neu & aktuell: Politische Kurzmeldungen

25.01.2014 | Politik

Regierung: Kassenstrukturfonds verlängert

Entgegen den Ankündigungen im Zuge der Regierungsverhandlungen wird der Strukturfonds der Krankenkassen nun doch nicht gestrichen. Das Regierungsprogramm sieht vor, dass der zuletzt mit jährlich 40 Millionen Euro dotierte Fonds „über das Jahr 2015 hinaus weiterdotiert und auf seine Steuerungsfunktion überprüft“ werden soll. Außerdem soll die Gesundheitsreform fortgeführt, die wohnortnahe Versorgung gestärkt und die in der vergangenen Legislaturperiode gescheiterte Reform der Ärzteausbildung nun inklusive Lehrpraxis umgesetzt werden. Für Kinder und Jugendliche soll es künftig Kieferregulierungen, festsitzenden Zahnersatz sowie Mundhygiene als Kassenleistung geben.

Gesundheitssystem: Zugang koordinieren

Facharzt- und Ambulanzbesuche sind in Österreich vergleichsweise hoch; Gesundheit und Lebenserwartung steigen dadurch aber nicht. Das ergab eine Studie unter der Leitung von Kathryn Hoffmann vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Die hohen Kosten, die durch die fehlende Koordinierung im Gesundheitssystem entstehen, könnten durch eine Aufwertung der Hausärzte – wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen – vermindert werden. So würden mehr als 67 Prozent der Österreicher mindestens einmal jährlich einen Facharzt aufsuchen; in Norwegen seien es nur 17 Prozent, in den Niederlanden 12,8 Prozent. Auch würden viele Österreicher Fachärzte und Ambulanzen ohne Zuweisung durch den Hausarzt aufsuchen: Jeder sechste Patient, der einen Facharzt aufsucht und jeder elfte, der in die Ambulanz kommt, hat zuvor keinen Hausarzt konsultiert. Nicht nur die Kosten würden dadurch steigen; auch für die Patienten entstünden Nachteile etwa weil der Gesamtblick auf den individuellen Patienten verloren geht, so die Studienautoren.

USA: mehr Geld für Aids-Forschung

Die USA wollen in den kommenden drei Jahren zusätzlich weitere 100 Millionen Dollar (rund 73 Millionen Euro) in die Aids-Forschung investieren. Mit dem Geld, das aus bestehenden Töpfen umverteilt wird, soll die Suche nach einem Heilmittel forciert werden, wie die USamerikanische Regierung und die National Institutes of Health (NIH) mitteilten.

Madagaskar: Pest-Ausbruch

Mindestens 39 Menschen sind in den letzten Wochen im Norden von Madagaskar an der Pest gestorben; 86 haben sich infiziert. Seit  Jahren kommt es – vor allem in der Regenzeit, wenn unzählige Ratten in die Städte flüchten – immer wieder zu Pest-Ausbrüchen. Durch unangemessene Behandlung mit traditioneller Medizin hat sich die vorherrschende Beulenpest zur Lungenpest gewandelt.

China: noch strengeres Rauchverbot

Das Rauchen wird in China weiter eingeschränkt. So dürfen Regierungsvertreter auf Anordnung nicht mehr öffentlich rauchen – weder bei Anlässen noch in öffentlichen Verkehrsmitteln. Bestehende Regeln, die das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verbieten, wurden bislang kaum befolgt. In China gibt es mehr als 300 Millionen Raucher; Zigaretten sind das beliebteste Geschenk im Geschäftsleben.

Russland: Wodka wird teurer

Um den Alkoholmissbrauch zu bekämpfen, wird der Mindestpreis für Wodka in Russland um rund 17 Prozent auf mindestens Euro 4,40 pro Flasche erhöht; eine weitere Erhöhung folgt im August 2014. Schon zuvor wurden strengere Regeln für den Verkauf von Alkohol eingeführt, Steuern erhöht und Alkoholwerbung verboten. Rund ein Drittel der Todesfälle in Russland gehen auf Alkoholmissbrauch zurück.

IMS Health: Verfahren eingestellt

Das Verfahren gegen das Marktforschungsunternehmen IMS Health rund um die Weitergabe von Gesundheitsdaten, wurde eingestellt. IMS wurde im August 2013 vorgeworfen, Patientendaten unzulässig erworben und weitergegeben zu haben. Die zuständige Datenschutzkommission geht aber davon aus, dass keine Verletzung des Datenschutzes vorliegt. Ein vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten stellte fest, dass IMS Health „mit rechtlich zulässigen Mitteln“ keinen Personenbezug auf Basis der übermittelten Daten herstellen könne.

