kurz & informativ: Politische Kurzmeldungen

25.10.2016 | Politik

ÖÄK kritisiert Strukturplan Gesundheit

Unausgereift und fragmentarisch“ – so bezeichnet Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte der ÖÄK, den Rohentwurf zum Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG). Die ÖÄK sei viel zu spät in den Prozess eingebunden worden, die Möglichkeit zur Stellungnahme sei direkt in die Haupturlaubszeit gefallen und zur Bewertung notwendige Unterlagen hätten „trotz mehrfacher Urgenz“ gefehlt, kritisierte Mayer. „Der Entwurf stellt für uns somit lediglich ein Fragment dar, wesentliche Bestandteile wie etwa die Berechnungsgrundlagen fehlen gänzlich.“ Inhaltlich kritisierte Mayer, dass „die Versorgungsqualität offenbar heruntergefahren werden soll“. So seien etwa Erreichbarkeitsfristen teilweise dramatisch erhöht worden: Abteilungen für Unfallchirurgie und Innere Medizin müssten dann statt in 30 erst in 45 Minuten erreichbar sein, die neurologische Akut-Nachbehandlung statt wie bisher in 30 künftig in 60 Minuten. Für den stationären Bereich würden wesentliche Planungsgrundlagen fehlen; dafür werde man mit reduzierten Organisationsformen konfrontiert. Damit würden wesentliche Leistungen im Spital reduziert und der Mindeststandard gesenkt. Unter den gegebenen Bedingungen ist es für Mayer „unvorstellbar“, dass der ÖSG in den nächsten Monaten endgültig abgestimmt wird und Anfang 2017 in Kraft treten soll. In einer ersten Reaktion aus dem Gesundheitsministerium heißt es dazu, dass man sich mitten in einem breit aufgesetzten Prozess befinde. Der entsprechende Entwurf werde gerade überarbeitetet, weswegen der von der Ärztekammer kritisierte Rohentwurf nicht mehr aktuell sei. Die aktuelle Version hat das Gesundheitsministerium auch auf Nachforderung der ÖÄK bislang noch nicht übermittelt.

E-Medikation: Ärzte steigen aus

Fast alle Ärzte, die am Probebetrieb der E-Medikation im steirischen Bezirk Deutschlandsberg teilgenommen haben, sind aus dem Projekt ausgestiegen. „Sie haben in letzter Minute die Notbremse gezogen“, sieht der Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte in der ÖÄK, Johannes Steinhart, die Vorbehalte der ÖÄK gegen das Projekt bestätigt. Die Gründe für den Ausstieg: die nach wie vor schlechte technische Umsetzung und die gänzlich ungeklärte Finanzierung. „Dass ein an sich sinnvolles Tool und wichtiges Projekt zur Förderung der Patientensicherheit an der geradezu fahrlässigen Inkompetenz des Hauptverbands scheitert, ist traurig.“ Nun müsse verhindert werden, dass ein erwiesenermaßen unausgereiftes System auf alle Ärzte und Patienten in Österreich „losgelassen“ werde. Wenn aber der Hauptverband „noch zur Vernunft kommt“ und auf dem Verhandlungsweg eine Lösung der technischen Probleme und der Frage der Finanzierung gefunden wird, sei die ÖÄK bereit, den Fortschritt des Projekts aktiv zu unterstützen. Die Vorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, hat die ÖÄK indes eingeladen, konstruktiv an der E-Medikation mitzuarbeiten. Dass die E-Medikation erst dann bundesweit eingeführt werden könne, wenn die niedergelassenen Ärzte mit ihrer Ordinationssoftware problemlos damit arbeiten könnten, betonte auch Clemens Martin Auer, Sektionschef im Gesundheitsministerium: „Ich stelle mich da vor die Ärzte.“ Dem stimmte auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser kürzlich in einem Interview mit einer Tageszeitung zu: Es werde erst dann eine Verordnung zum Roll-Out geben, wenn die Applikation der Sozialversicherung bei 80 Prozent der Hersteller von Ordinationssoftware funktioniert.

Pakistan: Polio-Impfaktion für 37 Millionen Kinder

In Pakistan sollen bei einer Impfaktion innerhalb von drei Tagen 37 Millionen Kinder gegen Polio geimpft werden. So sollen rund 95 Prozent der Kinder unter fünf Jahren erreicht werden. Pakistan und Afghanistan sind laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) weltweit die einzigen Länder, in denen Polio noch übertragen wird. Die Impfaktion wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, um Angriffe durch Islamisten zu verhindern.

