Pflegegeldbegutachtung: Auch künftig: überwiegend von Ärzten

10.02.2014 | Politik

Der Großteil der Pflegegeldbegutachtungen wird auch in Zukunft von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Das ist das Ergebnis eines Spitzen-Gesprächs zwischen Sozialminister Rudolf Hundstorfer und ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger. Von Agnes M. Mühlgassner

Von einem Erfolg für die Ärztinnen und Ärzte, die in der Pflegegeldbegutachtung tätig sind, kann die ÖÄK berichten: Von den monatlich rund 10.000 Pflegegeldbegutachtungen in Österreich werden auch künftig jedenfalls drei Viertel von Ärzten durchgeführt. Das hat ein Gespräch mit dem zuständigen Sozialminister ergeben, wie ÖÄKPräsident Artur Wechselberger erklärt: „Minister Hundstorfer hat zugesagt, dass ein Großteil, nämlich rund 7.500 Pflegegeldbegutachtungen, weiterhin von Ärzten durchgeführt werden sollen und hier nicht an eine Änderung gedacht ist.“

Bei den 10.000 Begutachtungen für das Pflegegeld handelt es sich in rund der Hälfte der Fälle um Erstbegutachtungen, die ohnehin ausschließlich von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden. Von den übrigen 5.000 befasst sich rund die Hälfte der Gutachten mit Umstufungen von Stufe 1 auf 2 oder von 2 auf 3; diese Begutachtungen werden auch künftig „jedenfalls von Ärzten durchgeführt“ wie Wechselberger betont.

Diesem Spitzengespräch vorausgegangen war eine Diskussion unter den Pflegegeld-begutachtenden Ärzten, darüber, dass mit Feber 2014 im Rahmen eines Pilotprojekts die Ausweitung dieser Begutachtung durch diplomierte Pflegefachkräfte startet. So soll etwa den Pflegefachkräften die Begutachtung bei Erhöhungsanträgen ab der Pflegestufe 3 übertragen werden. „Ich denke, dass mit der Zusage des Ministers, dass der überwiegende Teil der Begutachtungen weiterhin durch Ärzte erfolgen soll und im Laufe dieser Regierungsperiode laut den Aussagen des Ministers keine Änderung geplant ist“, eine Klarstellung erzielt werden konnte“, betont Wechselberger zusammenfassend.

In Österreich erstellen mehr als 1.000 Ärztinnen und Ärzte Pflegegeldgutachten; für die PVA sind rund 600 Ärzte freiberuflich tätig. Christina Nausch – sie ist niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Wien erklärt, warum es von zentraler Bedeutung ist, dass diese Untersuchung durch einen Arzt erfolgt: „Die fünf Punkte Anamnese, Untersuchung, Diagnostik, Kausalität und Prognose können aus fachlicher Sicht, aus Sicht der Ausbildung und wohl auch nach der derzeitigen Gesetzeslage nur Ärztinnen und Ärzte korrekt erheben und beurteilen.“

Außerdem seien es Ärzte, die den kausalen Zusammenhang zwischen Diagnose, Klinik, Funktionseinschränkungen mit dem daraus resultierenden Pflegebedarf aufgrund ihrer Erfahrung herausarbeiten, so „wie es erfahrenen Ärzten möglich ist“, sagt Nausch. Seit mehr als 20 Jahren ist sie bereits als Gutachterin in diesem Bereich tätig und „viele Kollegen üben diese Tätigkeit ebenso wie ich hauptberuflich aus“.

Den Vorwurf, Ärzte würden Gutachten nur flüchtig erstellen, weist Nausch zurück: „Allein für die Anamnese und die Befunde benötigt auch ein erfahrener Gutachter mindestens eine halbe Stunde inklusive Untersuchung. Damit ist es aber nicht getan, denn danach muss erst das Gutachten erstellt werden.“

Laut Statistik Austria lag im Jahresdurchschnitt 2012 die Zahl der Bundespflegegeldbezieherinnen und -bezieher bei 440.622 Personen; der Jahresaufwand für 2012 betrug rund 2,42 Milliarden Euro. Der überwiegende Teil der Pflegegeldbezieher findet sich in den unteren Stufen. So entfielen Ende 2011 auf die ersten drei Stufen 70 Prozent der Pflegegeldbezieher; der Rest auf die höheren Stufen. Im Zeitraum von 2001 bis 2011 hat die Zahl der Bundes-Pflegegeldbezieher um 27,1 Prozent (79.200 Personen) zugenommen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2014