kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.10.2016 | Medizin

Jeder vierte Ältere psychisch krank

Psychische Krankheiten dürften bei älteren Menschen häufiger auftreten als angenommen. Das hat eine Untersuchung von Forschern aus sechs Ländern – darunter auch Österreich – ergeben. Demnach sind übliche Diagnoseverfahren für ältere Menschen nicht geeignet; die Fragen seien zu lang und kompliziert, so Studienleiterin Sylke Andreas vom Institut für Psychologie der Alpen- Adria-Universität Klagenfurt. Mit einem neuen Verfahren – einem Interview mit vereinfachten Sätzen – wurden 3.100 Menschen zwischen 65 bis 85 Jahren in Spanien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Israel und der Schweiz untersucht. Ein Drittel der Befragten hatte im letzten Jahr eine psychische Erkrankung, ein Viertel leidet aktuell daran. Am häufigsten waren Angststörungen (17 Prozent) und Depressionen (14 Prozent).
APA/British Journal of Psychiatry

Narkolepsie: T-Killerzellen zerstören Hirnzellen

Narkolepsie wird durch zytotoxische T-Zellen verursacht, die Orexin-produzierende-Gehirnzellen zerstören. Das fand ein Forscherteam um Roland Liblau vom Department of Immunology der Universitätsklinik in Toulouse mit Beteiligung der MedUni Wien heraus. Das Neuro-Hormon Orexin beeinflusst den Schlafrhythmus und das Essverhalten. Als die Forscher in Mäusen die Orexin-produzierenden-Gehirnzellen dazu brachten, ein Hämagglutinin des Influenza-Virus zu produzieren, wurden diese von T-Killer- Zellen zerstört. Die betroffenen Tiere zeigten dieselben Symptome wie Narkolepsie-Patienten, nämlich Schlafattacken und Kataplexie. Dies zeige laut den Forschern, dass Immuntherapien gegen Narkolepsie wirken könnten. APA/PNAS

„Neuromapping“ ermöglicht exaktere OP-Planung

Forscher der MedUni Wien haben ein Gerät entwickelt, das bei Tumor-Operationen im kleinen Becken die Nervenfunktion bereits vor dem Eingriff messen und eine „Landkarte des Nervengeflechts“ erstellen kann. Mithilfe dieses „Neuromappings“ können Operationen exakter geplant und Therapieentscheidungen im Voraus getroffen werden. Die Überprüfung der Nervenfunktion erfolgt durch Sonden, die die Nerven stimulieren oder Kontraktionen der Muskeln von Blase und Schließmuskel messen. Auf einem Monitor macht eine Grafik die Nerven sichtbar und akustische Signale belegen ihre Stimulation und das Ansprechen. Erste Tests mit dem Gerät, das vor, während und nach dem operativen Eingriff die Funktion der Nerven misst, würden vielversprechende Ergebnisse zeigen, so Univ. Prof. Bela Teleky von der Universitätsklinik für Chirurgie am AKH Wien. In einem ersten Schritt wird das Gerät jetzt bei Tumoroperationen im Bereich des Rektums eingesetzt. APA

Medikamente erhöhen Lithium-Gehalt im Trinkwasser nicht

Lithium-Werte im Trinkwasser – die nachweislich einen Einfluss auf Suizidraten haben – werden nicht von Rückständen hochdosierter Lithium-haltiger Medikamente beeinflusst. Das haben Forscher der „Suicide Research Group“ der MedUni Wien um Univ. Prof. Nestor Kapusta herausgefunden. Das Lithiumvorkommen im Wasser müsse daher eher aus natürlichen Quellen stammen, so die Forscher. Sie haben insgesamt 6.460 Trinkwasserproben aus ganz Österreich mit den Verschreibungs-Häufigkeiten von Lithium verglichen. Schon 2011 hat die „Suicide Research Group“ bewiesen, dass ein hoher Gehalt an Lithium im Trinkwasser mit einer geringeren Suizid-Rate einhergeht – selbst dann, wenn sozioökonomische Faktoren wie Einkommen oder psychosoziale Versorgung berücksichtigt werden. Der Schluss der Wissenschafter: Der Lithiumgehalt im Trinkwasser wird durch Verschreibungen so gut wie nicht beeinflusst. Auch die Suizidraten bleiben – unter Berücksichtigung der Verschreibungen – gleich. APA

