kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

15.12.2017 | Medizin


Malaria: Zahl der Krankheitsfälle steigt

In einigen Ländern und Regionen sei der Kampf gegen Malaria ins Stocken geraten, warnte WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus. Laut dem aktuellen Malaria-Bericht der WHO haben im Vorjahr 91 Länder 216 Millionen Erkrankungsfälle gemeldet; im Jahr davor waren es 211 Millionen, 2010 waren es noch 237 Millionen Fälle. Die Zahl der Todesfälle ist hingegen weitgehend unverändert geblieben: im Jahr 2016 starben 440.000 Menschen an Malaria, was in etwa der Zahl aus dem Vorjahr entspricht. 80 Prozent der Todesfälle wurden aus 14 Ländern der Subsahara-Region Afrikas sowie aus Indien gemeldet. Einen bestimmten Grund für die rückläufige Entwicklung anzuführen, sei den Aussagen der Wissenschafter zufolge schwierig. Resistenzen gegen Arzneimittel und Insektenschutzmittel seien offenbar nicht Ausschlag gebend. Ohne neue Ansätze und mehr Ressourcen – auch finanzieller Natur – sei fast sicher mit einem weiteren Anstieg von Krankheits- und Todesfällen zu rechnen, so der WHO-Generaldirektor. APA

WHO: minderwertige Medikamente auch in Europa

In Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen ist laut einer Studie der WHO jedes zehnte Medikament gefälscht oder minderwertig. Die WHO dokumentierte in aller Welt insgesamt 1.500 gemeldete Fälle. Fast die Hälfte der bemängelten Medikamente tauchte in Afrika südlich der Sahara auf; 21 Prozent wurden aus Europa gemeldet. Betroffen sind vor allem Antibiotika und Malariamittel, aber auch Medikamente gegen Krebs und Antikonzeptiva. Dabei handelt es sich einerseits um komplett gefälschte Medikamente – etwa Pulver oder Tabletten mit bekannten Markennamen, aber ohne Wirkstoffe. Andererseits sind Medikamente nicht getestet oder fallen bei Tests durch, weil sie Qualitätsstandards nicht erfüllen oder nicht halten, was sie versprechen. Die WHO geht davon aus, dass die 1.500 gemeldeten Fälle das Problem nicht annähernd wirklichkeitsnah abbilden.

Schulter-OPs oft überflüssig?

Forscher um Andrew Carr von der Universität Oxford haben untersucht, wie wirkungsvoll minimal-invasive Eingriffe sind, wenn der Raum zwischen Schultergelenk und darüber liegendem Knochenfortsatz zu eng wird und Knochenmaterial beziehungsweise Gewebe abgetragen wird. Carr zum Ergebnis: „Die Schulterblatt-Erweiterung ist nicht besser als ein Placebo-Eingriff.“ David Beard, ebenfalls von der Universität Oxford, betont, dass eher auf Schmerzmittel, Physiotherapie oder Steroid-Injektionen gesetzt werden sollte. APA/Lancet


Xeroderma pigmentosum: Substanz zur DNA-Reparatur

Wissenschafter um Joanna Loizou vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) in Wien haben nach einer Therapie für die „Mondscheinkrankheit“ Xeroderma pigmentosum gesucht. In der Zellkultur sind sie auf den ursprünglich gegen Diabetes verschriebenen Wirkstoff Acetohexamid gestoßen: er macht Zellen mit defektem UV-Reparaturmechanismus im Labor resistenter gegen UV-Strahlung. Die Wirksamkeit wurde nicht am Menschen getestet. APA/Molecular Cell


Übergewicht: fast jeder dritte Drittklässler betroffen

Rund 30 Prozent der österreichischen Buben in der dritten Schulstufe sind übergewichtig oder adipös. Bei den Mädchen ist die Rate etwas geringer; sie reicht von 21 Prozent im Westen und Süden bis zu 29 Prozent im Osten. Das ergab eine Studie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Salzburg, bei der die Daten von 2.510 Kindern von acht bis neun Jahren erfasst wurden. Das Gesundheitsministerium hat heuer erstmals an der Childhood Obesity Surveillance Initiative (COSI) der WHO teilgenommen und Daten aus Österreich geliefert.

