Umweltmedizinische Tagung: Gesundheitsförderndes Wohnen und Arbeiten

25.10.2016 | Politik

Erfahren, was krank macht, was Leistung und Wohlbefinden fördert und wie der Allgemeinmediziner dazu beraten kann. Die Baubiologie für Arbeits- und Umweltmediziner steht im Mittelpunkt der diesjährigen Umweltmedizinischen Tagung Anfang November in Wien. Von Christina Schaar

Während die Arbeitsmedizin einen klaren gesetzlichen Auftrag hat und bei guter Ausübung für Unternehmer hoch rentabel wirkt, sieht der ÖÄK-Referent für Umweltmedizin, Heinz Fuchsig, diese „einer unterschiedlichen“ Interessenslage ausgesetzt. Um den aktuellen Wissensstand und um Empfehlungen zu den Themenbereichen Licht, Luft, Erderwärmung und Strahlung geht es bei der Umweltmedizinischen Tagung, die am 5. November 2016 stattfindet. Motto der Tagung: „Baubiologie für Arbeits- und UmweltmedizinerInnen; Wohnen und Arbeiten – was ist für Menschen gesundheitsfördernd?

Dass sich vielfach die Aufgabenbereiche aus Umwelt- und Arbeitsmedizin überschneiden, erklärt Fuchsig am Beispiel Licht: Um einen stabilen Biorhythmus zu triggern, benötigen die Melatoninrezeptoren unserer Augen vermutlich mindestens 5.000 Lux-Stunden, wie in Studien in Altersheimen, Schulen und auch Schichtbetrieben nachgewiesen werden konnte. Dabei wurden zentrale Auswirkungen auf den Schlaf, die Leistungsfähigkeit und das Immunsystem gefunden. „Es gibt weiters zahlreiche Studien zur Änderung des natürlichen Farbspektrums und erste Möglichkeiten für Bildschirme, den Tagesgang mit der kostenlosen software f.lux nachzubilden“, so Fuchsig. So soll Schlafstörungen durch den Blick auf die blauen Monitore von Handys und Computern gegengesteuert werden. Laut Fuchsig sehen 90 Prozent der US-Amerikaner vor dem Schlafengehen auf Monitore aller Art; 60 Prozent leiden unter Schlafstörungen.

Licht und Gesundheit

Da die Farbe des Lichts Einfluss auf das Wohlbefinden hat, wird dies nicht nur in der Werbung, sondern auch beispielsweise in Gastronomiebetrieben genutzt. Dort wird dieses Wissen gezielt eingesetzt, indem farbige Oberflächen gewählt werden.

Jedoch spielen nicht nur Farbe und Menge des Lichts eine wesentliche Rolle, sondern auch „die Schönheit des Gesehenen“, die einen Einfluss auf die Gesundheit habe, wie Fuchsig betont. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass ein Blick ins Grüne die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus deutlich verkürzt. Laut WHO sterben jedes Jahr 3,7 Millionen Menschen an der Folge von Luftverschmutzung in den Städten – wobei hier die durch Nikotin-bedingten Todesfälle bereits abgezogen sind. In Österreich sind – so Fuchsig – sowohl ultrafeine Partikel als auch Stickoxide aus Dieselfahrzeugen die bedeutendsten Schadstoffe im Freien. Fuchsig weiter: „Wer im Grünen wohnt, aber pendelt, hat dadurch die gleich hohe Belastung, wie wenn man an einer stark befahrenen Straße wohnen würde.“ Und wie sieht es in Innenräumen aus? „Gerüche sind durch die direkte Einwirkung auf das limbische System gefühlsbetont. Über die Veränderung der Atemtiefe wirken sie auf Stress und Entspannung“, betont Fuchsig. Erneuerbare Energien führen über Elektromobilität und Wärmepumpen statt Brennstoff-Heizungen zu einer dramatischen Schadstoffreduktion und zur Senkung der Lärmbelastung in den Städten. Die fortschreitende Erwärmung lässt sich nur noch begrenzen. Dazu stellen sich laut Fuchsig folgende Fragen: Wie können Ordinationen aber auch Spitäler Hitzeresistent gemacht werden? Und: Welche Patientengruppen sind besonders gefährdet?

Im Brennpunkt: Strahlen

Den Aussagen der International Agency for Research on Cancer (IARC) zufolge stehen nicht-ionisierende elektromagnetische Felder im Verdacht, kanzerogen zu sein (Gruppe 2B). Folgende Fragen drängen sich dazu auf: Besteht Gefahr, wenn viele WLAN-Netze in den eigenen vier Wänden empfangen werden können? Gibt es vernünftige Empfehlungen für Menschen, die anscheinend Elektrosensibel sind? Fuchsig dazu: „In keinem Gebiet liegen die Empfehlungen so weit auseinander. Technisch ist viel machbar. Jedenfalls sind Verhaltensweisen mit einer hohen Exposition wegen der möglichen Folgen wie beispielsweise Online-Sucht schädlich.“

ÖÄK Diplomlehrgang Umweltmedizin

Das ÖÄK Diplom Umweltmedizin besteht aus fünf Teilseminaren zu je zwei Tagen sowie dem E-Learning. Der Lehrgang wird in Form von Blended Learning abgehalten; somit ist ein Quereinstieg möglich.

Themen des Lehrgangs sind u.a:

  • Kann man Fisch generell unbegrenzt zum Konsum empfehlen oder ist die Belastung durch Schadstoffe zu hoch?
  • Wie sauber ist unser Abwasser?
  • Welche Auswirkungen hat die Energiewende auf die Gesundheit?
  • Wie kann man Lärm beurteilen?

Zielgruppe sind Ärzte für Allgemeinmedizin, Fachärzte aller Sonderfächer sowie Gemeinde-, Sprengel- und Distriktsärzte.

Umweltmedizinische Tagung 2016

Datum: 5. November 2016, 10:15 Uhr bis 18:30 Uhr
Ort: Das Modul, Peter-Jordan-Straße 78, 1190 Wien
Veranstalter: Referat für Umweltmedizin der ÖÄK in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Ärzte GmbH
Wissenschaftliche Leitung: Dr. Heinz Fuchsig, ÖÄK-Umweltreferent
Themen-Auszug:

  • Lichtwesen Mensch: Mangel Nr. 1 im Innenraum?
  • Wohlig warm statt überhitzt?
  • Wohn- und Bürogifte: heute und morgen in Österreich „zun Hause“
  • Was tun? Wer hilft? Prävention bei Neu- und Umbauten
  • „Mein Nachbar bestrahlt mich durch die Wand“

Teilnahmegebühr: 260 Euro (incl. Verpflegung und Unterlagen- als Download)
Anmeldung: www.arztakademie.at/umweltmedizin-tagung

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2016