Eva­lu­ie­rung der Fach­ärzte-Aus­bil­dung: Die fünf Faktoren

25.01.2016 | Politik

Die fach­ärzt­li­che Aus­bil­dung wurde im Zuge der ers­ten öster­reich­wei­ten Eva­lu­ie­rung anhand einer Schul­no­ten-Skala durch­schnitt­lich mit 2,36 beno­tet. Fünf Fak­to­ren sind maß­ge­bend, damit Aus­bil­dung gelingt – etwa das Vor­lie­gen eines Aus­bil­dungs­kon­zepts. Eine neu­er­li­che Eva­lu­ie­rung ist im Herbst die­ses Jah­res geplant. Von Agnes M. Mühlgassner

Erst­mals in Öster­reich wurde im Novem­ber 2015 die fach­ärzt­li­che Aus­bil­dung online eva­lu­iert; durch­ge­führt wurde die Befra­gung vom Ärzt­li­chen Qua­li­täts­zen­trum in Linz. Ins­ge­samt lie­gen 1.392 aus­wert­bare Fra­ge­bö­gen vor, was einer Teil­nahme von 32 Pro­zent von Ärz­tin­nen und Ärz­ten aller Fach­rich­tun­gen ent­spricht. Von den teil­neh­men­den Assis­tenz­ärz­ten waren 55,5 Pro­zent Frauen; in Vor­arl­berg lag der Anteil bei 48 Pro­zent, in Ober­ös­ter­reich und dem Bur­gen­land bei 60 Prozent.

69 Kran­ken­häu­ser sowie 63 Abtei­lun­gen wur­den mit Schul­no­ten bewer­tet, wobei sich die Eva­lu­ie­rung auf die Aus­bil­dungs­teile, die im Haupt­fach absol­viert wer­den, beschränkte. Der The­men­bo­gen umspannte dabei die Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­lich­keit, die Orga­ni­sa­tion, die Arbeits­be­las­tung, die Fort­bil­dung, die Arbeits­zeit, die Work-Life-Balance, den Lern­erfolg sowie die Gesamt­be­wer­tung der Qua­li­tät der Aus­bil­dung. Fazit: Die Aus­bil­dung erhielt durch­schnitt­lich die Note 2,36 – mit beacht­li­chen Unter­schie­den zwi­schen den ein­zel­nen Bun­des­län­dern. Wäh­rend Vor­arl­berg etwa eine durch­schnitt­li­che Bewer­tung von 1,95 erzielt, ist es in Wien die „Note“ 2,67.

Fünf Fak­to­ren sind ent­schei­dend für eine gute Bewer­tung der Ausbildung:

  1. Die Qua­li­tät und Umset­zung eines guten Ausbildungskonzeptes;
  2. die Rah­men­be­din­gun­gen für den Aus­bild­ner: genü­gend Unter­stüt­zung durch die Lei­tung sowie aus­rei­chend Zeit für die Ausbildung;
  3. gute Rota­ti­ons­mög­lich­kei­ten;
  4. das Bemü­hen des Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­chen um die Ausbildung;
  5. oft­ma­li­ges Feed­back durch den Vorgesetzten.

Zu den Details: Auf die Frage nach dem Lern­erfolg geben 77 Pro­zent der Befrag­ten an, dass sie fach- und abtei­lungs­spe­zi­fi­schen Kennt­nisse und Fer­tig­kei­ten zur Gänze“ bezie­hungs­weise „zu einem gro­ßen Teil“ ver­mit­telt bekom­men haben. Oder anders gesagt: Nur 23 Pro­zent geben an, diese Kennt­nisse und Fer­tig­kei­ten nur „zu einem klei­nen Teil“ oder „gar nicht“ ver­mit­telt bekom­men zu haben. Im Ver­gleich zur Online-Eva­lu­ie­rung der Aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner fällt die Bewer­tung deut­lich bes­ser aus: Hier geben 38 Pro­zent an, nur „zu einem klei­nen Teil“ oder „gar nicht“ dafür aus­ge­bil­det zu werden.

