Standpunkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Weckruf

10.11.2014 | Standpunkt

© Zeitler

Ärztemangel, wohin man schaut – mittlerweile hat er auch die Spitäler erfasst. Diensträder können nicht mehr besetzt werden, Ambulanzen müssen in der Nacht schließen, (kleinere) Krankenhäuser können bei Notfällen in der Nacht nicht mehr angefahren werden – weil es zu wenige Ärzte gibt. Was vereinzelt in entlegenen Regionen begonnen hat, greift mittlerweile auch auf Städte über.

Die Reaktionen der jeweiligen Bundesländer sind unterschiedlich: agieren, negieren, schweigen…

In der Steiermark hat man erkannt, dass sich die Rahmenbedingungen für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte insgesamt und im Zuge dessen auch die Honorierung verbessern müssen: So haben sich KAGes und Ärztekammer Steiermark auf bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Ausbildung für Jungärzte und ein attraktives Gehaltsschema geeinigt. Ähnliches dürfte sich auch in Salzburg abzeichnen. Ersten Gesprächen zwischen der Geschäftsführung der Salzburger Landeskliniken mit Ärztevertretern zufolge sollen etwa die Nachtdienste künftig besser bezahlt werden, um allfällige Gehaltseinbußen durch die Arbeitszeitbeschränkung zu kompensieren.

Die Beispiele aus diesen beiden Bundesländern können aber nur der Anfang einer Entwicklung sein, an deren Ende marktkonforme und leistungsgerechte Gehälter für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte in ganz Österreich stehen müssen.

Vorarlberg setzt auf seine Jungärzte. Mit der Gehaltsreform für Spitalsärzte im Jahr 2013 wurden deren Einstiegsgehälter um 22 Prozent angehoben. Dort hat man offensichtlich erkannt, dass Geld ein Grund ist, wie man junge Kolleginnen und Kollegen motivieren kann, in Österreich zu bleiben und hier die Ausbildung zu absolvieren. Was dabei auch nicht ganz unwesentlich ist: Es hat Zusicherungen gegeben, dass die Ausbildung besser wird. Ein Umstand, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte – stellt doch eine gute Ausbildungsqualität einen zentralen Faktor für die Arbeitszufriedenheit insgesamt dar.

Viele Medizin-Absolventen der österreichischen Universitäten lassen es gleich gar nicht so weit kommen: Sie ziehen es vor, Österreich unmittelbar nach der Promotion zu verlassen und die klinische Ausbildung vorzugsweise in Deutschland und der Schweiz zu absolvieren. Im Übrigen: Diese Entwicklung wird von den benachbarten Ländern freudig zur Kenntnis genommen – übernimmt doch Österreich die nicht unerheblichen Kosten für das Medizinstudium und lässt die Medizin-Absolventen dann einfach ziehen.

Lange genug sind die regional verantwortlichen Politiker untätig gewesen. Es ist an der Zeit, dass sie endlich aufwachen und attraktive Arbeitsbedingungen schaffen, damit man in Österreich als Spitalsarzt und Spitalsärztin tätig sein kann. Handelt die Politik jedoch weiterhin so wie bisher, ist sie auf dem besten Weg, die Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung auf’s Spiel zu setzen.

Harald Mayer
2. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2014