Pan­kreas-Funk­ti­ons­stö­run­gen: Gezielt abklären

15.12.2016 | Medizin

Bei exo­kri­ner Pan­kre­as­in­suf­fi­zi­enz erfolgt die Enzym­sub­sti­tu­tion oft in zu nied­ri­ger Dosie­rung, wäh­rend häu­fig auch ohne Bedarf sub­sti­tu­iert wird. Wich­tigste Dif­fe­ren­ti­al­dia­gnose zum Pan­kre­as­kar­zi­nom ist die Fokale Auto­im­mun­pan­krea­ti­tis, die mit­tels IgG4-Bestim­mung gesi­chert wird. Von Mar­lene Weinzierl

Erste Maß­nahme bei Ver­dacht auf Stö­run­gen der Pan­kre­as­funk­tion ist immer, sich die inflamm­a­to­ri­schen Para­me­ter im Blut anzu­se­hen, wie Univ. Prof. Bar­bara Tribl von der Inter­ven­tio­nel­len Ambu­lanz an der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Innere Medi­zin III der Med­Uni Wien erklärt. „Bei der Basis­dia­gnos­tik sollte beson­ders auf eine Erhö­hung der Ent­zün­dungs­werte wie Amy­lase, Lipase, CRP und Leu­ko­zy­ten geach­tet wer­den.“ Diese wei­sen auf eine akute oder chro­ni­sche Pan­krea­ti­tis hin und zäh­len neben dem Pan­kre­as­kar­zi­nom zu den häu­figs­ten Erkran­kun­gen des exo­kri­nen Pankreas.

Stan­dard-Funk­ti­ons­test zum Nach­weis einer exo­kri­nen Pan­kre­as­in­suf­fi­zi­enz ist die Bestim­mung der Ela­s­tase-Kon­zen­tra­tion im Stuhl. Indi­ziert ist der Test bei Pati­en­ten mit chro­nisch rezi­di­vie­ren­der Pan­krea­ti­tis, die meist über zuneh­men­den Mete­o­ris­mus als Erst­sym­ptom kla­gen. Zu einem spä­te­ren Zeit­punkt berich­ten die Betrof­fe­nen über eine Erhö­hung der Stuhl­fre­quenz sowie des Stuhl­vo­lu­mens und beschrei­ben ihren Stuhl als kleb­rig und beson­ders übel­rie­chend. Durch die Mal­ab­sorp­tion ver­lie­ren die Pati­en­ten im wei­te­ren Ver­lauf auch an Gewicht. Die Ela­s­tase-Bestim­mung sei auch des­halb äußerst wich­tig, um die Not­wen­dig­keit einer Enzym­sub­sti­tu­tion mit­tels Kreon zu eru­ie­ren: „Ich sehe immer wie­der, dass Kreon bei Pati­en­ten mit exo­kri­ner Insuf­fi­zi­enz häu­fig zu nied­rig dosiert wird. Auf der ande­ren Seite kommt das Enzym­prä­pa­rat oft zum Ein­satz, wenn keine Sub­sti­tu­tion benö­tigt wird“, berich­tet Tribl. Eine Ver­min­de­rung der pan­krea­ti­schen Ela­s­tase liegt bei einem Wert von unter 200 Mikro­gramm pro Gramm Stuhl vor.

Häu­fig zys­ti­sche Erkrankungen

Den Aus­sa­gen der Exper­tin zufolge sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ver­mehrt zys­ti­sche Erkran­kun­gen am Pan­kreas zu regis­trie­ren. „For­ma­tio­nen am Pan­kreas wer­den oft als Zufalls­be­funde im Rah­men von bild­ge­ben­den Unter­su­chun­gen ent­deckt.“ Bei der Dia­gnos­tik von Kar­zi­no­men oder ande­ren Erkran­kun­gen der Bauch­spei­chel­drüse kom­men daher zunächst die Sono­gra­fie – „lei­der nur eine erste Ori­en­tie­rung“ (Tribl) – und in wei­te­rer Folge Com­pu­ter­to­mo­gra­fie oder Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­fie zum Ein­satz. Ist eine Dia­gnose den­noch nicht mög­lich, bie­tet sich die Endo­so­no­gra­fie an. Sie ermög­licht im Ver­gleich zur her­kömm­li­chen Com­pu­ter­to­mo­gra­fie eine ver­bes­serte Detek­tion spe­zi­ell von klei­nen Läsio­nen und Raum­for­de­run­gen. Zusätz­lich bie­tet sie die Mög­lich­keit für gezielte Fein­na­del­punk­tio­nen und ermög­licht dadurch wei­te­ren Infor­ma­ti­ons­ge­winn auf zyto­lo­gi­scher und his­to­lo­gi­scher Ebene. Der Ver­dacht auf Intra­duk­tale papil­lär-muzi­nöse Neo­pla­sien (IPMN) ist eine Indi­ka­tion für eine Magnet­re­so­nanz- Cho­lang­io­pan­krea­ti­ko­gra­fie (MRCP). „Durch eine ver­bes­serte Gal­len­gang- Dar­stel­lung bie­tet diese Methode auch eine deut­lich bes­sere Dar­stel­lung von Haupt­ast- oder Sei­ten­ast-Neo­pla­sien gegen­über der allei­ni­gen Schicht­bild­ge­bung bei einer MRT“, weiß Tribl.

