kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.04.2016 | Medizin

Zika-Virus: Schäden im Gehirn Erwachsener

Ein Zusammenhang zwischen einer Infektion mit dem Zika-Virus und einer schweren Myelitis konnte bei einer 15-Jährigen in Guadeloupe hergestellt werden, erklärte Annie Lannuzel vom französischen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung. Als Auslöser ihrer halbseitigen Lähmung konnte das Zika-Virus im Rückenmark nachgewiesen werden. In Paris wurde bei einem 81-jährigen Mann nach einer Kreuzfahrt das Zika-Virus im Liquor nachgewiesen und eine Meningoenzephalitis diagnostiziert. Auch für Schwangere ist das Virus laut WHO gefährlicher als bisher angenommen. Das Zika-Virus ist nicht nur die Ursache für die Mikrozephalie, sondern könnte auch für andere neurologischen Störungen bei Babys verantwortlich sein.  APA

M. Parkinson: Prionen-Erkrankung?

Morbus Parkinson könnte seinen Ursprung im Darm haben, wo ein falsch strukturiertes, infektiöses Protein entsteht. Bekanntlich bilden sich im Laufe der Erkrankung unlösliche Alpha-Synuclein-Ablagerungen in den Nervenzellen. Daher wurde vermutet, M. Parkinson sei eine Prionen-Erkrankung, bei der sich fehlgefaltete infektiöse Proteine im Nervensystem ausbreiten und ihresgleichen in eine pathogene Form zwingen. Nun gibt es Hinweise, dass das erste fehlgefaltete Synuclein im Darm entsteht, dann über den N. vagus ins Gehirn wandert und sich in jenen Regionen festsetzt, wo Dopamin produziert wird. Zwei Studien stützen diese Hinweise: Dresdener Neurowissenschafter haben im Tiermodell die Bildung solcher „infektiöser“ Alpha-Synucleine hervorgerufen und ihre Wanderung über den N. vagus verfolgt. Bei den Tieren entstanden Parkinson-ähnliche Krankheitsbilder. Durchtrennten die Wissenschafter nur jenen Nervenstrang des Vagus, der zu einer Gehirnhälfte führt, war nur eine Gehirnhälfte von den Veränderungen betroffen. Gestützt wird diese Hypothese auch durch rückblickende epidemiologische Untersuchungen aus Schweden: Bei Personen mit sonst nicht behandelbaren Magen- und Duodenalulcera war früher die chirurgische Durchtrennung des N. vagus eine Behandlungsoption. „Bei Menschen, bei denen man den gesamten Vagus-Nerv durchtrennt hat, war innerhalb von 20 Jahren die Parkinson-Erkrankungsrate geringer“, erklärt Univ. Prof. Werner Poewe von der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck.
APA

Myelin-spezifisches MRT bei Commotio

Erstmals konnten Gehirne vor und nach einer Gehirnerschütterung mit Hilfe eines Myelin-spezifischen MRT verglichen werden. An der Entwicklung dieser Magnetresonanz-Scans war der österreichische Physiker Alexander Rauscher an der University of British Columbia (Kanada) beteiligt. Rauscher und sein Team untersuchten 45 männliche und weibliche Eishockeyspieler aus zwei Universitätsteams vor der Hockeysaison mittels MRT. Diejenigen elf Spieler, die während der Saison eine Gehirnerschütterung erlitten, wurden drei Tage, zwei Wochen und zwei Monate nach der Verletzung noch einmal gescannt. Ergebnis: Das Myelin der Spieler war selbst zwei Wochen nach der Verletzung geschädigt, auch wenn die Sportler die nach solchen Traumata üblichen neuropsychologischen Tests bestehen. Bis zur völligen Wiederherstellung des Myelin sind deutlich mehr als zwei Wochen nötig.  APA/PLOS One

Frühes Ergrauen genetisch bedingt

Das Gen IRF4 ist der Grund, wieso Menschen frühzeitig ergrauen. Das haben Forscher um Kaustubh Adhikari vom University College London bei der Analyse der DNA von mehr als 6.000 Menschen herausgefunden. IRF4 wurde überwiegend bei Europäern gefunden. Beim kaukasischen Typ zeigten sich im Schnitt schon mit 35 Jahren die ersten grauen Haare; beim asiatischen Typ fünf und beim afrikanischen Typ sogar zehn Jahre später.
APA/Nature Communications