Auch bei den Fächern selbst gibt es einige Unter­schiede: Eine bes­sere Bewer­tung als im Öster­reich-Durch­schnitt gibt es etwa für die plas­ti­sche Chir­ur­gie, Patho­lo­gie, Frau­en­heil­kunde und Gynä­ko­lo­gie; signi­fi­kant schlech­ter als im Öster­reich-Durch­schnitt erfolgte die Beur­tei­lung für die Fächer Der­ma­to­lo­gie, Unfall­chir­ur­gie und Orthopädie.

Stich­wort Aus­bil­dungs­kon­zept: Wenn ein sol­ches vor­liegt – 41 Pro­zent geben dies an –, wird es über­wie­gend gut bewer­tet (Schul­note 2,0) ebenso wie seine Umset­zung (Schul­note 2,4). Nahezu jeder Dritte gibt an, dass ihm kein Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­cher genannt wurde. Wenn es sol­che gibt, dann wer­den sie über­wie­gend (60 Pro­zent) posi­tiv beur­teilt: Sie bemü­hen sich „sehr oft“ oder „oft“ um die Aus­bil­dung. Für die fach­li­che Kom­pe­tenz gibt es die Note 1,35, für die didak­ti­sche Ver­mitt­lung die Note 1,86. Nicht so gut fällt hin­ge­gen die Bewer­tung in zwei ande­ren Punk­ten aus: So wer­den die Rah­men­be­din­gun­gen für die Aus­bild­ner hin­sicht­lich der Unter­stüt­zung durch die Lei­tung mit 2,27 und hin­sicht­lich der ver­füg­ba­ren Zeit mit 2,68 kri­ti­scher gese­hen. 25 Pro­zent der Befrag­ten sind mit den Rota­ti­ons­mög­lich­kei­ten eher oder sehr unzu­frie­den, wobei die Unzu­frie­den­heit in Vor­arl­berg mit 15 Pro­zent der Stu­di­en­teil­neh­mer am gerings­ten, in der Stei­er­mark mit 31 Pro­zent am höchs­ten ist.

Opti­mie­rungs­be­darf besteht noch beim Feed­back durch die Aus­bild­ner: 71 Pro­zent der Assis­tenz­ärzte geben an, „hin und wie­der“ oder „nie“ eine Rück­mel­dung zu erhal­ten. 29 Pro­zent erhal­ten „sehr oft“ oder „oft“ Feed­back. Auch was die Rota­ti­ons­mög­lich­kei­ten anlangt, gibt es Ver­bes­se­rungs­po­ten­tial. 21,5 Pro­zent sagen, teil­weise oder gar nicht in die vor­ge­schrie­be­nen Fächer rotie­ren zu kön­nen. Wenig ver­wun­der­lich daher, dass mit den Rota­ti­ons­mög­lich­kei­ten 25 Pro­zent eher oder sehr unzu­frie­den sind.

41 Pro­zent der Befrag­ten sagen, dass Tätig­kei­ten des mit­ver­ant­wort­li­chen Tätig­keits­be­rei­ches nach dem GuKG nur „teil­weise“ oder „gar nicht“ vom Pfle­ge­per­so­nal durch­ge­führt werden.

Und auch im Ergeb­nis die­ser Umfrage spie­gelt sich die Leis­tungs­ver­dich­tung im Kran­ken­haus ins­ge­samt wider: So berich­ten 50 Pro­zent, immer oder meist län­ger im regu­lä­ren Tag-Dienst blei­ben zu müs­sen, um die Arbeit zu erle­di­gen. Fast jeder Dritte (29 Pro­zent) kann die Höchst­ar­beits­zei­ten und Ruhe­zei­ten nur teil­weise oder gar nicht ein­hal­ten. Wenig über­ra­schend, dass daher nicht ein­mal die Hälfte der Assis­tenz­ärzte (43 Pro­zent) die Work-Life-Balance als sehr gut oder gut bezeich­net; für 20 Pro­zent ist sie sogar schlecht oder sehr schlecht.

