Johannes Zahrl: Recht – Aktuelle Rechtssätze aus dem ärztlichen Disziplinarrecht

15.08.2016 | Politik


Von Johannes Zahrl*

  • Die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Bestätigung ohne vorangehende ärztliche Untersuchung des Patienten stellt eine Verletzung ärztlicher Berufspflichten dar. Die Aushändigung einer solchen Bestätigung durch die Ordinationshilfe ist vom ordinationsführenden Arzt disziplinarrechtlich zu verantworten (Dk T 10/2015).
  • Bei öffentlichen Werbeeinschaltungen ist die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ einzuhalten und vom Arzt auf eine korrekte Berufsbezeichnung zu achten. Beisetzungen über angebotene medizinische Leistungen dürfen keinen falschen Eindruck erwecken und müssen sich deutlich vom zulässigen ärztlichen Berufstitel absetzen (Dk T 16/2015).
  • Das Unterlassen von ärztlichen Visiten und fortwährende Unerreichbarkeit trotz Übernahme ärztlicher Betreuungspflichten stellt eine Verletzung ärztlicher Berufspflichten dar. Da der Arzt nach den Feststellungen im Disziplinarverfahren lediglich Visiten außerhalb der Ordinationszeiten abgelehnt hat, wenn keine Dringlichkeit vorgelegen ist und ansonsten stets erreichbar war, wurde er vom Vorwurf der Verletzung ärztlicher Berufspflichten freigesprochen (Dk K 11/2014).
  • Die Ausstellung eines Blanko-Einweisungs-Begleitscheins zur Überbrückung einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Arztes stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die als Disziplinarvergehen zu ahnden ist. Ein Einweisungsschein darf nur dann ausgestellt werden, wenn der Arzt den Patienten unmittelbar vor der Einweisung persönlich untersucht hat (Dk K 9/2015).
  • Für ästhetische Behandlungen oder Operationen darf nicht aufdringlich geworben werden. Die Schaltung eines Werbefilms im Kino stellt – selbst unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes – eine aufdringliche Form der Werbung dar, da sie dem Kino-Publikum aufgedrängt wird, welches nur zur Unterhaltung ins Kino kommt (Dk N 03/2015).
  • Keine disziplinarrechtliche Verantwortung, wenn der Arzt im Zuge einer Notsituation zu spät herbeigerufen wurde, sich auf die Angaben des verantwortlichen Anästhesisten verlassen musste und der Zustand des Patienten aufgrund seines Einschreitens stabilisiert wurde, obwohl die gesetzten Maßnahmen unter dem medizinischen Standard lagen. Nicht jedes objektiv sorgfaltswidrige ärztliche Handeln muss im Zuge eines derart gefahrengeneigten Berufes automatisch zu disziplinarrechtlichen Konsequenzen führen (Dk St 08/2009).

*) Dr. Johannes Zahrl ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK; erstellt unter Mitwirkung von Dr. Michael Braun, Jurist der ÖÄK.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2016