CT und MRT weiterhin mit E-Card

Nachdem die Tarifverhandlungen zwischen den Röntgen-Instituten und den Sozialversicherungen zunächst scheiterten und ein vertragsloser Zustand drohte, kam es Ende 2013 doch noch zu einer Einigung. Damit gibt es für fünf weitere Jahre CT- und MRT-Untersuchungen mit der E-Card. Die Deckelung der Untersuchungen bleibt zwar bestehen; es wurde aber eine Inflationsabgeltung für Ärzte beschlossen. Geeinigt hat man sich auch auf eine Einmalzahlung in der Höhe von 1,7 Millionen Euro sowie einen Innovationstopf für den medizinischen Fortschritt von 1,5 Millionen Euro. Beide Seiten zeigten sich mit dem Verhandlungs-Ergebnis zufrieden. Damit solle u.a. gesichert sein, dass die Wartezeiten auf Termine beim MRT, die derzeit sechs bis neun Wochen betragen, verkürzt werden.

Slowenien: Korruption im Gesundheitswesen

Mit Hausdurchsuchungen und Ermittlungen gegen renommierte Ärzte in fünf slowenischen Städten geht die Polizei gegen die Korruption in Krankenhäusern vor. Vier Abteilungsleiter und zwei Chirurgen – unter anderem aus den Universitätskliniken in Ljubljana und Maribor – sowie zwei Leiter von Krankenhaus-Apotheken sollen von Medizinprodukte-Lieferanten Schmiergelder erhalten haben. Für den Zuschlag bei Ausschreibungen sollen Provisionen von 10.000 bis 100.000 Euro auf speziell dafür eingerichtete Konten in Österreich, Deutschland und Kroatien bezahlt worden sein. Die Bestechungen sollen bereits in den Einkaufspreis der Medizinprodukte eingerechnet worden sein. Für das Gesundheitswesen sei dadurch ein Schaden von knapp 1,2 Millionen Euro entstanden. Vorerst konzentrieren sich die Ermittlungen auf Geschäfte seit dem Jahr 2008 in den Bereichen Orthopädie und Radiologie. In der Folge soll auch die Rolle der Krankenhausführungen untersucht werden.


ELGA: Opt-out seit Jahresbeginn möglich

Seit 2. Jänner 2014 gibt es unter www.gesundheit.gv.at das Zugangsportal zur Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Die bislang einzig verfügbare Option ist der Widerspruch zur Teilnahme. Grundsätzlich nimmt jede Person, die in Österreich krankenversichert ist, automatisch an ELGA teil. Seit Beginn des Jahres hat aber jeder die Möglichkeit, sich abzumelden – entweder generell oder für bestimmte Funktionen wie etwa die E-Medikation. Dies kann schriftlich mittels Formular zur „Willenserklärung“ (abrufbar unter www.gesundheit. gv.at) oder online erfolgen. Das Opt-out wird durch die Widerspruchsstelle beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger administriert; die ELGA-Ombudsstellen soll es ab Herbst 2014 geben.

Tabakgesetz: neuerliche Adaptierung

Nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es Nichtrauchern unzumutbar sei, auf dem Weg zur Toilette oder zum Hauptraum durch den Raucherbereich zu gehen, ist es in Österreich neuerlich zu einer Diskussion über ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie gekommen. Durch ein eigenes Bundesgesetz soll das Tabakgesetz nun „authentisch interpretiert“ werden. Damit soll – so die Verfassungssprecher Peter Wittmann (SPÖ) und Wolfgang Gerstl (ÖVP) – sichergestellt werden, dass Gästen ein kurzes Durchqueren des Raucherraums „sehr wohl zumutbar ist“. Wille und Ziel des Gesetzgebers bei der Beschlussfassung des Tabakgesetzes sei es gewesen, Lokalbesucher vor den Auswirkungen des Passivrauchens zu schützen. „Solche sind beim bloßen Durchqueren eines Raucherbereichs aber nicht anzunehmen“, heißt es in dem von den beiden Verfassungssprechern eingebrachten Gesetzesantrag.

