Arznei & Vernunft: COPD: Prävention statt Therapie

10.09.2014 | Politik

Es sind rund 400.000 COPD-Betroffene in Österreich, die, wie der medizinische Vorsitzende der Expertengruppe von Arznei & Vernunft, Univ. Prof. Ernst Singer, ausführte, „behandlungsbedürftig sind“ (Stufen 2 bis 4). Dabei noch nicht berücksichtigt sind all jene, die zwar noch keine Symptome haben, allerdings schon als Stufe 1 zu qualifizieren sind. Womit die tatsächliche Zahl der Betroffenen bei rund einer Million liegen dürfte. Was den Pharmakologen Singer im Zuge der Erstellung der Leitlinie COPD am meisten verwundert hat: „Dass mehr als 50 Prozent des therapeutischen Erfolgs durch das Aufhören mit dem Rauchen zu erzielen sind.“

Zusammenarbeit passiert jetzt schon

Karl Forstner (1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer), Max Wellan (Präsident der Österreichischen Apothekerkammer), Hans-Jörg Schelling (damals Verbandsvorsitzender des Hauptverbandes) und Robin Rumler (Präsident der Pharmig) erläuterten jeweils aus ihrer Perspektive bei einer Pressekonferenz Ende August in Wien die Bedeutung der aktuellen Leitlinie. Bei COPD handle es sich – so Forstner – um eine Erkrankung, die in neun von zehn Fällen durch ein vermeidbares Agens ausgelöst werde – „das ist ein zentraler Ansatzpunkt, um diese Erkrankung zu vermeiden“. Mindestens ebenso wichtig sei jedoch auch die Früherkennung; hier käme der hausärztlichen Versorgung eine zentrale Rolle zu. „Das ist bereits heute so und muss auch in Zukunft noch verstärkt werden“, wie Forstner betonte. Allerdings: Die Spirometrie ist in Österreich in zwei Bundesländern – Wien und Kärnten – keine Kassenleistung, so seine Kritik. Überdies sei die aktuelle Leitlinie „ein gutes Beispiel dafür, dass die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen nicht nur in Zukunft stattfindet, sondern schon jetzt passiert“.

Pharmig-Präsident Robin Rumler skizzierte die finanzielle Dimension der COPD: „Sie gehört zu den fünf Erkrankungen, die 80 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen verursachen.“ Da das Rauchen in der überwiegenden Zahl der Fälle der Verursacher ist, „wünschen, ja fordern wir eine Verschärfung des Nichtraucherschutzes“. Soll künftig die Lebenserwartung weiter steigen, „gehört dazu auch der Nichtraucherschutz“. Handlungsbedarf sieht er vor allem bei jugendlichen Rauchern gegeben. Hier nimmt Österreich im europäischen Vergleich die Spitzenposition bei den unter 15-jährigen Rauchern ein. Nicht viel besser ist das Ranking im Tobacco Control Scale: Von 34 gelisteten Staaten nimmt Österreich den letzten Platz ein. An der Spitze steht das Vereinigte Königreich; die Türkei liegt auf Rang fünf.

Die Kosten für chronische Erkrankungen waren auch ein zentrales Thema in den Ausführungen von Hauptverbandschef Hans-Jörg Schelling. In der Sozialversicherung rechne man damit, dass künftig rund 80 Prozent der Ausgaben durch chronische Erkrankungen bedingt sein werden. Aktuell sind es rund 140 Millionen Euro pro Jahr, die für Arzneimittel bei COPD ausgegeben werden. In puncto Lebenserwartung ortet Schelling die Problematik nicht bei der Erhöhung der Zahl der Lebensjahre, sondern vor allem bei den gesunden Lebensjahren. Und weiter: „Unser Ziel ist es, diese zu erhöhen.“ Denn von einer höheren Lebenserwartung allein habe man nichts, „wenn Sie ein Drittel des Lebens krank sind.“

Die Apotheken bieten den Aussagen ihres Präsidenten Max Wellan zufolge bei der Raucherberatung „schon jetzt sehr viel an“. Die Nikotinersatztherapie sei in vielfacher Weise verfügbar – als Kaugummi, Spray, Pflaster, Sublingualtablette oder Inhalator – und bedürfe auch entsprechender Erklärungen. So wird etwa in fünf Prozent der Fälle vergessen, die Schutzkappe des Inhalators abzuziehen… Unterstützung auf andere Art und Weise bieten die Apotheken mit den 27 Sauerstofftankstellen für Personen mit mobilen Sauerstoffgeräten. „Das hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun“, so Wellan.

Tipp:

Die Leitlinie und der Informationsfolder für Patienten stehen unter www.arzneiundvernunft.at zum Download zur Verfügung.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2014