Ärzte-Ausbildungs-Ordnung 2015: Die neuen Sonderfachbezeichnungen

15.08.2015 | Politik


Durch die am 1. Juni 2015 in Kraft getretene ÄAO 2015 haben sich einige Änderungen hinsichtlich der Bezeichnungen der Sonderfächer ergeben. Im Folgenden ein Überblick, welche Rechtsfolgen sich bei geänderten Sonderfächern ergeben und welche Bezeichnungen fortan zu führen sind.
Von Christoph Steinacker*

Nicht mehr vorgesehene Sonderfächer
Sofern ein Arzt in Ausbildung zu einem Fach – wie beispielsweise Neurobiologie – steht, welches nach der ÄAO (Ärzte-Ausbildungs-Ordnung) 2015 nicht mehr vorgesehen ist, kann er die Ausbildung gem §§ 27 f ÄAO 2015 nach der ÄAO 2006 beenden. Er kann die Berechtigung zur selbstständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt für dieses absolvierte Sonderfach erlangen und sich folglich auch so bezeichnen. Eine zeitliche Begrenzung, bis wann der Arzt die Ausbildung beenden muss, existiert nicht.

Beispiel: Ein Arzt befindet sich derzeit in der Ausbildung zum Facharzt für Medizinische Biophysik nach der ÄAO 2006. Das Fach Biophysik ist in der ÄAO 2015 nicht mehr vorgesehen. Der Arzt kann die Ausbildung nach der ÄAO 2006 beenden. Der Berechtigungsumfang dieses Sonderfachs richtet sich dann nach den Bestimmungen der ÄAO 2006.

Sozialmedizin/Public Health
Fachärzte für Sozialmedizin, die vor dem 1. Juni 2015 eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung im Sinne der nach der ÄAO 2015 vorgesehenen Ausbildung zum Facharzt für Public Health absolviert oder nachweislich eine Tätigkeit im Ausmaß einer zumindest dreijährigen Vollzeitbeschäftigung in einem der Definition des Sonderfaches Public Health entsprechenden Bereich zurückgelegt haben, sind gem § 28 Abs 3 ÄAO 2015 nach Eintragung in die Ärzteliste berechtigt, die Sonderfachbezeichnung Public Health zu führen.

Änderung der Sonderfachbezeichnung
Folgende Sonderfachbezeichnungen wurden umbenannt (siehe Kasten).

Sonderfachbezeichnungen

Alte Bezeichnung

Neue Bezeichnung

Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin

Transfusionsmedizin

Chirurgie

Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie

Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten

Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde

Immunologie

Klinische Immunologie

Pathologie

Klinische Pathologie und Molekularpathologie

Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie

Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie

Histologie und Embryologie

Histologie, Embryologie und Zellbiologie

Hygiene und Mikrobiologie

Klinische Mikrobiologie und Hygiene

Gem § 29 ÄAO 2015 tritt an die Stelle der bisherigen Sonderfachbezeichnung grundsätzlich die neue Bezeichnung. Somit kann sich etwa ein Facharzt für Chirurgie seit 1. Juni 2015 als „Facharzt für Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie“ bezeichnen. Es steht diesen Ärzten jedoch gem § 29 Abs 2 ÄAO 2015 frei, ihre „alte“ Berufsbezeichnung weiter zu führen. Die Ortsbezeichnung wie beispielsweise das Ordinationsschild muss der verwendeten Bezeichnung entsprechen.

Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Gem § 30 ÄAO 2015 dürfen Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Eintragung in die Ärzteliste die Sonderfachbezeichnung „Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin“ führen, wenn sie bis 31. Mai 2019 ein Diplom „Psychotherapeutische Medizin“ der Österreichischen Ärztekammer erworben oder eine Eintragung in die Psychotherapeutenliste gem Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990 erlangt haben.

Sonderfach Innere Medizin
Fachärzte für Innere Medizin, welche eine Additivfachausbildung absolvieren und diese nach dem 1. Juni 2015 abschließen sowie Fachärzte für Innere Medizin, die eine Zusatzbezeichnung führen dürfen, können nach Eintragung in die Ärzteliste gem § 31 ÄAO 2015 die jeweilige neue Sonderfachbezeichnung führen. Die neue Facharztbezeichnung ersetzt gem § 31 Abs 2 ÄAO 2015 die nach der bisherigen Rechtslage rechtmäßig geführte Facharztbezeichnung „Facharzt für Innere Medizin“ samt der jeweiligen Zusatzbezeichnung für das Additivfach. Die Änderung der Bezeichnung hat allerdings keinen Einfluss auf die fachärztliche Berufsberechtigung.