Defekte Brustimplantate: Firmenchef verurteilt

Jean Claude Mas, Gründer der Firma PIP (Poly Implant Prothèse), die jahrelang Brustimplantate mit Industrie-Silikon füllte, wurde im ersten Strafprozess zu vier Jahren unbedingter Haft und 75.000 Euro Geldstrafe verurteilt; ebenso wurde ein Berufsverbot verhängt. Mas habe seine Kunden jahrelang bewusst getäuscht, so das Urteil des Gerichts. Vier weitere leitende Angestellte erhielten teilbedingte Haftstrafen. Die Schuldsprüche sind nicht rechtskräftig; Mas kündigte an, Berufung einzulegen. Der Firmengründer hatte zwar zugegeben, bewusst nicht zugelassenes, billiges Industrie-Silikon verwendet zu haben, bestreitet aber ein Gesundheitsrisiko. Weil diese Implantate schneller reißen, mussten sich Tausende Frauen weltweit Operationen unterziehen. Rund 7.400 Betroffene hatten sich dem Prozess als Privatbeteiligte angeschlossen.

Wartezeiten: ÖÄK fordert konkrete Schritte

Nach der Ankündigung von Gesundheitsminister Alois Stöger (S), „nicht zumutbare“ Wartezeiten durch mehr Transparenz verkürzen zu wollen, fordert die ÖÄK stattdessen konkrete Schritte. Die Verpflichtung zur Transparenz bei Wartezeiten sei schon seit 2011 Bundesgesetz, erklärt ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger. Außerdem habe die Darstellung der Wartezeit mit der Verkürzung überhaupt nichts zu tun. „Die Aufgabe der Gesundheitspolitik wäre es, die Wartezeiten zu verkürzen, das Operations-Angebot zu erweitern – von der Kapazität her“, so Wechselberger. Weiters müssten Leistungen im niedergelassenen Bereich erbringbar gemacht und 1.000 zusätzliche Planstellen geschaffen werden. Anstatt eine Liste mit Wartezeiten zu führen, müssten folgende Fragen gestellt werden: Wann ist diese Warteliste gegen Null geschrumpft? Und: Welche Maßnahmen sind dazu erforderlich?, so die Ansicht von Wechselberger.

Insult: Aufklärungsoffensive

Jährlich sterben in Österreich rund 4.500 Personen aufgrund eines durch Vorhofflimmern bedingten Schlaganfalls – obwohl ein großer Teil der schweren Schlaganfälle davon verhindert werden könnte. In der Praxis geht es dabei vor allem um ältere Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern, die aber nicht entsprechend eingestellt sind. Studien zufolge leiden rund zehn Prozent der über 80-Jährigen an Vorhofflimmern. Aber auch kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus und Rauchen können – ebenso wie Adipositas und Bewegungsmangel – aufgrund von artheriosklerotischen Veränderungen einen Insult verursachen.

Die Prävention von Insulten steht im Mittelpunkt einer breit angelegten Aufklärungsoffensive in den nächsten Wochen. In der „Österreichischen Ärztezeitung“ wird dazu ein „State of the Art-Artikel“ zum Thema „Vorhofflimmern“ veröffentlicht; ein Wartezimmerplakat sowie ein Folder für Arzt-Assistentinnen wird der ÖÄZ beigelegt. In einem Expertengespräch geht es um den konkreten Einsatz in der Praxis. Eine Pressekonferenz Anfang Feber, im Rahmen derer Ärztinnen und Ärzte als auch die Öffentlichkeit ein weiteres Mal auf diese Problematik aufmerksam gemacht werden, rundet diese Aufklärungsoffensive ab.

Kompetenzpartner dieser Aktivität sind die Österreichische Gesellschaft für Neurologie, die Österreichische Kardiologische Gesellschaft, die Österreichische Schlaganfall-Gesellschaft und die Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin.

*) Mit finanzieller Unterstützung von Bayer Austria GmbH und der Ärztebank.

