kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.04.2015 | Medizin

Wachstumsfaktor gegen angeborene Herzmuskelschäden

Angeborene Herzmuskelschäden bei Babys könnten mit Wachstumsfaktoren wirksam behandelt werden. Das Team um Brian Polizzotti vom Boston Children‘s Hospital (Harvard University) verursachte bei neugeborenen Mäusen künstlich Herzmuskelschäden; anschließend verabreichten sie den Wachstumsfaktor Neuregulin-1 (rNRG1). Dies erfolgte ab der Geburt bis zum 34. Tag, was „die Herzmuskelfunktion verbesserte und die Ausbildung von Narbengewebe verringerte“, so die Autoren, unter denen auch Bernhard Haubner und Univ. Prof. Josef Penninger vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien waren. Wurde erst ab dem vierten Tag behandelt, war der Effekt nur vorübergehend und schwächer. Laut den Forschern bedeute dies, dass es nur ein gewisses Zeitfenster gibt, in dem die Therapie wirkt. Auch in Zellkulturen von Herzmuskelgewebe von Babys zeigte sich unter Verwendung von rNRG1 eine Verstärkung des Zellwachstums über sechs Monate hinweg. Die Experten schließen daraus, dass die Therapie möglichst bald nach der Geburt und in den ersten Monaten durchgeführt werden soll.
APA/Science Translational Medicine

Energy-Drinks können Arrhythmien verursachen

Große Mengen an Energy-Drinks könnten bei Jugendlichen und Menschen mit kardialen Grunderkrankungen Arrhythmien oder einen plötzlichen Herztod verursachen. Davor warnt eine internationale Wissenschaftergruppe um Fabian Sanchis-Gomar vom Forschungsinstitut des „Krankenhauses 12. Oktober“ in Madrid. In einem Entwurf für ein Gutachten der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) zur Sicherheit von Koffein hieß es zwar: „Einzeldosen von Koffein bis zu 200 Milligramm und Tagesrationen von bis zu 400 Milligramm sind für Erwachsene in Europa gesundheitlich unbedenklich.“ Die Experten appellieren aber, vorsichtig mit Energy Drinks umzugehen. Neben dem angegebenen Gehalt von Koffein könnte auch maskiertes Koffein wie zum Beispiel aus Guarana – es hat einen höheren Koffeingehalt als Kaffeebohnen – enthalten sein. In den USA beispielsweise wurden im Jahr 2007 rund 5.500 Fälle von Koffein-Überdosierungen registriert. 46 Prozent davon entfielen auf unter 19-Jährige. Die Experten schätzen, dass fast ein Drittel der Zwölf- bis 19-Jährigen regelmäßig koffeinhältige Getränke konsumiert.
APA


USA: Masernausbrüche durch niedrige Impfrate

Zu geringe Durchimpfung bei Kindern ist laut einer Studie für den jüngsten Masernausbruch in den USA verantwortlich. In den stark betroffenen Gebieten in Kalifornien, Arizona und Illinois seien nur 50 bis 86 Prozent der Kinder geimpft. Seit Beginn des Ausbruchs Ende Dezember 2014 in einem Freizeitpark bei Los Angeles gab es laut der US-Gesundheitsbehörde CDC mehr als 170 Fälle in 17 Bundesstaaten.
APA/JAMA Pediatrics

Blasenkarzinom: Frauen in Österreich im Nachteil

In Österreich sind Frauen Männern gegenüber benachteiligt, wenn sie an Blasenkarzinomen erkranken. Das Team um Thomas Waldhör von der MedUni Wien hat Daten von 27.700 Patienten aus dem Krebsregister und der Todesursachen-Statistik ausgewertet. Bei Frauen werden Blasenkarzinome später diagnostiziert als bei Männern. Ab Stadium 2 war auch ihre Mortalität statistisch signifikant höher.
APA/Urologia Internationalis

Geringe Körpergröße erhöht KHK-Risiko

Kleinere Menschen haben ein höheres Risiko, an koronaren Herzerkrankungen zu leiden. Das Team um Sir Nilesh Samani von der Universität Leicester hat mittels DNA-Analyse von rund 200.000 Europäern erstmals einen direkten genetischen Zusammenhang gefunden. Pro 6,5 Zentimeter geringerer Körpergröße steigt das Risiko für koronare Herzerkrankungen um 13,5 Prozent.
APA/New England Journal of Medicine

