Ärztekunstverein: Ärztliche Kunst – im wörtlichen Sinn

25.10.2016 | Horizonte

Was sie verbindet, ist die Leidenschaft für Kunst – und ein absolviertes Medizinstudium. Für Ärzte, die künstlerisch tätig sind, bietet der Ärztekunstverein eine Möglichkeit, sich auszutauschen und gemeinsam Ausstellungen zu veranstalten. Von Marion Huber

„Das Malen ist ein Ventil für meine Gefühle und es lindert meine Schmerzen“, schildert Eva-Maria Ornella das Motiv für ihre Kunst. Die Assistenzärztin an der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin im LKH Villach kam zum Malen, als und weil sie ihren „alten“ Hobbies nicht mehr nachgehen konnte: „Weil sich meine chronische Migräne verschlimmert hat, konnte ich nicht mehr Klettern, Bergsteigen oder Kiten und musste mir ein Hobby suchen, dass ich zuhause machen konnte.“ Die Kunst sollte es sein.

Die gebürtige Villacherin ist Autodidaktin und malt erst seit einigen Jahren – dennoch entstand für sie dadurch „etwas Neues, etwas Großartiges“, wie sie sagt. „Ich habe so viel positive Resonanz für meine Werke bekommen, dass ich sie auch auf Ausstellungen zeigen wollte.“ Und das tat sie auch – sowohl in Österreich als auch in Ungarn, der Slowakei, Kroatien oder Italien waren ihre Werke zu bewundern.

Ornella ist auch Mitglied des Ärztekunstvereins – 1983 geboren ist sie wohl eines der jüngsten –; durch Vereinsausstellungen hat sie die Möglichkeit, ihre Gemälde einem breiteren, sehr interessierten Publikum vorzustellen. „Die Ausstellungen des Ärztekunstvereins sind immer sehr gut besucht.“ Das bestätigt auch Maria-Louise Öhl – sie ist seit 1994 Mitglied des Vereins und heute dessen Obfrau: „Durch den Verein hat man auch als voll berufstätige Ärztin die Möglichkeit, auf sehr einfache Art seine Bilder zu präsentieren.“ Immer wieder gibt es gemeinsame Vernissagen, bei denen der Verein die Organisation übernimmt.

Was Öhl und Ornella am Verein besonders mögen: Man lernt bei Sitzungen, Reisen oder beim Round-Table gleichgesinnte Ärzte kennen und kann sich austauschen. „Ich schätze meine künstlerischen Freunde als Motivation für meine Kreativität“, sagt Öhl. Dabei sind nicht nur bildnerisch tätige Ärzte, sondern auch Literaten und Musiker Mitglieder im Verein. Die Musik repräsentiert etwa Martin Donner – der Begründer der Camerata Medica Wien. 2004 gegründet, erweckt das Kammerorchester, das großteils aus Ärzten besteht, die ins frühe 20. Jahrhundert zurückreichende Tradition eines „Wiener Ärzteorchesters“ zu neuem Leben.

Öhl hat schon als Jugendliche begonnen, zu malen und sich erst später entschieden, Medizin und nicht Kunst zu studieren. Dennoch war für sie schon damals klar: Kunst wird sie als Freizeitvergnügen weiter ausüben. Heute fördert sie mit ihrer Kunst auch den guten Zweck: „Ich habe auch Benefiz-Vernissagen gemacht, zum Beispiel für Ute Bock und die Caritas.“ Die Kunst war und ist neben der Tätigkeit als Ärztin für sie immer ein Ausgleich – sie malt, wann auch immer es möglich ist, ohne die Notwendigkeit, Bilder verkaufen zu müssen. „Das hat mir die Freiheit gelassen, zu malen, was auch immer ich wollte.“

Ornella nimmt die Inspiration für ihre Werke mittlerweile vor allem von Auslandsreisen nach Südamerika, Südafrika und Asien mit. Ihre Werke sind – so wie sie – jung, modern und frech. Auch ihre eigenen Fotografien finden darin Platz und werden weiter verarbeitet, so wie etwa in ihrer Afrika-Serie. Was am Ende dabei herauskommt, ist zum Beispiel ein lebendig strahlendes Bild eines Löwen mit leuchtend bunter Mähne. „Ich selbst würde mich als Mixed-Media-Künstlerin bezeichnen. Ich arbeite vorwiegend mit Acryl auf Leinwand, Collagentechnik und auch mit Fotografien als Vorlage.“ Die Kunst ist für sie mittlerweile mehr als nur ein Hobby: „Es ist quasi ein Muss, meine Gefühle, Ideen und Bilder im Kopf auf die Leinwand zu bringen.“

Ärzte und Kunst: eine lange Geschichte

In der Geschichte gab es viele berühmte Maler, Schriftsteller und Musiker, die aus den Reihen der Ärzteschaft stammten. Ein bekanntes Beispiel ist der österreichische Dramatiker Arthur Schnitzler (1862 bis 1931). Nach seinem Medizinstudium an der Universität Wien hat er 1885 promoviert und war einige Jahre als Assistenz- und Sekundararzt am AKH Wien tätig. Mit seinen Novellen „Leutnant Gustl“ und „Fräulein Else“ oder Theaterstücken wie „Anatol“ und „Reigen“ war er einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Moderne. Auch der britische Schriftsteller Arthur Conan Doyle (1859 bis 1930) hat ursprünglich Medizin studiert und war als Arzt tätig, bevor er die Abenteuer von Sherlock Holmes und dessen Freund Dr. Watson veröffentlichte. Gottfried Benn (1886 bis 1956) – einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Essayisten der literarischen Moderne – war als Militärarzt tätig. Anerkennung erhielt er vor allem für seinen Gedichtband „Statische Gedichte“ (1948); 1951 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Der bekannte Wiener Maler Rudolf Ullik (1900 bis 1996) war ebenso Arzt und u.a. Vorstand der Universitätsklinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie am AKH Wien. Der langjährige Freund von Oskar Kokoschka ist besonders für seine Ölbilder von österreichischen und italienischen Landschaften und Städten sowie seine Aquarelle bekannt.

Der Ärztekunstverein

Der Österreichische Ärztekunstverein (ÖÄKV) ist ein gemeinnütziger Verein von Ärzten, die künstlerisch tätig sind. Anfang der 1990er Jahre von nur einigen wenigen Ärzten gegründet, sind mittlerweile Ärzte aus ganz Österreich vertreten. www.aerztekunstverein.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2016