Der Fak­tor Zeit spielt dabei eine extrem wich­tige Rolle. „Der Arzt muss sich sehr enga­gie­ren, damit die Pati­en­ten zeit­nah Ter­mine in den dafür vor­ge­se­he­nen Zen­tren erhal­ten und die Unter­su­chun­gen mög­lichst bald durch­ge­führt wer­den kön­nen“, betont die Exper­tin. Die Haupt­dif­fe­ren­ti­al­dia­gnose zum Pan­kre­as­kar­zi­nom ist die Fokale Auto­im­mun­pan­krea­ti­tis, die in der Mor­pho­lo­gie dem Pan­kre­as­kar­zi­nom sehr ähn­lich ist. „Serum­che­misch wird diese Dia­gnose in man­chen, aber lei­der nicht in allen Fäl­len durch den Nach­weis von Auto­an­ti­kör­pern wie ANA, AMA und dem Rheu­ma­fak­tor unter­stützt. Bei einem Ver­dacht muss daher zusätz­lich die Bestim­mung von IgG4-Kon­zen­tra­tion im Serum erfol­gen“, führt Tribl wei­ter aus.

OGTT: Tipps für die Durchführung

Erwach­sene: Zufuhr von 75 Gramm Glu­kose oder Koh­len­hy­drate in 250 bis 350 ml Was­ser inner­halb von fünf Minuten

Kin­der: Zufuhr von 1,75 Gramm Glu­kose pro Kilo­gramm Kör­per­ge­wicht bis maximal 75 Gramm Glu­kose inner­halb von fünf Minuten

Zu beach­ten:

  • Zehn bis 16 Stun­den vor dem Test Nah­rungs- und Alko­hol Karenz
  • Tes­tung am Mor­gen im Lie­gen oder Sitzen
  • Kein Rau­chen vor oder wäh­rend des Tests

Blut­ab­nahme

  • vor Gabe der Zucker­lö­sung (Nüch­tern­wert)
  • 120 Minu­ten nach der Glukoseaufnahme
  • 60 Minu­ten nach der Glu­ko­se­auf­nahme nur bei Abklä­rung von Gestationsdiabetes

Dia­gnos­tik

  • 140 mg/​dl: Normalwert
  • 140–199 mg/​dl: „gestörte Zucker­be­las­tung“: Die Insu­lin­pro­duk­tion reicht für die zuge­führte Zucker­menge nicht aus; es besteht ein erhöh­tes Risiko für Dia­be­tes mellitus.
  • ≥ 200 mg/​dl an zwei Tagen: Dia­be­tes mel­li­tus liegt vor – auch wenn der erhöhte Blut­zu­cker­wert bei den Pati­en­ten „nur“ direkt nach der Nah­rungs­auf­nahme fest­ge­stellt wird.

Quelle: Univ. Prof. Her­mann Toplak, Med­Uni Graz

Ora­ler Glu­ko­se­to­le­ranz­test (OGTT)

Vor­aus­set­zung ist eine qua­li­täts­ge­si­cherte Durch­füh­rung der Tests, betont Univ. Prof. Her­mann Toplak von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Innere Medi­zin an der Med­Uni Graz. Die Mes­sung mit­tels Reflek­to­me­ter, das zur Selbst­kon­trolle ein­ge­setzt wird, rei­che dabei laut Toplak bei­spiels­weise nicht aus. „Es pas­siert über­haupt sehr häu­fig, dass der kapil­lare anstatt des venö­sen Blut­zu­cker­werts gemes­sen wird, weil ers­te­res ein­fa­cher und güns­ti­ger ist. Das ist aller­dings nicht State of the Art“, betont der Experte. Auch zwi­schen­zeit­li­ches Spa­zie­ren­ge­hen wäh­rend des Tests sei nicht zuläs­sig. Außer­dem müsse man beach­ten, dass – wenn die Dia­gnose Gesta­ti­ons­dia­be­tes gestellt wird – Leit­li­nien mit ande­ren Kri­te­rien zur Anwen­dung kommen.

