Bis Juli 2016 müssen Pharmaunternehmen auf ihren Websites erstmals geldwerte Leistungen an Angehörige und Institutionen der „Fachkreise“ offenlegen. Die finalen Arbeiten zur Umsetzung des Pharmig-Verhaltenscodex sind in vollem Gang. Von Marlene Weinzierl
Der mittlerweile 21 Seiten umfassende Verhaltenscodex (VHC) der Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs) regelt die Dokumentation und Offenlegung geldwerter Leistungen durch pharmazeutische Unternehmen an Ärztinnen und Ärzte, an andere Angehörige sowie an Institutionen der Fachkreise. Diese Art der freiwilligen Selbstregulierung soll ab Mitte 2016 für mehr Transparenz und Verständnis hinsichtlich der Zusammenarbeit sorgen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Gesundheitswesen stärken, erklärten jüngst Robin Rumler, und Jan Oliver Huber, Vizepräsident und Generalsekretär der pharmig.
Seit 1. Jänner 2015 sind Pharmaunternehmen dazu angehalten, den Verhaltenscodex umzusetzen, indem die Leistungen erfasst und Zustimmungserklärungen für die Offenlegung eingeholt werden. Die erstmalige Veröffentlichung erfolgt bis Ende Juni 2016 auf den Websites der pharmazeutischen Unternehmen und betrifft die gesammelten Daten für das Jahr 2015. Von der Offenlegungspflicht betroffen sind ausschließlich geldwerte Leistungen in Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung, Spenden und Förderungen, Veranstaltungen sowie Dienst- und Beratungsdienstleistungen samt Auslagen. In Österreich spiele – so Rumler – vor allem die Zusammenarbeit zwischen der pharmazeutischen Industrie und den Ärzten in der klinischen Forschung eine wichtige Rolle und müsse transparent dargestellt werden. Im Jahr 2014 hat es 498 Studien mit insgesamt 6.099 Patienten gegeben.
Details sind folgendermaßen geregelt:
- In Österreich gilt ein Betrag von 75 Euro (incl. MWSt.) pro Person und Mahlzeit und Trinkgeld als Obergrenze.
- Werden Ärzte zu einem Kongress eingeladen, darf die pharmazeutische Industrie den Flug beziehungsweise die Reisekosten, Verpflegung, Übernachtung und die Registrierungsgebühr übernehmen. Wichtig sei allerdings die Angemessenheit der Kosten. Rumler dazu: „Kongress oder Tagung müssen an einem zentralen Ort stattfinden. Das bedeutet, ein österreichischer Kongress mit der Mehrzahl der Teilnehmer aus Österreich muss im Inland abgehalten werden.“ Ein zusätzliches Unterhaltungsprogramm dürfe nicht finanziert werden.
Bei einem Verstoß gegen den Verhaltenscodex gibt es Sanktionsmöglichkeiten; sie sind in der Verfahrensordnung geregelt. „Oberstes Ziel“ – so Huber – sei die individuelle Offenlegung, die nur mit Zustimmung des jeweiligen Arztes erfolgen kann. Falls jemand mit der individuellen Offenlegung nicht einverstanden ist, wird für den jeweiligen Bereich ein Gesamtbetrag erstellt. GlaxoSmithKline sei – so Huber – bislang das einzige Unternehmen, das erklärt hatte, nur Verträge mit Personen abzuschließen, die der individuellen Offenlegung zustimmten. Wie man die Zusammenarbeit in Zukunft gestalten möchte, sei allerdings „individuell und die Entscheidung jedes einzelnen Pharmaunternehmens“, betonte der Pharmig-Generalsekretär. Ärztinnen und Ärzte, die in einem öffentlichen Spital angestellt sind, gelten seit 2012 als Amtspersonen und benötigen die Zustimmung des Arbeitgebers. Ist eine Leistung als Angestellter des Krankenhauses erfolgt, so wird diese unter Angabe der Holding beziehungsweise des Krankenhauses veröffentlicht.
Tipp: Weitere Informationen zur Transparenz-Initiative sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen gibt es unter www.transparenz-schafft-vertrauen.at
Pharmig-Verhaltenscodex Der Pharmig-Verhaltenscodex (VHC) ist seit 1. Juli 2007 in Kraft; in der vorliegenden Form seit 1. Juli 2015. Die Offenlegungspflicht betrifft alle Informations‑, Werbe- und Marketingaktivitäten für rezeptpflichtige Arzneimittel, die vom Pharmaunternehmen selbst oder in seinem Auftrag durchgeführt werden. Dazu gehören Werbung in Print- und elektronischen Medien, Aussendungen und Veranstaltungen. Der Verhaltenscodex befasst sich neben allgemeinen Verhaltensgrundsätzen mit
Die Daten werden jährlich – spätestens sechs Monate nach dem Ende des Berichtszeitraums – veröffentlicht. Die Offenlegung erfolgt auf einer öffentlich zugänglichen Homepage in der Verantwortung des pharmazeutischen Unternehmens und ist für die Dauer von zumindest drei Jahren zugänglich zu machen. |
Ärztlicher Verhaltenskodex Regelungen, die die Verbindungen zwischen Pharmaindustrie und Ärzten transparent machen, gibt es schon seit langem auf beiden Seiten. Der Ärztliche Verhaltenskodex (Code of Conduct) ist als Verordnung der ÖÄK für Ärztinnen und Ärzte verbindlich. Er wurde schon 2005 erlassen und regelmäßig – zuletzt im Juni 2014 – novelliert. Im Mittelpunkt steht dabei die „Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit gegenüber der Pharma- und Medizinprodukte-Industrie“. Der Ärztliche Verhaltenskodex regelt neben der unmittelbaren Anwendung von Medikamenten im Zuge der ärztlichen Behandlung, dem Verbot von Doping, dem Anbieten von gewerblichen Dienstleistungen und Produkten und der Weitergabe von Patientendaten auch die Zusammenarbeit von Ärzten mit der Pharmaindustrie sowie der Medizinprodukte-Industrie. In Bezug auf diese Zusammenarbeit werden folgende Fälle spezifiziert (Auszug): Teilnahme an medizinisch-wissenschaftlichen Veranstaltungen
Für Veranstaltungen im Ausland gilt:
Annahme von Geschenken und anderen Vorteilen Annahme von Ärztemustern Geregelt sind weiters die Teilnahme an klinischen Prüfungen und Forschung sowie die Verschreibung von Medikamenten und die Dokumentation im Rahmen von nicht-interventionellen Studien. DFP-Fortbildung und Pharma-Industrie Tipp: Der Ärztliche Verhaltenscodex der ÖÄK steht unter www.aerztekammer.at/kundmachungen zum Download zur Verfügung. |
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 /10.06.2016