Asthma bronchiale: Biomarker auf dem Vormarsch

25.09.2016 | Medizin

Rund 400.000 Österreicher leiden an Asthma bronchiale; vor allem beim allergischen Asthma steigt die Prävalenz. Der Einsatz von Biomarkern in der Asthma-Diagnostik steckt zwar noch in den Kinderschuhen, wird aber in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Von Marlene Weinzierl

Etwa fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Österreich – rund 400.000 Personen – leiden an Asthma bronchiale. Es handelt sich damit um eine der häufigsten chronischen Atemwegserkrankungen der westlichen Welt. „Mittlerweile sind bis zu zehn Prozent der österreichischen Kinder betroffen“, erklärt Univ. Doz. Felix Wantke vom Allergiezentrum Floridsdorf. Schätzungen zufolge werden es im Jahr 2025 weltweit etwa 400 bis 450 Millionen Menschen sein.

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Personen, die an Asthma leiden, zugenommen. „Vor allem beim allergischen Asthma steigt die Prävalenz“, berichtet Univ. Prof. Wolfgang Pohl von der Abteilung für Atmungs- und Lungenkrankheiten am Krankenhaus Hietzing in Wien. In den meisten Fällen beginnt die Erkrankung bereits in der Kindheit und nimmt unterschiedlichste Verläufe. Während bei kleineren Kindern vorwiegend Buben betroffen sind, nimmt die Zahl der Asthma-Betroffenen ab der Pubertät vor allem bei Mädchen zu. „Andererseits kann es durchaus vorkommen, dass die Erkrankung im Laufe des Lebens wieder von selbst verschwindet“, ergänzt Wantke.

Asthma ist dank der therapeutischen Optionen heute eine weitgehend reversible Atemwegserkrankung. Wantke dazu: „Vor 30 Jahren sind Menschen durchaus noch an Asthma-Anfällen gestorben. Das ist heute eine absolute Seltenheit.“ Hauptauslöser ist – neben einer gewissen genetischen Prädisposition – in bis zu 90 Prozent der asthmatischen Erkrankungen eine Allergie wie zum Beispiel gegen Gräser, Katzen oder Hausstaubmilben. Bei der Entstehung des weitaus selteneren nicht-allergischen Asthmas spielen laut Pohl häufige virale Infekte und Umweltreize wie Staub oder Rauch eine Rolle. Bei Erwachsenen kommt es vor allem im Alter von 30, 40 Jahren vor, dass sich plötzlich ein eosinophiles Asthma entwickelt. Wichtig sei daher immer, die genauen Ursachen für die Erkrankung herauszufinden, um eine maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können.

Zur typischen Symptomatik bei Asthma-Patienten gehören Atemnot, Giemen und Husten. „Im Zuge der Untersuchungen sind in jedem Fall eine multimodale Vorgangsweise und die Betrachtung verschiedener Parameter erforderlich“, betont Pohl. Zu einer fundierten Anamnese gehört demnach auch die Erhebung der familiären Krankengeschichte, die oftmals erste Hinweise auf allergisches Asthma erkennen lässt. Wichtig sei außerdem, die Komorbiditäten zu erkennen und mit zu behandeln.

Wesentlich: Lungenfunktionsdiagnostik

Wesentlicher Bestandteil der Diagnostik ist nach wie vor der Lungenfunktionstest. Dieser dient einerseits der Ermittlung einer etwaigen Einschränkung des Patienten und zum anderen der Feststellung der Reversibilität. „Letzteres erlaubt eine Abgrenzung zu COPD-Patienten, bei denen für gewöhnlich eine geringere Reversibilität als bei Asthma-Patienten gegeben ist“, erklärt Pohl. Was den Aussagen des Experten weiter „wünschenswert“ wäre: eine Spirometrie bereits durch den Hausarzt, der früh in der Patientenversorgung ansetzen könne. Pohl weiter: „Nach einer ersten Begutachtung der Testergebnisse sieht man oft klarer, ob eine Überweisung an den Lungenfacharzt oder die Klinik notwendig ist.“ Dort könnten dann die sensitivere Bodyplethysmographie oder Provokations- und Belastungsuntersuchungen erfolgen; ebenso auch eine Untersuchung des Sputums auf das Vorhandensein von spezifischen Entzündungszellen.