AKH Wien: Nacht-Journaldienste gestrichen

Die Ärztekammer Wien stehe zu 100 Prozent hinter den Anliegen der medizinischen Belegschaft des AKH, erklärte deren Präsident, Univ. Prof. Thomas Szekeres. Wegen der Umsetzung der Betriebsvereinbarung zum KA-AZG (Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz) wurden an den Universitätskliniken der Medizinischen Universität Wien elf Nacht-Journaldienste gestrichen. Dadurch werde nicht nur die Patientenversorgung verschlechtert, sondern auch die Mitarbeiter würden zusätzlich belastet, so Szekeres. Dabei arbeite das medizinische Personal bereits jetzt am Limit. „Leider ist einmal mehr der Moment im AKH erreicht, wo man sagen muss: Es reicht!“, so Szekeres. Bei einer Betriebsversammlung am AKH wurden weitere Versammlungen und Protestmaßnahmen beschlossen.

Lehrgang: akademisch geprüfter Arbeitsmediziner

Die Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP) – vormals Akademie für Arbeitsmedizin (AAM) – bietet in Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz seit heuer erstmals Universitätslehrgänge in Arbeitsmedizin mit akademischem Abschluss an. Absolventen des Lehrgangs Arbeitsmedizin können darauf aufbauend ein Master-Studium (MSc) in „Arbeits- und Organisationsmedizin“ absolvieren. Der nächste Lehrgang beginnt mit 17. März 2014. Weitere Informationen gibt es unter www.aamp.at.


Frankreich: Klagen wegen HPV-Impfstoff

In Frankreich ist das Pharmaunternehmen Sanofi Pasteur MSD wegen des von ihm produzierten HPV-Impfstoffs Gardasil® mit mehreren Klagen konfrontiert. Nachdem eine 18-Jährige, die an Multipler Sklerose erkrankt ist, wegen mutmaßlicher schwerer Nebenwirkungen geklagt hatte, wollen sich drei Frauen anschließen. Sie leiden an Polymyositis und Hidradenitis und klagen auf fahrlässige Körperverletzung und wegen irreführender Werbung. Schon im März 2012 hatte eine Parlamentskommission weitergehende Untersuchungen empfohlen, weil zahlreiche Patienten die regionalen Kommissionen für die Entschädigung von Arzneimittelunfällen angerufen hatten. Im Fall der 18-Jährigen hatte eine solche Entschädigungskommission in einem Gutachten einen Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen und der Erkrankung festgestellt.

Großbritannien: Vernachlässigung von Patienten wird bestraft

Als Konsequenz rund um das Bekanntwerden von unhaltbaren Zuständen im britischen Krankenhaus in Stafford gilt die bewusste Vernachlässigung von Patienten in Großbritannien künftig als Straftat. Bis zu 1.200 Patienten des Krankenhauses waren zwischen 2005 und 2009 wegen der Vernachlässigung durch das Gesundheitspersonal gestorben. Ein Untersuchungsausschuss prangerte nach dreijährigen Ermittlungen an, dass etwa Bettlägerigen kein Essen ausgeteilt wurde, Kranke in verschmutzten Betten liegen oder aus Blumenvasen trinken mussten. Durch ein Reformpaket würde medizinisches Personal, das Patienten misshandle oder vernachlässige, künftig „die ganze Wucht des Gesetzes“ zu spüren bekommen, erklärte Premierminister David Cameron.

Wirtschaftskrise erhöht Alkohol- und Tabakkonsum

Wirtschaftskrisen reduzieren nicht wie bisher angenommen ungesunde Verhaltensweisen, wie eine kürzlich im „Tobacco Control“ veröffentlichte Studie ergab. Im Gegenteil: Die steigende Arbeitslosigkeit bewirkt auch eine Steigerung beim Tabak- und Alkoholkonsum. So ist etwa in den USA die Zahl der Raucher seit 2008 um rund 600.000 gestiegen. Die Wissenschafter zogen für ihre Studie Umfragedaten der CDC (Centers for Disease Control) über Risikofaktoren von rund zwei Millionen Personen zwischen 2005 und 2010 heran. Auch in Griechenland steigt – vor allem unter Jugendlichen – der Konsum von Alkohol und Drogen, wie eine Studie des griechischen Universitätsinstituts für seelische Gesundheit ergab. Fast die Hälfte der 15- bis 19-Jährigen gab an, mindestens einmal im Monat „übermäßig“ Alkohol zu trinken. Sieben von zehn Schülern haben schon einmal Marihuana oder ähnliche Substanzen konsumiert. Aufgrund der drohenden Staatspleite wurden immer wieder Steuern erhöht und Ausgaben gekürzt; die Sozialleistungen beispielsweise wurden in den vergangenen vier Jahren um 26 Prozent gesenkt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2014