SVA-Junior Check: Prä­ven­tion von Kin­des­bei­nen an

10.10.2016 | Politik

Kin­dern und Jugend­li­chen soll der Vor­sor­ge­ge­danke näher gebracht wer­den – das ist eine der Inten­tio­nen des SVA-Junior Checks. Der Roll out die­ser gemein­sa­men Initia­tive von ÖÄK und SVA erfolgte Anfang Okto­ber. Von Agnes M. Mühlgassner

Die Lücke zwi­schen der letz­ten Unter­su­chung im Rah­men des Mut­ter-Kind-Pas­ses und der ers­ten Gesun­den­un­ter­su­chung im Erwach­se­nen­al­ter zu schlie­ßen – das war die Inten­tion des von ÖÄK und SVA gemein­sam durch­ge­führ­ten Pilot-Pro­jekts Junior Check, wie der Wie­ner Päd­ia­ter Rudolf Schmitz­ber­ger erklärt. Der von Sei­ten der ÖÄK Pro­jekt­ver­ant­wort­li­che betont, dass man den Fokus „auf alle Sei­ten der Prä­ven­tion“ gelegt habe. Start dafür war der 1. Sep­tem­ber 2013. Das Beson­dere des zwei­jäh­ri­gen Pilot­pro­jekts: Dabei wur­den nicht nur Ana­mnese und kli­ni­sche Unter­su­chung durch­ge­führt, son­dern auch Coa­ching für spe­zi­elle The­men­be­rei­che angeboten.

Dass es Hand­lungs­be­darf gibt, steht für Schmitz­ber­ger außer Frage – ange­sichts der Tat­sa­che, dass bei 57 Pro­zent der unter­such­ten Kin­der und Jugend­li­chen Auf­fäl­lig­kei­ten ent­deckt wur­den. Ins­ge­samt wur­den 1.421 Kin­der und Jugend­li­che von All­ge­mein­ärz­ten und Päd­ia­tern in Wien und im Bur­gen­land unter­sucht; jede Unter­su­chung wurde mit 75 Euro hono­riert. Zuvor waren Ein­la­dungs­schrei­ben an rund 14.700 SVA-Ver­si­cherte aus­ge­schickt wor­den, was einer Teil­nah­me­rate von rund zehn Pro­zent ent­spricht und in etwa im Bereich der Teil­nahme an Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen bei Erwach­se­nen liegt. Mit 9,82 Pro­zent war die Teil­nah­me­quote in Wien etwas höher als im Bur­gen­land mit 8,53 Pro­zent. „Ein öster­reich­wei­tes Pilot­pro­jekt schei­terte am Wider­stand des Haupt­ver­ban­des“, bedau­ert Schmitz­ber­ger auch heute noch.

Zur Teil­nahme ein­ge­la­den wur­den Kin­der und Jugend­li­che zwi­schen sechs und 17 Jah­ren, die bei der SVA ver­si­chert sind. Neben der Ana­mnese und der kli­ni­schen Unter­su­chung sollte mit dem Vor­sorge- Check auch die Basis für mög­li­che wei­tere Gesprä­che geschaf­fen wer­den: etwa bei Pro­ble­men in der Puber­tät, fami­liä­ren oder schu­li­schen Pro­ble­men, aber auch bei Alko­hol, Ziga­ret­ten, Dro­gen und Medi­en­kon­sum. Man wolle „schon den Kin­dern und Jugend­li­chen den Vor­sor­ge­ge­dan­ken näher brin­gen“, betont der Pädiater.