Alzheimer: neue Struktur von „Tau“-Protein entdeckt

Forscher der ETH Lausanne um Nadine Ait Bouziad und Hilal Lashuel haben eine neue Form des Alzheimer-Proteins Tau entdeckt. Tau-Proteine bilden in Kontakt mit Neuronen-Membranen stabile Komplexe. Diese Komplexe aus Tau-Proteinen und Fettmolekülen können Neuronen leichter aufnehmen als Tau-Fibrillen. Dort entfalten die Komplexe eine toxische Wirkung. Die Forscher wollen nun die Rolle der Tau-Fett-Komplexe für die Bildung der Tau-Fibrillen untersuchen. Bisher entwickelte Medikamente richteten sich meist gegen die Entstehung der Amyloid-Plaques, versagten in klinischen Studien aber.
APA/Nature Communications


Mammakarzinom: Prognose durch Biomarker

Wissenschafter der MedUni Graz haben den Zusammenhang zwischen dem Protein GIRK1 – einem Baustein zum Aufbau von Kalium-Ionenkanälen in der Zellmembran – und Mammakarzinomen untersucht. Patientinnen mit einem Östrogenrezeptorpositiven (ER+) Tumor sprechen gewöhnlich gut auf eine Hormonbehandlung an. Erzeugt der ER+-Tumor jedoch viel GIRK1, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit geringer. Umgekehrt bedeutet das: Ein höherer Gehalt an GIRK1 zeigt eine höhere Rezidivrate und Mortalität nach einer Brustkrebs-Operation an, so Univ. Prof. Thomas Bauernhofer von der Klinischen Abteilung für Onkologie. Ob die höhere Mortalität mit einer schlechteren Wirkung der Hormontherapie oder einer höheren Metastasierungsfähigkeit zu tun hat, soll nun geklärt werden. APA


Soziale Netzwerke: Gesundheitsgefahr für Jugendliche

Nicht nur Alkohol, Cannabis und Amphetamine, sondern auch Online-Spiele und soziale Netzwerke stellen eine Gefahr für die Gesundheit von Jugendlichen dar, erklärte Gundolf Berg, Vorsitzender des deutschen Berufsverbands für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie bei einem Kongress in Kassel. Durch die ständige Verfügbarkeit von Smartphones habe das Thema an Bedeutung gewonnen. „In der Zeit, in der ich mich mit Online-Spielen beschäftige, versäume ich es, andere alters-adäquate Dinge zu lernen”, erklärte Berg. Dazu kämen häufig auch soziale Phobien und Aufmerksamkeitsstörungen. Die Häufigkeit einer pathologischen Internetnutzung wird auf rund fünf Prozent geschätzt. APA


Immunserum gegen HIV

Wiener Forscher haben versucht, eine neue Basis für HIV-Vakzine zu finden. Das Team um Paul Kosma vom Department für Chemie der Universität für Bodenkultur Wien modifizierte durch chemische Synthese die Zellwandstruktur von Bodenbakterien und schuf damit eine leicht abgewandelte HIV-Oberfläche. „Wir haben damit die HIV-Hülle nicht exakt nachgebildet, damit die Immunantwort besser ausfällt, und das war auch tatsächlich der Fall“, so Kosma. Die Forscher stellten Immunseren her, deren Antikörper bei fünf von sieben HIV-Stämmen neutralisierende Aktivität zeigten. „Es gibt Aids-Patienten, die im Verlauf von zwei bis drei Jahren solche Antikörper entwickeln. Wir können diese nun praktisch sofort bekommen“, so Kosma. Bisher waren Versuche einer HIV-Vakzine erfolglos, weil die Außenseite des Virus körpereigenen Strukturen ähnelt und keine Immunantwort auslöst. APA/Nature Communications

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2017