Kommentar – Dr. Lukas Stärker: Stellung des Arztes im Gesundheitswesen: Spezielle Position

25.04.2014 | Politik

Ärztinnen und Ärzte hatten und haben sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Gesellschaft eine ganz spezielle Position inne und genießen – wie diverse Umfragen laufend zeigen – höchstes Vertrauen. Versuche, Ärzte zu degradieren, sind aus vielen Gründen kontraproduktiv. Von Lukas Stärker*

Immer wieder wird diese Position jedoch von Seiten der Politik infrage gestellt oder versucht, zu relativieren. Dies beginnt einerseits mit dem Versuch einer sprachlichen Abwertung der Ärztin beziehungsweise des Arztes zum bloßen „Gesundheitsdiensteanbieter“ – kurz GDA -, setzt sich mit der Bezeichnung der Medizin als bloßer Dienstleistung – wie alle anderen Dienstleistungen auch – bis hin zum Versuch, Medizin planbar, überprüfbar und kontrollierbar zu machen, fort und endet beim Versuch, Ärztin und Arzt als Teil eines Gesundheitsleistung-erbringenden Kollektivs zu sehen und ihr/ihm „Health-Care-Manager“ vor die Nase zu setzen.

Degradierung ist kontraproduktiv

Derartige Versuche sind jedoch aus folgenden Gründen verfehlt:

  • Zum einen ist eine ärztliche Behandlung mehr als ein Gewerbe oder eine bloße Dienstleistung, und als solche daher auch nicht mit zum Beispiel der Reparatur einer Uhr oder Vermögensberatung vergleichbar, geht es doch stets um eines der höchsten Güter des Menschen, dessen Gesundheit und weiters nicht um den bloßen „Verkauf“.
  • Ärztinnen und Ärzte sind zudem verantwortlich für den medizinischen Kernprozess, d.h. die wichtigsten Tätigkeiten. Mit anderen Worten: Ohne Ärzte gibt es kein Spital und keine ärztliche Ordination.
  • Health-Care-Manager können aufgrund des fehlenden medizinischen Wissens keine Prozess-relevanten medizinischen Entscheidungen treffen, sind daher diesbezüglich auf Ärztinnen und Ärzte angewiesen und somit oft fehl am Platz beziehungsweise eine weitere administrative Arbeitserschwerung.
  • Ärztinnen und Ärzte leisten medizinische Behandlungen, das heißt individuelle Maßarbeit auf höchstem Niveau nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens. Dies ist aufgrund der Individualität des Menschen nicht durchgängig automatisierbar, durchgängig standardisierbar und durch Checklisten abarbeitbar (dies ist kein Plädoyer gegen Qualitätssicherung, aber eines gegen die Banalisierung der Medizin zu einem „Routine-Programm“).

Daher gilt es, die Führungsrolle der Ärztinnen und Ärzte schon im eigennützigen Patienteninteresse zu erhalten. Nachjustierungsbedarf besteht hinsichtlich eines gesamthafteren Ansatzes der Behandlungen samt sinnvoller Kombination mit den individuell erforderlichen ärztlichen Spezialisten.

Freier Beruf

Ärztinnen und Ärzte sind weiters Angehörige eines freien Berufs. Daraus folgt eine natürliche Sonderrolle der Ärztinnen und Ärzte sowie deren Recht und Pflicht, diese zu entwickeln. Gerade dieses „Mehr“ der Medizin gegenüber Gewerbe oder anderen Dienstleistungen rechtfertigt auch Beschränkungen und Reglementierungen hinsichtlich Werbung und Verkauf. Weiters ist für dieses besondere, von großem Vertrauen getragene Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten eine entsprechende Unabhängigkeit der Ärztinnen und Ärzte erforderlich.

Hinzu kommt noch die Eigenverantwortlichkeit der Berufsausübung: Ärztinnen und Ärzte sind den Patientinnen und Patienten, dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaften und ihrem Gewissen verantwortlich. Daraus folgt auch eine Verantwortung des Berufsstandes sowie der deren Interessen vertretenden ärztlichen Standesvertretung in beziehungsweise gegenüber der Gesellschaft.

Gesetzliche Interessenvertretung

Der Staat hat sich weiters dafür entschieden, durch Gesetz eine unabhängige Interessenvertretung der Ärztinnen und Ärzte, die Ärztekammer, einzurichten. Auch aus dem gesetzlichen Auftrag zur Vertretung der Interessen der Ärztinnen und Ärzte durch die Ärztekammer folgt eine klare Pflicht zum Engagement zugunsten der Ärztinnen und Ärzte – unabhängig davon, ob dies den jeweiligen Politikern gerade passt. Ein Ausschluss der Ärztekammer von politischer Seite an der Mitwirkung ist daher sowohl inhaltlich, als auch staatssystematisch verfehlt, da aus der Einrichtung der ärztlichen Interessenvertretung als Kammer sowohl Pflicht als auch Verantwortung und Recht zum Engagement folgen.

*) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2014