Drei Fra­gen an Karl­heinz Kornhäusl

„Sind auf einem guten Weg“

Der Obmann der Bun­des­sek­tion Tur­nus­ärzte, Karl­heinz Korn­häusl, beur­teilt die Ergeb­nisse der Fach­ärzte-Aus­bil­dung zwar grund­sätz­lich posi­tiv, sieht aber in eini­gen Berei­chen noch Optimierungspotential.

ÖÄZ: Wel­che Schlüsse zie­hen Sie aus dem Ergeb­nis der Eva­lu­ie­rung?
Korn­häusl: Dort, wo Aus­bil­dungs­kon­zepte vor­lie­gen und wo es auch ent­spre­chen­des Enga­ge­ment von allen Sei­ten gibt, dort funk­tio­niert die Aus­bil­dung, und das spie­gelt sich auch in der Bewer­tung wider. Die Durch­schnitts­note von 2,36 ist nicht schlecht, aber wir sind noch nicht dort, wo wir hin­wol­len. Es gibt noch Luft nach oben. Ein Punkt, der mir beson­ders wich­tig ist: Wir wer­den uns ganz genau die Fächer anschauen müs­sen, die bei der Beur­tei­lung nicht so gut abschnei­den. Hier müs­sen wir in den nächs­ten Jah­ren aktiv wer­den und Maß­nah­men set­zen. Ein zwei­ter Punkt, der bei die­ser Stu­die auf­fällt: die Unzu­frie­den­heit mit der Work-Life-Balance; denn für jeden Fünf­ten ist sie schlecht oder sehr schlecht. Hier kommt in den nächs­ten Jah­ren eini­ges an Arbeit auf uns zu.

Wird es wei­tere Eva­lu­ie­run­gen geben?
Wir haben jetzt ein­mal eine Bestands­auf­nahme und mir ist es wich­tig zu schauen, wohin sich die Aus­bil­dung wei­ter­ent­wi­ckelt. Aus der Online Eva­lu­ie­rung der Aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner wis­sen wir, dass die Abtei­lun­gen, die in den ers­ten Befra­gun­gen ganz schlecht abge­schnit­ten haben, das als Ansporn genom­men haben und rasch zu den bes­ten Abtei­lun­gen mutiert sind. Ja, ich sehe das Bemü­hen um eine Ver­bes­se­rung der Aus­bil­dung – das ist die posi­tive Seite der Medaille. Die nega­tive: Es ist schon reich­lich spät, hier das Ruder her­um­zu­rei­ßen. Aber das ganze Sys­tem ist ja per­ma­nent im Wandel.

Was muss kon­kret gesche­hen?
Von zen­tra­ler Bedeu­tung ist, dass die Kran­ken­an­stal­ten­trä­ger eine gute Aus­bil­dung als Ver­pflich­tung anse­hen. Auch wenn nun die Ärzte-Aus­bil­dungs-Ord­nung 2015 in Kraft ist, nützt das nichts, wenn wir die­ses Gesetz nicht mit Leben erfül­len – und es liegt an uns allen, die­ses Gesetz mit Leben zu fül­len. Für die, die in Aus­bil­dung sind, wird man mehr Zeit und auch Per­so­nal zur Ver­fü­gung stel­len müs­sen. Hand in Hand damit wird die Ent­las­tung von Admi­nis­tra­tion und Doku­men­ta­tion gehen müs­sen. 40 Pro­zent ihrer Arbeits­zeit ver­wen­den Ärzte nach wie vor für Doku­men­ta­tion und Admi­nis­tra­tion. Und in der Umfrage geben 41 Pro­zent der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen an, dass der mit­ver­ant­wort­li­che Tätig­keits­be­reich nicht umge­setzt ist. Schon allein dar­aus ist ersicht­lich, wel­ches Poten­tial in Wirk­lich­keit vor­han­den ist, das man für die Aus­bil­dung nut­zen könnte.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.01.2016