Rezi­di­vie­rende obstruk­tive Bron­chi­tis: Von akut bis chronisch

25.10.2017 | Medizin


In den ers­ten sechs Lebens­jah­ren tritt eine rezi­di­vie­rende obstruk­tive Bron­chi­tis bei etwa der Hälfte aller Kin­der auf; bei einem Drit­tel ist eine frühe Sym­pto­ma­tik ers­tes Anzei­chen für ein spä­ter auf­tre­ten­des Asthma. Anti­bio­tika soll­ten nur bei Nach­weis eines bak­te­ri­el­len Infek­tes ver­ord­net wer­den. Von Mar­lene Weinzierl

Wäh­rend bei Erwach­se­nen zumeist Schä­di­gun­gen des Immun­sys­tems durch Tabak­kon­sum und andere Lun­gen­er­kran­kun­gen Ursa­che für eine obstruk­tive Bron­chi­tis sind, kommt sie bei (Klein-)Kindern häu­fig im Rah­men einer Virus­in­fek­tion vor. Doch nicht nur: Wei­tere Aus­lö­ser eines soge­nann­ten „mul­ti­t­rig­ger wheeze“ bei Kin­dern sind hef­ti­ges Lachen, Auf­re­gung oder die Inha­la­tion von Reiz­stof­fen und Noxen. Zu letz­te­ren zählt auch bei Kin­dern die Tabak­ex­po­si­tion. „Je mehr Kin­der Pas­siv­rauch aus­ge­setzt sind, umso häu­fi­ger lei­den sie unter obstruk­ti­ver Bron­chi­tis“, weiß Priv. Doz. Angela Zacha­ra­sie­wicz von der Abtei­lung für Kin­der- und Jugend­heil­kunde am Wie­ner Wil­hel­mi­nen­spi­tal. Dabei kommt es durch das Anschwel­len der Schleim­haut zur Ver­en­gung der Atem­wege, was sich klas­si­scher­weise durch pfei­fende, keu­chende und gie­mende Geräu­sche und even­tu­ell Atem­not bemerk­bar macht.

In den ers­ten sechs Lebens­jah­ren tritt die Erkran­kung bei etwa der Hälfte aller Kin­der auf; bei einem Drit­tel ist eine frühe Sym­pto­ma­tik das erste Anzei­chen für ein spä­ter auf­tre­ten­des Asthma, berich­tet Zacha­ra­sie­wicz. „Man kann den wei­te­ren Ver­lauf der Erkran­kung aber nicht vor­her­sa­gen und sollte daher die Dia­gnose Asthma nicht zu früh stel­len, son­dern abwar­ten, ob Kin­der ab dem Schul­al­ter Epi­so­den pfei­fen­der oder keu­chen­der Atmung haben, die Beschwer­den auf inha­la­tive Kor­ti­kos­te­ro­ide gut anspre­chen und ein Lun­gen­funk­ti­ons­test Bestä­ti­gung bringt“, so die Exper­tin. Bei rezi­di­vie­ren­den Ereig­nis­sen ist oft das Alter des Kin­des weg­wei­send. Schul­kin­der haben bereits grö­ßere Atem­wege, wes­we­gen es bei ihnen übli­cher­weise nicht so schnell zu einer Obstruk­tion kommt. Zacha­ra­sie­wicz dazu: „Des­halb sollte in jedem Fall eine nähere Abklä­rung im Hin­blick auf Asthma statt­fin­den.“ Klein­kin­der mit einer rezi­di­vie­ren­den obstruk­ti­ven Bron­chi­tis haben ebenso ein grö­ße­res Risiko, spä­ter an COPD zu erkranken.

Beson­ders bei jun­gen Pati­en­ten sollte man daran den­ken, dass auch All­er­gien eine der obstruk­ti­ven Bron­chi­tis ähn­li­che Sym­pto­ma­tik zei­gen. Bei älte­ren Men­schen wie­derum kön­nen rezi­di­vie­rende Ereig­nisse erste Anzei­chen für eine COPD im Anfangs­sta­dium sein, wie Univ. Prof. Wolf­gang Popp vom Zen­trum für Lun­gen­er­kran­kun­gen im Pfle­ge­wohn­haus Donau­stadt erklärt. Bereits in der Akut­phase der Bron­chi­tis ist daher sei­ner Ansicht nach ein Lun­gen­funk­ti­ons­test „in jedem Fall“ sinn­voll. Popp wei­ter: „Die Spi­ro­me­trie ist ein­fach durch­zu­füh­ren und hat häu­fi­ger eine the­ra­peu­ti­sche Kon­se­quenz als bei­spiels­weise ein Ruhe-EKG.“ Sowohl bei der Dia­gnose als auch bei der The­ra­pie gilt: immer die Nase mit­be­han­deln. Denn eine ver­schlos­sene Nase ist meist ein Hin­weis dar­auf, dass auch die Bron­chien ver­engt sind. Die häu­fig ver­ord­ne­ten Muk­oly­tika bezeich­net Popp bei spas­ti­schen Kom­po­nen­ten als „eher kon­tra­pro­duk­tiv, weil sie in der Regel mehr Schleim pro­du­zie­ren als ihn zu lösen und die Obstruk­tion ver­schlim­mern kön­nen“. Erst-The­ra­pie im Akut­fall sind kurz­wirk­same Bet­amime­tika zum Inha­lie­ren – bei Kin­dern jeden­falls mit einer Vor­schalt­kam­mer. „Bei Kin­dern soll­ten Bet­amime­tika kei­nes­falls dau­er­haft ver­ab­reicht wer­den, ohne dass eine wei­tere Abklä­rung erfolgt“, unter­streicht Zacharasiewicz.