Zika-Virus: Verbindung mit Guillain-Barré-Syndrom

Forscher vom Pariser Institut Pasteur haben erstmals eine Verbindung zwischen dem Zika-Virus und dem Guillain-Barré-Syndrom hergestellt. Grundlage der Untersuchung waren Daten von Patienten in Französisch-Polynesien, wo zwischen 2013 und 2014 zahlreiche Bewohner an Guillain-Barré erkrankten. Bluttests hätten ergeben, dass eine Infektion mit dem Zika-Virus der Auslöser gewesen war, erklärten die Forscher.
APA/The Lancet

USA: Gebärmutter-Transplantation gescheitert

Die erste in den USA durchgeführte Gebärmutter-Transplantation ist gescheitert. Nachdem der Eingriff selbst zunächst erfolgreich war, hatte es „plötzlich Komplikationen“ gegeben; der 26-Jährigen musste die Gebärmutter wieder entfernt werden, wie die Cleveland Klinik in Ohio mitteilte. Der klinische Versuch, im Zuge dessen insgesamt zehn Frauen eine neue Gebärmutter erhalten sollen, soll fortgesetzt werden. APA

Ebola-Impfstoff: Tests in Guinea

Zwei neu entwickelte russische Ebola-Impfstoffe sollen in Guinea im Rahmen einer Feldstudie an 2.000 Teilnehmern getestet werden. Russische Forscher hätten außerdem auch ein Medikament zur Behandlung von Ebola entwickelt, das in Russland kurz vor der Zulassung stehe, teilte das zuständige Gesundheitsministerium mit. Während der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014/15 wurden die Impfstoffe im Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Sie wurden an 84 Freiwilligen aus der russischen Armee erfolgreich getestet. Im Katastrophengebiet selbst ist bisher nur ein kanadischer Impfstoff erprobt worden. APA

CLL: Kinase-Inhibitoren verlängern Überleben

Die Wirkstoffe Ibrutinib und Idelalisib, die in der zielgerichteten Therapie bei chronisch lymphatischer Leukämie eingesetzt werden, verlängern das Überleben von Hochrisikopatienten signifikant. Das zeigen Studien der beiden Substanzen in den vergangenen zwei Jahren am Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien. Während die mittlere Überlebenszeit der Patienten mit CLL unter herkömmlicher Therapie bei ein bis zwei Jahren liegt, waren nach Behandlung mit den neuen Substanzen nach zwei Jahren noch 80 Prozent der Betroffenen am Leben. Ibrutinib und Idelalisib gehören zur Klasse der Kinase-Inhibitoren; sie unterbrechen Signalwege der Tumorzellen und hemmen so das Zellwachstum. Univ. Prof. Ulrich Jäger von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie am AKH Wien zeigt sich optimistisch: „Die beiden Substanzen könnten in Zukunft vielleicht sogar teilweise die Chemo- und Stammzellen-Transplantation ersetzen.“ In weiteren Studien wird nun die Kombination beider Substanzen untersucht.

EU: weniger Antibiotika bei Nutztieren

Mit einer Verordnung will das Europaparlament den Antibiotika-Einsatz bei Nutztieren einschränken und strenger kontrollieren. Dazu ist in allen EU-Staaten eine Verschreibungspflicht für Tier-Antibiotika vorgesehen. Der Internet-Handel mit Antibiotika soll verboten werden; Antibiotika-Abgaben an Landwirte und Tierzüchter systematisch erfasst werden. Außerdem soll der präventive Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung grundsätzlich verboten werden. Bestimmte Reserve-Antibiotika sollen in der Veterinärmedizin nur unter strengen Auflagen verwendet werden dürfen. Rat und Parlament müssen sich in dieser Frage einigen; die Verhandlungen dürften nicht vor 2017 beginnen.

„Pink Viagra“: nur geringe Wirkung

Die Wirkung der seit rund einem halben Jahr in den USA erhältlichen „Pink Viagra“ ist einer neuen Studie zufolge gering; milde Nebenwirkungen wie Schwindel, Übelkeit und Erschöpfung sind dagegen häufig. Das haben Wissenschafter aus Belgien und den Niederlanden in einer Metaanalyse mit Daten von insgesamt 5.914 Frauen festgestellt. „Die Auswertung dieser Daten legt nahe, dass die von Flibanserin hervorgerufene Veränderung minimal ist“, so die Autoren. Bevor die Pille daher Frauen empfohlen werden könne, fordern die Wissenschafter weitere Untersuchungen. In den USA ist das verschreibungspflichtige Präparat seit August 2015 zugelassen.
APA/Jama Internal Medicine

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2016