Durch Training: bessere Hörleistung im Alter

Weil bei älteren Menschen die Hörrinde im Gehirn dünner ist, können sie Gesprochenes nicht nur schlechter hören, sondern auch schlechter verarbeiten. Aber: Die Hörleistung kann trainiert werden, wie eine aktuelle Schweizer Langzeitstudie bestätigt. Nathalie Giroud von der Universität Zürich hat mittels Hörtests bei 45 älteren und 15 jüngeren Probanden die Anstrengungen des Gehirns untersucht, um auf Sprache zu reagieren. Unter anderem mussten sie unter erschwerten Bedingungen Silbenpaare wie „ascha“ und „afa“ unterscheiden. Ergebnis: Bei jungen Menschen war die Anstrengung gering; bei älteren Personen ohne Hörverlust größer und bei älteren mit Hörverlust deutlich am größten. APA

Weniger Impfschutz bei Adipositas?

Die Influenza-Impfung könnte bei Adipösen schlechter wirken als bei Normalgewichtigen. Das haben US-amerikanische Forscher um Stacey Schultz-Cherry vom St. Jude Children‘s Hospital in Kalifornien im Tierversuch herausgefunden. Sie haben Vakzine gegen A(H1N1)- und A(H7N9)-Infektionen an normalgewichtigen und adipösen Mäusen getestet. Als Adjuvantien wurden Aluminiumsalze oder ein Squalen-Adjuvans (AS03) verwendet. Ergebnis: Bei den adipösen Tieren war die Immunisierung stark beeinträchtigt. APA/mBio

Therapie mit Antidepressiva: bei Spitzenmanagern weniger wirksam

Menschen in Spitzenpositionen sprechen weniger auf Antidepressiva an. Das hat ein internationales Forscherteam mit Experten aus Belgien, Italien, Israel und Österreich herausgefunden. 55,9 Prozent der Patienten in Spitzenjobs waren gegen die Behandlung mit SSRIs resistent. Bei Personen in mittleren Positionen waren es nur 40,2 Prozent, im unteren Job-Segment 44,3 Prozent. Untersucht wurden 654 erwachsene berufstätige Menschen, die wegen Depressionen in klinischer Behandlung waren. 336 von ihnen (51,4 Prozent) waren in Spitzenpositionen tätig, die andere Hälfte etwa zu gleichen Teilen im mittleren und niedrigeren Jobsegment. Die meisten Patienten wurden mit SSRIs behandelt; hinzu kamen andere pharmakologische Produkte und Psychotherapie. Die Ergebnisse sind laut Univ. Prof. Siegfried Kasper von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien nur vorläufig: „Aber sie könnten anzeigen, dass ein Beschäftigungsstatus im hohen Level ein Risikofaktor für eine schlechte Reaktion auf die Behandlung ist.“ APA

Werberestriktionen für ungesunde Lebensmittel gefordert

Kinder und Jugendliche sind der Werbung für ungesunde Lebensmittel zu stark ausgesetzt, warnte die WHO kürzlich in einer aktuellen Studie. Sie forderte alle Regierungen auf, gesetzlich bindende Maßnahmen zu schaffen. Österreich hinke bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen stark nach, kritisierte das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE). „Bereits jetzt ist knapp ein Viertel aller 13- bis 17-Jährigen zu dick, Tendenz stark steigend. Wir müssen daher bereits im Kindesalter mit wirkungsvollen Präventionsmaßnahmen beginnen, um nicht eine Generation an chronisch Kranken heranzuziehen“, forderte Univ. Prof. Kurt Widhalm, Präsident des ÖAIE. Bereits 2010 haben 192 WHO-Mitgliedsstaaten – darunter auch Österreich – eine Resolution unterzeichnet, weltweit die Werbung für Lebensmittel mit zu viel Fett, Zucker und Salz einzudämmen. APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2016