Wer­den die Beschwer­den stär­ker, kann zusätz­lich ein inha­la­ti­ves Kor­ti­kos­te­roid ver­ab­reicht wer­den, um schwere Ver­laufs­for­men zu ver­mei­den. Tritt nach einem gewis­sen Zeit­raum erneut ein aku­tes Ereig­nis auf, sollte über­prüft wer­den, ob even­tu­ell eine län­ger­fris­tige The­ra­pie nötig ist. Bei älte­ren Per­so­nen, die Rau­cher waren oder sind – das betrifft nach Schät­zung von Popp etwa 90 Pro­zent der COPD-Pati­en­ten –, sollte eine Erhal­tungs­the­ra­pie durch­ge­führt wer­den – etwa mit einem lang wirk­sa­men Anti­cho­li­ner­gi­kum (LAMA) oder auch Dual-Bron­cho­di­la­ta­tion zusam­men mit einem lang­wirk­sa­men Bet­amime­ti­kum (LABA). In der Folge kommt es bei den Betrof­fe­nen sel­te­ner zu Exazerbationen.

Ein sta­tio­nä­rer Auf­ent­halt ist bei Erwach­se­nen in der Regel nicht not­wen­dig – außer der Betrof­fene befin­det sich in einem schlech­ten All­ge­mein­zu­stand mit mas­si­ver Obstruk­tion. Bei der Ana­mnese sollte erfragt wer­den, seit wann und wie oft die Beschwer­den auf­tre­ten und – spe­zi­ell bei Kin­dern – ob es all­er­gi­sche bezie­hungs­weise asth­ma­ti­sche Vor­er­kran­kun­gen in der Fami­lie gibt. Ganz wich­tig ist die Frage, ob eine Aspi­ra­tion statt­ge­fun­den hat. Zacha­ra­sie­wicz: „Oft komm­tes vor, dass ein Kind plötz­lich beim Essen oder Spie­len stark hus­tet und danach die Bron­chi­tis-Sym­pto­ma­tik zeigt – Ursa­che ist dann das Ein­drin­gen eines Fremd­kör­pers in die Atem­wege.“ Bei schlech­ter Sau­er­stoff­sät­ti­gung oder star­ken Beschwer­den – etwa wenn das Kind nicht mehr rich­tig atmen oder nicht mehr trin­ken kann – ist unbe­dingt die Ein­wei­sung ins Spi­tal erfor­der­lich. „Eine sta­tio­näre Auf­nahme von Kin­dern mit obstruk­ti­ver Sym­pto­ma­tik ist vor allem in Win­ter­mo­na­ten nichts Unge­wöhn­li­ches“, berich­tet Zacharasiewicz.

Bei rezi­di­vie­ren­den obstruk­ti­ven Bron­chit­i­den zeigt Mon­te­luk­ast bei einem Teil der Vor­schul­kin­der Wir­kung. Die Exper­tin gibt aber zu beden­ken, dass sich „zuletzt Stu­dien und Berichte häuf­ten“, die berich­ten, dass Mon­te­luk­ast bei klei­nen Kin­dern häu­fig neu­ro­psych­ia­tri­sche Neben­wir­kun­gen wie­Alb­träume, Ruhe­lo­sig­keit, Per­sön­lich­keits­ver­än­de­run­gen und Reiz­bar­keit ver­ur­sa­chen kann. Des­halb muss bei der Ver­ord­nung die­ser Sub­stanz immer gezielt nach ent­spre­chen­den Neben­wir­kun­gen und Auf­fäl­lig­kei­ten gefragt wer­den, weil Eltern diese Sym­pto­ma­tik andern­falls nicht mit die­ser The­ra­pie in Ver­bin­dung bringen.

Anti­bio­tika soll­ten nur bei Nach­weis eines bak­te­ri­el­len Infek­tes ver­ord­net wer­den; die­ser folgt bei rund einem Drit­tel der Betrof­fe­nen im Anschluss an den vira­len Infekt. Anti­bio­tika sind eben­falls indi­ziert bei Pati­en­ten mit einer eit­ri­gen Bron­chi­tis, die bereits älter sind oder unter einer chro­ni­schen Grund­er­kran­kung wie Dia­be­tes mel­li­tus lei­den, um eine Pneu­mo­nie zu ver­mei­den. „Auch die Pneu­mo­nie weist nicht sel­ten obstruk­tive Kom­po­nen­ten auf“, so Popp abschließend. 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 20 /​25.10.2017