Kinderrehabilitation: Bitte warten

10.03.2016 | Politik

Vor zwei Jahren haben sich Sozialversicherungen und Länder auf die Finanzierung von eigenen Kinderrehabilitationszentren verständigt. Die Entscheidung darüber, wer der Anbieter der Kinderrehabilitation sein soll, steht noch aus; das Auswahlverfahren des Hauptverbands läuft noch.
Von Sigrun Reininghaus-Cussac

Rund 5.000 Kinder in Österreich sind so schwer krank, dass sie nach einem längeren Spitalsaufenthalt eine Rehabilitation brauchen. Das Problem: In Österreich gab und gibt es keine speziellen Reha-Zentren für Kinder. Kranke Kinder müssen für eine Rehabilitation entweder nach Deutschland oder werden als Anhängsel von 60- bis 85-jährigen Patienten betreut. Oder – und das ist viel zu oft der Fall – sie müssen auf die eigentlich benötigte Reha verzichten.

Im Juli 2014 einigten sich Länder und Krankenkassen nach langem Ringen auf die Finanzierung von vier Versorgungsregionen für Kinderrehabilitation. Die Einigung kam nicht zuletzt durch den Druck und den großen Einsatz von Selbsthilfeorganisationen wie der Initiative Kinderreha und Lobby4Kids zustande.

Eineinhalb Jahre später, im Herbst 2015, begann das zweistufige Auswahlverfahren von Kinderreha-Anbietern im Hauptverband. Geplant war, bis Ende 2015 zu entscheiden. Doch das Auswahlverfahren läuft zu Redaktionsschluss (Ende Februar 2016) noch immer. Der Hauptverband will zum aktuellen Stand nichts sagen.

Der Plan

In vier Versorgungsregionen in Österreich sollen 343 Reha-Betten für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Geht man durchschnittlich von einer drei- bis vierwöchigen Rehabilitation aus, könnte damit für 4.000 bis 5.000 Kinder pro Jahr in Österreich eine Rehabilitation möglich werden.

Die Ausschreibung ist in sogenannte „Lose“ – die Indikationsgruppen – gegliedert. Das beginnt bei Neurologie, Mental Health und Psychomentalen Störungen; in diesen Gebieten gibt es den größten Bedarf an Reha-Plätzen für Kinder. Weiters sind Indikationsgruppen wie Kardiologie, Lunge, Stoffwechsel, Bewegungsapparat, posttraumatische Störungen und Onkologie gelistet.

Keine Mini-Zentren

Univ. Prof. Reinhold Kerbl, Leiter der Abteilung für Kinder und Jugendliche am Landeskrankenhaus Leoben, ist als beratender Experte im Auswahlverfahren des Hauptverbands tätig. Er wünscht sich vier Versorgungszentren für Kinder und auf keinen Fall eine große Zahl von Mini-Zentren. „So ist sichergestellt, dass man medizinisch und sozial auf die Kinder eingehen und ihnen ein relativ normales Leben anbieten kann.“

Dazu gehören auch Schulunterricht sowie Freizeitgestaltung. In der Regel begleitet ein Elternteil das Kind bei der Rehabilitation. Bei kleineren Onkologie-Patienten ist – so wie in Deutschland – vorgesehen, dass die ganze Familie mitkommen kann. Als Worst-Case-Szenario definiert Kerbl Folgendes: dass Kinder als Anhängsel neben der Behandlung von Erwachsenen gesehen werden. „Wir wollen wirkliche Kinderreha-Zentren und keine Wimmerl-Lösung, wo Kinder neben 70-Jährigen behandelt werden“, so der Experte.

„One-Stop-Shop“-Lösung notwendig

Irene P. kennt die Probleme von Kindern mit einer chronischen Erkrankung. Sie hat vor zehn Jahren die Organisation Lobby4Kids ins Leben gerufen. „Viele Eltern von Kindern mit Behinderung leiden unter dem Kampf gegen die Bürokratie“, weiß Irene P. aus eigener Erfahrung. „Das kostet die Eltern so viel Energie. Energie, die sie für ihre Kinder und sich selbst bräuchten. Mein größter Wunsch ist ein One-Stop-Shop. Dass an einem Ort die gesamte Prozedur organisiert und erledigt wird – von Diagnosestellung, Operation, Therapie, über Finanzierung der Hilfsmittel bis zur Rehabilitation.“

Dieser One-Stop-Shop könnte beispielsweise bei den Krankenkassen oder aber auch direkt bei Spitälern angesiedelt sein. Dieter Holzweber, Pressesprecher im Hauptverband, sagt dazu: „Wenn die Kinderreha-Zentren einmal stehen, soll auch der One-Stop-Shop Realität sein.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2016