Neuer Schnelltest für Gelenksinfektionen

Mit einem neuen Schnelltest können Gelenksinfektionen schneller erkannt werden. Mit wenigen Tropfen Gelenksflüssigkeit, die mit einer Trägersubstanz gemischt werden, liegt innerhalb von zehn Minuten ein Ergebnis vor. Derzeit wird die Verlässlichkeit des Schnelltests überprüft. Der Test wurde im Orthopädischen Krankenhaus in Wien-Speising europaweit erstmals angewandt.
APA

Proteinkonzentrat gegen Schäden am Rückenmark

Humanes virusinaktiviertes APOSEC – ein Konzentrat von löslichen Eiweißstoffen, die von weißen Blutkörperchen nach Bestrahlung ausgeschüttet werden – kann in Tierversuchen Nervenschädigungen nach Rückenmarkverletzungen verringern. Wissenschafter der MedUni Wien um Hendrik Jan Ankersmit haben das Mittel 40 Minuten nach der akut herbeigeführten Rückenmarkverletzung in die Bauchhöhle von Versuchstieren injiziert. Folgenschwere Lähmungen konnten dadurch vermieden werden; durch Gefäßneubildung wurde die Regeneration angekurbelt. Der Effekt ist dabei umso größer, je früher die Injektion verabreicht wird. Verantwortlich dafür ist die Ausschüttung von neuroprotektiven Proteinen (CXCL1 und BDNF). Die Injektion von APOSEC zeige auch bei einem experimentell verursachten akuten Schlaganfall positive Effekte. Ankersmit dazu: „Das Infarktvolumen wird damit deutlich reduziert.“ Die AGES (Agentur für Ernährungssicherheit) hat den Gebrauch des humanen virusinaktivierten APOSEC für die klinische Prüfung am Menschen freigegeben.
APA/Experimental Neurology

Steigender Antibiotika-Einsatz bei Nutztieren

Bis 2030 werden weltweit um zwei Drittel mehr Antibiotika in der Nutztierhaltung verwendet werden als 2010. Der Anteil wird von 63.000 Tonnen (2010) auf 105.000 Tonnen im Jahr 2030 steigen – so die Berechnungen eines internationalen Forscherteams im Rahmen einer Studie. Als Gründe dafür nennen die Wissenschafter erhöhten Fleischkonsum und intensivere Viehhaltung in den Schwellenländern. In Ländern mit intensiverer Viehzucht wie Brasilien oder China geht man von einer Verdoppelung der verabreichten Antibiotikamengen aus. In Österreich gehe der Antibiotikagebrauch aber laut einem Bericht der Europäischen Arneimittelagentur EMA – so wie auch in den meisten anderen EU-Ländern – zurück. Laut Michael Hess von der Veterinärmedizinischen Universität Wien sank der Verbrauch in Österreich zwischen 2010 bis 2012 um 13 Prozent. Österreich habe hier sogar eine Vorreiterrolle; es sei etwa schon seit Anfang 2006 verboten, Antibiotika zu verabreichen, um das Wachstum der Tiere zu beschleunigen. Experten schätzen, dass in der Nutztierhaltung etwa die doppelte Menge an Antibiotika verbraucht wird wie in der Humanmedizin.
APA/PNAS

Parvoviren gegen bösartige Tumore

Warum sich Parvoviren beim Menschen ausschließlich in Tumorzellen vermehren, haben Wissenschafter des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg herausgefunden: Es handelt sich um einen selektiven Mechanismus. Die Viren sind auf die Aktivität eines zellulären Enzyms, die Kinase PDK1, angewiesen, die normalerweise von außen aktiviert wird. Die Forscher fanden nun heraus, dass das Virus in Zellen von Mäusen – sie sind natürliche Wirte des Parvovirus H1 – die PDK1 über einen internen Weg aktivieren kann; in menschlichen Zellen dagegen, in denen es sich nicht fortpflanzen kann, nicht. Wurden die Zellen in der Kulturschale aber mit einer dauerhaft aktivierten PDK1 ausgestattet, wurden sie empfänglich für die Virusinfektion und die Virusvermehrung. Anders bei Krebszellen: In 36 Prozent von 70 untersuchten Glioblastom-Gewebeproben ist die PDK1 schon von vornherein phosphoryliert und damit dauerhaft aktiviert. So können sich die Viren vermehren und die Krebszellen zerstören. Mit der PDK1-Phosphorylierung haben die Forscher nun einen Biomarker entdeckt, der vorhersagen kann, welche Patienten von einer Parvovirus Therapie profitieren.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2015