Die Ergeb­nisse: All­er­gien sind – unab­hän­gig vom Alter und Geschlecht – das häu­figste gesund­heit­li­che Pro­blem. Wäh­rend bei den Sechs- bis Neun­jäh­ri­gen bei bei­den Geschlech­tern der Anteil bei rund zehn Pro­zent liegt, steigt er bei den 14- bis 17-Jäh­ri­gen auf rund 25 Pro­zent. Wei­tere Auf­fäl­lig­kei­ten bei der ärzt­li­chen Unter­su­chung erga­ben sich bei den Zäh­nen (13,3 Pro­zent der Kin­der und Jugend­li­chen), beim Sehen (11,4 Pro­zent), bei der Wir­bel­säule (9,4 Pro­zent) sowie beim Bewe­gungs­ap­pa­rat (8,3 Pro­zent). Fast ein Fünf­tel aller Teil­neh­mer ist unter­ge­wich­tig; etwa ein Zehn­tel über­ge­wich­tig. Zwi­schen 6,6 Pro­zent und zehn Pro­zent lei­den unter Blut­hoch­druck. Zum Impf­sta­tus: 85,2 Pro­zent haben all die Imp­fun­gen, die im Impf­plan vor­ge­se­hen sind, absol­viert. Fol­gende Infek­ti­ons­krank­hei­ten haben die unter­such­ten Kin­der und Jugend­li­chen am häu­figs­ten durch­ge­macht: Vari­cel­len (71,9 Pro­zent aller Teil­neh­mer), Schar­lach (25 Pro­zent), Angina (16,9 Pro­zent), Bron­chi­tis (13,4 Pro­zent) sowie Oti­tis media (11,6 Pro­zent). Schmitz­ber­ger zu den Ergeb­nis­sen: „Die erho­be­nen Befunde sind als sehr valide ein­zu­stu­fen. Das bestä­tigt auch unser Pra­xis-All­tag.“ Sein Appell: „Nach dem erfolg­rei­chen Pilot­pro­jekt wäre es jetzt wün­schens­wert, wenn sich noch mehr Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen an die­ser Initia­tive betei­li­gen. Schließ­lich gibt es seit Anfang Okto­ber in ganz Öster­reich die Mög­lich­keit, den Kin­dern und Jugend­li­chen den SVA-Junior-Check anzu­bie­ten.“ Michael Mül­ler, Lei­ter der Abtei­lung Gesundheitsservice/​Krankenversicherung bei der SVA, ergänzt: „Nach­dem der Beginn mit dem MUKIPA erfolgt ist, ist der Junior-Check der nächste logi­sche Schritt ins Erwachsenenalter.“

Auch der inter­na­tio­nale Ver­gleich ver­deut­licht, dass drin­gen­der Hand­lungs­be­darf besteht. Denn: „Im Ver­gleich zu ande­ren OECD-Staa­ten rau­chen Öster­reichs Jugend­li­che mehr, ein Vier­tel hat Gewichts­pro­bleme und der erste Kon­takt mit Alko­hol fin­det früh statt. Pro­fes­sio­nelle Unter­stüt­zung und inno­va­tive Anreiz­mo­delle kön­nen die Gesund­heits­kom­pe­tenz der Jun­gen stär­ken“ – heißt es jeden­falls im Evaluierungsbericht.

Der für das Pilot-Pro­jekt gül­tige Tarif wurde mitt­ler­weile der Infla­tion ange­passt und beträgt 77 Euro; eine jähr­li­che auto­ma­ti­sche Valo­ri­sie­rung ist vor­ge­se­hen. Dar­über hin­aus gibt es für alle Kin­der und Jugend­li­chen, die am Junior Check teil­neh­men, eine Belohnung.

Anteil an Teil­neh­mern mit Gesundheitsproblemen

Alle

Weib­lich

Männ­lich

6–12 J.

13–17 J.

All­er­gien

15.8

14.7

17.1

12.3

25.4

Haut­er­kran­kun­gen

9.7

9.8

9.5

9.0

11.4

Auf­fäl­lig­kei­ten

7.9

6.1

10.0

8.9

5.4

Bestehende Krank­hei­ten

6.3

4.6

8.0

5.7

7.6

Dau­er­me­di­ka­tion

4.6

3.9

5.4

3.9

6.5

Anmer­kun­gen: Werte geben den pro­zen­tu­el­len Anteil aller Teil­neh­mer (inner­halb der jewei­li­gen Gruppe) an, wel­che das jewei­lige Gesund­heits­pro­blem haben.

Anteil (%) an Beob­ach­tun­gen inner­halb der Referenzperzentile

Gesamt

6–9 Jäh­rige

10–13 J.

14–17 J.

Star­kes Untergewicht (

4.3

3.5

6.4

3.5

Unter­ge­wicht ( P10)

6.7

5.6

7.0

7.9

Nor­mal­ge­wicht (P10 – P90)

74.3

73.8

75.0

74.6

Über­ge­wicht (P90 – P97)

9.3

10.5

8.1

8.8

Adi­po­si­tas (> P97)

5.4

6.6

3.5

5.3

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 19 /​10.10.2016