Beispiel: Ein Facharzt für Innere Medizin, der eine Additivfachausbildung für Kardiologie nach der ÄAO 2006 abschließt, darf sich nach Eintragung in die Ärzteliste als „Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie“ bezeichnen.

Umwandlung von Additiv- in Sonderfächer

Ärzte, die eine Ausbildung im Additivfach Gefäßchirurgie begonnen haben und ihre Ausbildung nach der ÄAO 2006 nach dem 1. Juni 2015 abschließen oder zur Führung der Zusatzbezeichnung im Additivfach Gefäßchirurgie berechtigt waren, dürfen nach § 32 ÄAO 2015 nach Eintragung in die Ärzteliste anstelle der Zusatzbezeichnung für das Additivfach Gefäßchirurgie die Facharztbezeichnung „Facharzt für Allgemeinchirurgie und Gefäßchirurgie“ führen.

Zusammengelegte Fächer
Ärzte, die zur Führung zweier Sonderfachbezeichnungen berechtigt waren, die nun nach der ÄAO 2015 zusammengelegt wurden, dürfen nach Eintragung in die Ärzteliste die neue Bezeichnung führen. Dies betrifft gem § 33 ÄAO 2015 die Fächer Innere Medizin und Pneumologie, Klinische Immunologie und Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, Klinische Pathologie und Neuropathologie, Klinische Mikrobiologie und Virologie, Physiologie und Pathophysiologie sowie Orthopädie und Traumatologie. Es steht diesen Ärzten allerdings frei, alternativ die beiden „alten“ Facharztbezeichnungen weiter zu führen.

Beispiel: Ein Arzt, der sowohl Facharzt für Innere Medizin als auch Facharzt für Lungenkrankheiten ist, kann sich nach Eintragung in die Ärzteliste als „Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie“ bezeichnen.

Orthopädie und Traumatologie
Bei diesem zusammengelegten Fach gilt es zu unterscheiden, ob man bereits vor 1. Juni 2015 eine Facharztausbildung für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie oder Unfallchirurgie abgeschlossen hat oder sich derzeit noch in Ausbildung für eines dieser Fächer befindet.

War der Arzt bereits Facharzt, so kann er gem § 34 ÄAO 2015 eine ergänzende Ausbildung im anderen Sonderfach absolvieren, welche – je nach anrechenbarer Ausbildung – zwischen zwölf und 27 Monate dauert. Für die Bestimmung der erforderlichen Ausbildungszeit wurde ein Ausschuss eingerichtet, der diese konkret und individuell festlegen wird. Anschließend ist die Facharztprüfung für das Sonderfach Orthopädie und Traumatologie zu absolvieren. In diesem Fall erhält der Arzt auch ein neues Facharztdiplom. Die Ausbildung muss allerdings bis 31. Mai 2021 absolviert werden.

Befand sich der Arzt bis 31. Mai 2015 in Ausbildung zum Fach Unfallchirurgie oder Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, kann er in die Ausbildung zum Sonderfach Orthopädie und Traumatologie wechseln. Die Ausbildung hat gem § 27 Abs 4 ÄAO 2015 je 32 Monate im Hauptfach Unfallchirurgie sowie Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (auf einer Hauptfach-Ausbildungsstelle) zu umfassen. Anschließend ist die Facharztprüfung für das Sonderfach Orthopädie und Traumatologie zu absolvieren.

Diplomausstellung
Sofern der Arzt mit der neuen Sonderfachbezeichnung in die Ärzteliste eingetragen wird, erfolgt keine Ausstellung eines neuen Diploms. Eine Ausnahme besteht nur für Fachärzte für Orthopädie und Traumatologie gem § 35 ÄAO 2015.

EU-rechtlicher Aspekt
Bei Migration erhalten Fachärzte, die von den Übergangsbestimmungen Gebrauch machen, EU-Konformitätsbescheinigungen, in welchen die neue Sonderfachbezeichnung ausgewiesen wird. Dies gilt beispielsweise für Fachärzte für Innere Medizin, die von der Regelung des § 31 ÄAO 2015 (Umwandlung von Additiv- in Sonderfächer) Gebrauch machen. Die neuen Sonderfachbezeichnungen werden an die EU-Kommission notifiziert und nachfolgend in den Anhang V, 5.1.3. der Richtlinie 2005/36/EG aufgenommen. Unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit können auch ausländische Ausbildungen anerkannt werden beziehungsweise entscheidet der Beginn der Ausbildung, ob diese nach der ÄAO 2006 oder ÄAO 2015 fortgesetzt oder begonnen werden kann. Für sämtliche Fragen hinsichtlich Migration steht der Bereich Internationales der Österreichischen Ärztekammer zur Verfügung.

*) Dr. Christoph Steinacker ist Jurist in der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2015