Oberösterreich: tägliche Turnstunde ab 2017/18

Nach einem Pilotprojekt im Burgenland soll nun auch in Oberösterreich die tägliche Bewegungseinheit an allen Pflichtschulen umgesetzt werden. Dabei wird eine zusätzliche Schulstunde vom Bund finanziert. Eine bestehende Stunde wird als integrative Stunde abgehalten, in der Bewegung in den Unterricht einbezogen wird; eine Sachkunde- Einheit kann in eine Bewegungseinheit umgewandelt werden. Start ist das Schuljahr 2017/18.

Finanzausgleich: ÖÄK-Kritik an „Plänen aus der Mottenkiste“

Es seien altbekannte „Pläne aus der Mottenkiste“, die nun im Zuge des Finanzausgleichs in einer neuen Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern reaktiviert werden sollen – mit dramatischen Einschnitten im österreichischen Gesundheitswesen, die zu tiefgreifenden Änderungen führen, warnt ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger. Die geplanten Maßnahmen stehen den Vorhaben von 2012 um nichts nach und bergen System-veränderndes Potential in sich wie etwa:

  • die Einschränkung des Wahlarztkosten-Rückersatzes;
  • Regelungen, bei denen Ärzte, die einen §2-Kassenvertrag zurücklegen, automatisch ihre Verträge mit den Sonderversicherungsträgern verlieren;
  • den Wegfall der derzeit im ASVG geregelten Notwendigkeit eines Einverständnisses zwischen Ärztekammer und Sozialversicherung bei der Errichtung Kasseneigener Ambulatorien;
  • die Verlagerung der Stellenplanung von Ärztekammern und Krankenkassen hin zum Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG);
  • die Bindung einer Errichtungsbewilligung für private Krankenanstalten an die Zusage eines Kassenvertrages;
  • eine nicht näher definierte Flexibilisierung der Ärzte-Ausbildung;
  • Verschlechterungen im KA-AZG durch den von Länderseite gewünschten Wegfall der Betriebsvereinbarung sowie durch Aufweichung der gesetzlich bestehenden Arbeitszeitbegrenzung.

„Dadurch sind nachhaltige Abstriche im österreichischen Gesundheitssystem zu befürchten, vor allem was das Versorgungsangebot anlangt und natürlich auch im Hinblick auf die Patientensicherheit“, wie Wechselberger betont. Bekanntlich hatten sich etwa bei der Rückerstattung der Wahlarztkosten noch vor zwei Monaten alle politischen Parteien dezidiert für deren Erhalt ausgesprochen. Wechselberger dazu: „Ich hoffe, dass es sich hier nicht um eine 180-Grad-Drehung zu Lasten der Bevölkerung handelt, sondern Wort gehalten wird und klare Aussagen der politisch Verantwortlichen diese Patienten-feindliche Diskussion ein für alle Mal beenden.“

Auch bei den erst Anfang 2015 neu geregelten Arbeitszeitbestimmungen für Spitalsärzte soll es nachhaltige Änderungen geben. Den Vorschlag, die Übergangsbestimmungen und Ausnahmeregelungen über das Jahr 2021 hinaus zu verlängern, bezeichnet der ÖÄK-Präsident als „Angriff auf die Qualität der medizinischen Versorgung in unseren Krankenhäusern“. Er fordert von den Systempartnern Handschlagqualität ein sowie die Beibehaltung der bisherigen gesetzlichen Regelungen.

Würden die nun bekannt gewordenen Pläne tatsächlich so umgesetzt, wäre mit Kostenerhöhungen, Ineffizienzen und Behinderungen in der Gesundheitsversorgung zu rechnen, warnt die ÖÄK. Auch brächte es spürbare Nachteile für die in der Arztwahl eingeschränkten Patienten mit sich: eine weitere Verlängerung der Wartezeiten im niedergelassenen Bereich bei gleichzeitiger Verringerung der Versorgungsqualität in den Spitälern. „Die ÖÄK wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um diese Pläne zu stoppen“, stellt Wechselberger unmissverständlich fest.