Leichte Asthmaformen können auch leicht übersehen werden. Besteht beispielsweise eine Atemnot nur gelegentlich – etwa in der Pollensaison – und sucht der Patient erst danach den Arzt auf, wird die Erkrankung aufgrund der fehlenden Symptomatik oft nicht ernst genommen. Bei Verdacht auf Pollenallergie sollte daher nach Möglichkeit noch während der Pollensaison ein Lungenfunktionstest durchgeführt oder auf Verdacht eine anti-asthmatische Therapie eingeleitet werden. „Ein negativer Effekt ist davon nicht zu erwarten. Menschen, die jedoch tatsächlich an Asthma leiden, profitieren davon“, betont Pohl.

Biomarker unterstützen Diagnostik

Wichtige Schritte im Rahmen der Diagnostik ist die Bestimmung der eosinophilen Granulozyten im Blut, des Gesamt-IgE sowie des spezifischen IgE. Die Allergiediagnostik ganz generell hat sich in den letzten Jahren – speziell unter Zuhilfenahme von Biomarkern – verbessert. Dazu gehören beispielsweise Verbesserungen bei den Teststoffen für die Hauttestung, aber auch bei den serologischen Markern. Seit einigen Jahren stehen die rekombinanten Allergene wie die Komponenten Der p1 und Der p2 im Fall der Hausstaubmilben beziehungsweise Fel d 1 und Fel d 4 zur Diagnostik einer Katzenallergie zur Verfügung. „Damit ist eine klarere Charakterisierung und somit spezifischere Diagnostik bei der ausgesprochen heterogenen Asthma-Erkrankung möglich, was wiederum essentiell für einen gezielteren Einsatz der passenden Therapieform ist“, so Pohl. Stickstoffmonoxid-Messungen (FeNO) wiederum lassen den Aktivitätszustand einer Entzündung erkennen. Der Einsatz von Biomarkern in der Asthma-Diagnostik steckt „noch in den Kinderschuhen“ (Pohl), wird aber in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist der Experte überzeugt.

Da es sich bei Asthma meist um milde Formen handelt, ist die Erkrankung für gewöhnlich sehr gut zu behandeln. Im Zuge einer konsequenten Standardtherapie wird die chronische Entzündungsreaktion der Bronchien antiinflammatorisch mit inhalativem Kortison behandelt. Bei leichteren Verlaufsformen reicht eine Kortison-Monotherapie mit einem Beta-2-Mimetikum als Notfallsmedikation aus. Ist die Wirkung zu gering, sind Kombinationspräparate mit inhalativem Kortison und langwirksamen inhalativen Beta-2-Mimetika angezeigt. So kann – ohne allzu hohe Mengen von Kortison – eine hervorragende Asthmakontrolle erzielt werden. Reichen diese Maßnahmen für einen guten Therapieerfolg jedoch nicht aus, stehen Anticholinergika (Tiotropium) als Erweiterungsoption zur Verfügung.

Immuntherapie verzögert Asthma

Theophyllin wird vor allem wegen seiner Nebenwirkungen (Tachykardien und Herzrhythmusstörungen) nicht mehr empfohlen. Auch der Stellenwert von Leukotrien- Antagonisten, die in der Wirksamkeit dem inhalativen Kortison unterlegen sind, wird heute eher zurückhaltend gesehen. Wantke erklärt: „Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn Patienten beziehungsweise deren Erziehungsberechtigte eine Kortison-Inhalationstherapie verweigern.“ Dies sei vor allem bei pädiatrischen Patienten der Fall, obwohl auch Kinder mit Asthma ohne Weiteres inhalatives Kortison erhalten könnten. Die „Krone der Therapie“ des allergischen Asthmas sieht Wanke in der spezifischen Immuntherapie. Dadurch wird nicht nur ein besserer Therapieerfolg bei geringerem Einsatz von Kortison erzielt. „Einer aktuellen Studie zufolge kann die Immuntherapie sogar die Entwicklung von Asthma verzögern und wirkt aufgrund der Desensibilisierung als einzige Therapie präventiv und kausal“, sagt Wantke.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2016