Eine „etwas andere Aus­sage“ (Toplak) lie­fert hin­ge­gen der Nüch­tern-Glu­kose-Wert. Men­schen mit einer Fett­le­ber haben ein höhe­res Risiko für einen erhöh­ten Nüch­tern­blut­zu­cker-Wert, wes­halb vor allem ältere Men­schen mit einer Stö­rung im Zucker­stoff­wech­sel meist auch erhöhte Nüch­tern­blut­zu­cker-Werte auf­wei­sen. Der Nor­mal­wert bei Nüch­tern-Glu­kose liegt der­zeit bei 100 mg/​dl; bei einem Wert von ≥ 126 mg/​dl an zwei Tagen liegt mani­fes­ter Dia­be­tes mel­li­tus vor. Die Zeit ohne Kalo­rien­auf­nahme vor der Tes­tung sollte zumin­dest acht Stun­den betra­gen. Auch muss im Zuge der Unter­su­chun­gen auf mög­li­che inter­kur­rente Erkran­kun­gen geach­tet wer­den. Toplak: „Dehy­drat­a­tion, gas­tro­in­testi­nale Krank­hei­ten oder die Ein­nahme von Medi­ka­men­ten wie Glu­ko­kor­ti­ko­ide, Adre­na­lin, Phe­ny­toin oder Furo­se­mid könn­ten die Dia­gnose ver­fäl­schen. Ebenso ist im Rah­men von Infek­tio­nen wie einer schwe­ren Bron­chi­tis ein erhöh­ter Wert zu erwar­ten, der für Gesunde nicht reprä­sen­ta­tiv ist.“ Hat der Betrof­fene län­gere Fas­ten­zei­ten hin­ter sich oder eine Koh­len­hy­drate-Man­gel­er­näh­rung, kann dies auch bei gesun­den Per­so­nen zur patho­lo­gi­schen Glu­ko­se­to­le­ranz füh­ren. „Ein Kern­pro­blem ist, dass Glu­ko­se­to­le­ranz­tests oft gar nicht durch­ge­führt wer­den, weil sie auf­wän­dig sind. Auch sind die Betrof­fe­nen meist nicht begeis­tert, weil die Unter­su­chung eine län­gere Anwe­sen­heit erfor­dert“, erzählt Toplak. Den­noch sollte ein Vor­test in Form einer Befra­gung zur Bewer­tung des Dia­be­tes­ri­si­kos bei allen Per­so­nen durch­ge­führt wer­den, ein regel­mä­ßi­ger Glu­ko­se­to­le­ranz­test vor allem bei jenen mit fami­liä­rer Vor­be­las­tung oder bei Vor­lie­gen von zwei oder meh­re­ren Fak­to­ren aus dem Meta­bo­li­schen-Syn­drom-Kom­plex wie Über­ge­wicht, Hyper­to­nie oder Fett­stoff­wech­sel­stö­run­gen. Denn: „Dia­be­tes geht sei­ner Dia­gnose meist viele Jahre vor­aus“, warnt der Experte. Als drit­ter Refe­renz­wert kann außer­dem der HbA1c her­an­ge­zo­gen wer­den, der vor allem dann, wenn der Wert der Nüch­ternglu­kose grenz­wer­tig ist, zur Dia­gno­se­stel­lung bei­trägt. Toplak: „Wenn jemand für gewöhn­lich nicht viel Zucker auf ein­mal kon­su­miert, kann er nach Auf­nahme der 75 Gramm Glu­kose einen posi­ti­ven Zucker­be­las­tungs­test haben. Nimmt der Betrof­fene aber regel­mä­ßig und grö­ßere Men­gen als diese sechs Brot­ein­hei­ten auf ein­mal zu sich, wird er immer wie­der Blut­zu­cker­spit­zen haben, obwohl die Zucker­be­las­tung ins­ge­samt nor­mal sein kann.“ Bei einem HbA1c-Wert von ≥ 6,5 Pro­zent an zwei unter­schied­li­chen Tagen han­delt es sich nach neue­ren Kri­te­rien um mani­fes­ten Dia­be­tes mellitus.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 23–24 /​15.12.2016