EU: Milliardenkosten durch Medikamentenfälschungen

Illegale Medikamentenfälschungen kosten die Pharma-Unternehmen der EU jedes Jahr rund zehn Milliarden Euro. Das seien etwa 4,4 Prozent der Gesamtumsätze der Branche, wie das EU-Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) mitteilte. Nicht berücksichtigt sind dabei EU-Einfuhren illegaler Produkte sowie Verluste der EU-Hersteller durch Fälschungen auf Märkten in Nicht-EU-Ländern. Berücksichtigt man auch die indirekten Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige und für die jeweiligen staatlichen Einnahmen ergibt sich ein Verlust von ungefähr 17 Milliarden Euro und rund 91.000 Arbeitsplätzen.

PHAGO: Vögele ist neue Generalsekretärin

Mit der Juristin Monika Vögele hat erstmals eine Frau die Führung des Verbandes der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler PHAGO inne. Sie übernimmt als Generalsekretärin die Agenden von Prof. Heinz Krammer, der den Verband 35 Jahre geleitet hat. Vögele wird die Geschäfte gemeinsam mit PHAGO-Präsident Andreas Windischbauer leiten.

Vorsorgedialog für ältere Menschen

Der freiwillige Vorsorgedialog ist für Menschen in Alten- und Pflegeheimen gedacht. Er wurde in einem mehr als einjährigen Prozess von einem breit besetzten Gremium entwickelt. Wird jemand neu in eine Einrichtung dieser Art aufgenommen, soll im Lauf von zwei Monaten ein Gespräch geführt werden, in dem Wünsche und Bedürfnisse für die letzte Lebensphase angesprochen werden: etwa die Frage der Sondenernährung, der Therapiezieländerung, der Reanimation sowie der Bedingungen für die Einweisung in ein Krankenhaus. Idealerweise sind bei diesem Gespräch auch die Angehörigen des Betroffenen anwesend, aber auch die betreuenden Ärzte und Pfleger. Der Vorsorgedialog selbst soll jedenfalls zweimal im Jahr aktualisiert werden; bei Bedarf auch öfter. Ergebnis des Vorsorgedialogs ist ein Krisenblatt, aufgrund dessen behandelnde Ärzte wissen, „wie in Grenzsituationen vorgegangen werden soll mit dem Hinweis auf den Patientenwillen oder den mutmaßlichen Patientenwillen“, wie der Leiter des ÖÄK-Referats für Geriatrie und Präsident der Ärztekammer Burgenland, Michael Lang, ausführt. Und weiter: „Es handelt sich dabei um einen kontinuierlichen Prozess, der mit dem Eintritt in eine entsprechende Institution beginnt und kontinuierlich fortgesetzt werden soll.“

Wieso man sich zu dieser Initiative entschlossen hat? „Es gibt zwar gesetzlich festgelegte Instrumente wie etwa die Vorsorgevollmacht, um den Willen des Patienten zu dokumentieren. Allerdings wissen wir auch, dass sie nicht in dem Maß genutzt wird, wie man das eigentlich erhofft hatte“, so Lang. Deswegen wurde von „Kolleginnen und Kollegen immer wieder der Wunsch geäußert“, ein praktikables, österreichweit einheitliches Instrument an der Hand zu haben. Das Besondere an diesem Projekt: Es wurde zusammen von Hospiz, Sozialversicherung, Sozialministerium, Gesundheitsministerium und Ländern entwickelt.

Luftverschmutzung: 90 Prozent der Menschen betroffen

Weltweit leiden mehr als 90 Prozent der Menschen unter Luftverschmutzung; jährlich sterben mehr als sechs Millionen Menschen an den Folgen. Das hat eine neue Studie der WHO (Weltgesundheitsorganisation), im Rahmen derer durch Satellitentechnik und Bodenmessungen Werte an 3.000 Orten weltweit erhoben wurden, ergeben. Besonders stark ist die Verschmutzung in Entwicklungs- und Schwellenländern, vor allem in Asien. Mehr als drei Millionen Todesfälle werden laut WHO jährlich durch die Feinstaubbelastung in der Außenluft verursacht; besonders schädlich ist in ärmeren Ländern auch die Luftverschmutzung in Innenräumen, wo mit Kohle oder Holz gekocht wird.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2016