Gesundheitsreform 2016: Protest!

15.12.2016 | Politik

Schon im Vorfeld des von der Bundeskurie niedergelassene Ärzte beschlossenen Streik- und Aktionstags Mitte Dezember wurde mit zahlreichen Aktivitäten auf Änderungen im österreichischen Gesundheitswesen, die von der Politik geplant sind, aufmerksam gemacht.

Mit dem einstimmigen Beschluss der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, österreichweit am 14. Dezember einen Streik- und Aktionstag abzuhalten, wurde gegen den von der Politik geplanten Paradigmenwechsel, der zu einem Umbau des österreichischen Gesundheitswesens führt, protestiert. Die Maßnahmen waren breit gestreut und reichten von Ordinationsschließungen in Wien, dem Burgenland und Kärnten über den Start einer parlamentarischen Bürgerinitiative bis hin zur Androhung von Vertragskündigungen (Oberösterreich, Steiermark) und zahlreichen weiteren Maßnahmen wie Presse- und Social Media- Aktivitäten, ein Volksbegehren in Niederösterreich etc. (siehe Kasten).

80 Prozent der Wiener Hausärzte sperrten ihre Ordinationen am Streiktag zu. Ändere sich an den geplanten Regelungen nichts, gebe es „Potential, den Protest zu erweitern“, so der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der ÖÄK, Johannes Steinhart vor dem Aktions- und Streiktag. Solidarisch mit den Aktionen der niedergelassenen Ärzte ist die Kurie angestellte Ärzte; eigene Maßnahmen sind derzeit nicht geplant. Kurienobmann Harald Mayer kritisiert in diesem Zusammenhang, dass nach wie vor Konzepte zur Entlastung der überlaufenen Ambulanzen fehlten.

Schon im Vorfeld des Aktionstages hatte es in den Landeshauptstädten umfassende Aufklärungs- und Informationsinitiativen gegeben. Dabei wurden insgesamt zehntausende Flyer verteilt und die Passanten ausführlich über die geplanten Änderungen im Gesundheitswesen informiert. Riesige Pappscheren sollten darüber hinaus auf die drohende „Kostenschere“ im Gesundheitswesen aufmerksam machen.

Die Vollversammlungen der Ärztekammern in Vorarlberg und Niederösterreich haben jeweils Resolutionen verabschiedet, mit der die zwischen Bund und Ländern beschlossene 15a-Vereinbarung sowie die geplanten Umsetzungsgesetze abgelehnt werden.

Die zentralen Kritikpunkte der ÖÄK an der geplanten Gesundheitsreform:

  1. Deckelung: Es kommt zu einer Deckelung des Ausgabenwachstums im Gesundheitswesen: Dieses soll von bisher 3,6 Prozent schrittweise auf 3,2 Prozent reduziert werden.
  2. Verlagerung: Es werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Leistungen von Allgemeinmedizinern in Primärversorgungszentren, fachärztliche Leistungen in Krankenhäuser verlagert werden können.
  3. Gesundheitsplanung: Die Gesundheitsplanung soll künftig nach ökonomischen und politischen Überlegungen vorgenommen werden. Die ärztliche Expertise spielt offensichtlich eine untergeordnete Rolle.

ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger fordert indessen einen Neustart der Diskussion über die künftige Primärversorgung. In diesen Diskurs müssten praxis- und systemerfahrene Partner, wie sie in den Ärztekammern zu finden seien, eingebunden werden. „Es ist an der Zeit, dass sich die politischen Entscheidungsträger zu einem konstruktiven und nachhaltigen Dialog mit der Ärztekammer bereit erklären.“ Indes beschloss der Nationalrat das inkriminierte Gesetzeskonvolut. Die Ärzteschaft werde laut ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart ihre Proteste im kommenden Jahr fortsetzen.

Die Maßnahmen

  • Ordinationsschließungen in Wien, Kärnten und dem Burgenland
  • Informationsmaterial wie Plakate, Flyer und Aufkleber – für die Ordinationen
  • Zwei Sonderausgaben der „Österreichischen Ärztezeitung“
  • Informationskampagnen in den Bundesländern
  • Informations-Schwerpunkte mit Verteilung von Informationsmaterial in Einkaufszentren, Einkaufsstraßen, Stadtzentren
  • Nach wie vor aufrecht sind die angedrohten Vertragskündigungen in Oberösterreich und der Steiermark;
  • Volksbegehren „SOS Medizin“ in Niederösterreich
  • Start einer parlamentarischen Bürgerinitiative
  • Befragung von 1.000 Patientinnen und Patienten
  • Öffentlichkeitsarbeit: Pressekonferenzen, Presseaussendungen, Hintergrundgespräche, Interviews
  • Kampagnen-Website www.wenigeristnichtmehr.at
  • Social Media-Aktivitäten:
    #wenigeristNICHTmehr
    fb.com/wenigeristNICHTmehr
    twitter.com/aerztekammer.at
  • Kooperationen mit Bloggern und Online-Medien (z.B. Die Tagespresse)
  • Inserate in Tageszeitungen und Regionalmedien
  • Werbung in Hörfunk, Fernsehen und Wartezimmer-TV
  • Österreichweite Promotions und Verteilaktionen von tausenden Informationsfoldern
  • Briefe an die Bundesregierung, alle Nationalratsabgeordnete, Landtagsabgeordnete und Bürgermeister
  • Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte informierte am „Tag der Allgemeinmedizin“ Jungmediziner über die aktuelle Situation.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2016