„Therapie Aktiv“: Wirkung belegt

10.10.2015 | Politik

„Therapie Aktiv“ senkt die Mortalität von Patienten mit Typ2-Diabetes um 35 Prozent und verbessert deren Versorgung. Nicht nur das: Auch die Gesamtkosten sind bei Patienten, die im Programm betreut werden, geringer. Die MedUni Graz hat „Therapie Aktiv“ evaluiert.
Von Marion Huber

Nicht wirklich überrascht“ von den Ergebnissen der Evaluierung von „Therapie Aktiv“ zeigt sich Jörg Garzarolli, Vizepräsident und Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte der Ärztekammer Steiermark: „Wir in der Steiermark haben immer an den Nutzen von ‚Therapie Aktiv‘ geglaubt und bewerben und betreiben es daher auch vermehrt.“ Dass das Programm die Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 tatsächlich verbessert und Mortalität wie auch Gesamtkosten signifikant senkt, belegt nun die wissenschaftlichen Evaluierung des Instituts für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation der Medizinischen Universität Graz.

In einer retrospektiven Beobachtungsstudie an rund 7.000 Patienten, die mindestens vier Jahre am Disease Management Programm (DMP) „Therapie Aktiv“ teilnahmen, und einer Kontrollgruppe wurde untersucht, inwieweit die Ziele des Programms erfüllt werden. Laut Zielsetzung sollen „durch eine kontinuierliche und evidenzbasierte Betreuung“ in Verbindung mit individuellen Zielvereinbarungen die Folgeschäden und Folgekrankheiten von Typ 2-Diabetes vermieden oder zumindest hinausgezögert werden. Um dies zu evaluieren, wurden die medizinischenund ökonomischen Auswirkungen – primär die Mortalität beziehungsweise die Gesamtkosten – betrachtet. Zusätzlich wurden Daten zu Myokardinfarkten und Insulten sowie die einzelnen Komponenten der Gesamtkosten wie etwa stationäre Kosten und Krankenhausaufenthalte ausgewertet.

Ergebnis: Bei Patienten, die am DMP teilnehmen, sind sowohl die Mortalität als auch die Gesamtkosten deutlich geringer. So betrug die Mortalität in der DMP-Gruppe 3,2 Prozent, in der Kontrollgruppe 4,9 Prozent – das ist eine signifikante Senkung um 35 Prozent. Nicht nur das: Die Ergebnisse zeigen, dass im Programm betreute Diabetiker im Durchschnitt 2,3 Tage weniger im Krankenhaus verbringen; Insulte und Myokardinfarkte treten um etwa zehn Prozent seltener auf.

Derart deutliche Unterschiede zwischen den Studiengruppen hat die Studienleiterin, Univ. Prof. Andrea Berghold, nicht erwartet: „Vor allem die Reduktion der Mortalität bei jenen Patienten, die in ‚Therapie Aktiv‘ betreut werden, ist erheblich.“ Dies gelte auch für die Verminderung der Spitalsaufenthalte und damit der Kosten.

So waren die Gesamtkosten in der DMP-Gruppe durchschnittlich um etwa 1.000 Euro (elf Prozent) geringer als in der Kontrollgruppe. Dies kommt laut Evaluierung dadurch zustande, dass in der Kontrollgruppe mehr Patienten verstorben sind und diese in ihren letzten Lebensjahren höhere Kosten verursachen. Nur die Arzt-Eigenkosten sind in der DMP-Gruppe um rund 11,5 Prozent höher, was durch die regelmäßige und umfassende Betreuung der Patienten bedingt ist.

Win-Win-Situation

Die Evaluierung zeige, dass entgegen mancher kritischer und sogar ablehnender Stimmen sehr wohl ein positiver Effekt durch eine strukturierte Gesundheitsversorgung erzielt wird, so Garzarolli: „Es ist eine qualitative Win-Win-Situation für Patienten und Behandler.“ Für die Zukunft müsse man das Programm an die aktuellen Erkenntnisse und Therapiemöglichkeiten anpassen und den organisatorischbürokratischen Aufwand überarbeiten, so Garzarolli. Grundsätzlich wünscht er sich, dass noch mehr Menschen, die an Typ2-Diabetes leiden, im Programm betreut werden: „Gerade jetzt, wo jeder von ‚Primärversorgung‘ spricht, darf die bestmögliche kontinuierliche Versorgung von chronisch Kranken durch niedergelassene Ärzte nicht ins Hintertreffen gelangen.“

„Therapie Aktiv“ – die Grundzüge

Das Disease Management Programm „Therapie Aktiv“ wurde von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse entwickelt und wird seit 2007 zur Betreuung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 angeboten. Die medizinische Grundlage bilden evidenzbasierte Behandlungspfade auf Basis von internationalen Studien und der Leitlinie der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG). Zum Einstieg der Behandler in das Programm bietet die Akademie der Ärzte ein E-Learning an.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2015