sich hier wegen des „gesunden Selbstbewusstseins“ der jungen Kolleginnen und Kollegen „weniger Sorgen“. Außerdem sollen die neue Ausbildungsordnung und vor allem die nun wieder etablierte Visitationsverordnung verhindern, dass die Jungen verheizt werden, wie Kornhäusl hinzufügt: „Natürlich braucht man genügend Ambulanzzeiten, um Erfahrung zu sammeln. Aber es braucht vor allem eine strukturierte durchgeplante Ausbildung.“ Und dazu muss jeder einzelne Arzt – vom Primar bis zu den jüngsten Fachärzten – etwas beitragen. „Jeder muss sich verinnerlichen, dass Ausbildung etwas wert sein muss, dass man Ausbildung leben muss.“ So lange das nicht der Fall ist, sei „die beste Verordnung oder das beste Gesetz das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht“, so das Resümee von Kornhäusl.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2017