Kommentar – Dr. Lukas Stärker: Patientenanwaltschaft und Ärztekammer:Teilweise idente Ziele

10.05.2014 | Politik

Patientenanwaltschaft und Ärztekammer: Teilweise idente Ziele

In letzter Zeit hatte man oft den Eindruck, dass Patientenanwälte und Ärztekammer nie einer Meinung sein könnten. Dies ist jedoch nicht immer so.
Von Lukas Stärker*

Konkret soll das an drei Beispielen, bei denen die Interessenlage von Patientenanwaltschaften und Ärztekammern an sich ident ist, gezeigt werden.

Beispiel I: Dienstdauer und Arbeitszeithöchstgrenzen in den Spitälern
Trotz gesetzlicher Maximalarbeitszeitregelungen im KA-AZG kommt es in Österreich nach wie vor zu häufigen Überschreitungen dieser Arbeitszeithöchstgrenzen, meist aufgrund zu geringer ärztlicher Personalausstattung. Dass überlange Dienstzeiten, gepaart mit Dauerstress und fehlenden Erholungsphasen dem Arbeitnehmer- und dem Patientenschutz nicht förderlich sind, ist evident. Hier haben Patientenanwaltschaft und Ärztekammer idente Interessen, die wie folgt lauten: Die gesetzlichen Arbeitszeithöchstgrenzen sind einzuhalten; sie dienen dem Schutz der Patientinnen und Patienten sowie der Ärztinnen und Ärzte gleichermaßen.

Beispiel II: Ärztliche Ausbildung
Seit Jahren versucht die ÖÄK, die ärztliche Ausbildung zu verbessern, etwa durch verpflichtende Lehrpraxiszeiten, Wegfall unnötiger administrativer Tätigkeiten, die Klarstellung, dass Tätigkeiten des mitverantwortlichen Tätigkeitsbereichs nach § 15 GuKG im Routinefall durch Angehörige der GuK-Berufe durchzuführen sind etc.

Turnusärztinnen und Turnusärzte sollen während des Turnus die Ausbildungsinhalte erlernen und nicht als billige Systemerhalter Geld sparen helfen. Eine gute Ausbildung sichert die künftige Behandlungsqualität und ist jedenfalls im Interesse der Patienten.

Beispiel III: Administrativer Aufwand
Aufgrund zunehmender Belastung durch einen stetig steigenden Dokumentationsaufwand, zunehmende Bürokratie, zunehmende Arbeitsbelastung, unattraktive Arbeitsbedingungen in den Spitälern („viel Bürokratie, wenig Medizin“), familienfeindliche Ausbildungsmodelle und Arbeitsbedingungen – besonders für Frauen -, Fehlen entsprechender Teilzeitmodelle, Fehlen von Karrieremöglichkeiten in den Spitälern durch kontinuierlichen Abbau der Führungsebenen wird die Attraktivität des Arztberufes speziell für junge Ärzte immer mehr in Frage gestellt. Gute Arbeitsbedingungen sind aber die Voraussetzung für gute Arbeit und somit gute Patientenversorgung.

Auch bei den Punkten „Ausbildung und Dokumentation“ besteht eine übereinstimmende Interessenlage zwischen Patientenanwaltschaft und Ärztekammer:

  1. Der ärztliche Nachwuchs soll bestens ausgebildet werden. Hier geht es darum, dass die beste Medizin auch in Zukunft gewährleistet sein muss!
  2. Ärztinnen und Ärzte sind kein Verwaltungspersonal und die Turnuszeit dient der Ausbildung. Daher sollen in dieser Zeit die Turnusärzte möglichst viel „Medizin machen“ und lernen. So ver(sch) wenden die Turnusärztinnen und Turnusärzte laut einer vom IFES-Institut im Auftrag der Bundeskurie Angestellte Ärzte durchgeführten Umfrage bereits jetzt etwa die Hälfte ihrer gesamten Arbeitszeit für Dokumentationszwecke.
  3. Spitalsärztinnen und Spitalsärzte haben den Arztberuf ergriffen, da sie „Medizin machen“ und damit Menschen helfen wollen. Die Rahmenbedingungen sind daher so zu gestalten, dass sie auch dazu kommen und nicht in Dokumentation und Administration untergehen.

III. Warum schweigt ihr hier?
Die genannten Punkte haben beziehungsweise werden sich – zumindest indirekt – auf die künftige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung beziehungsweise die Patienten auswirken.

Unverständlicherweise zeigt sich bei den genannten Punkten trotz identer Interessenlage praktisch kein Engagement von Seiten der bei anderen Punkten durchaus aktiven Patientenanwaltschaften. Sehr geehrte Patientenanwältinnen und Patientenanwälte: Warum schweigt ihr hier?


*) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2014