Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ärz­ten und Phar­ma­in­dus­trie: Noch mehr Transparenz

25.09.2014 | Politik

Ein Book­let, das die Regeln der Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ärz­ten und Phar­ma­in­dus­trie – basie­rend auf dem Ärzt­li­chen Ver­hal­tens­co­dex sowie auf dem Ver­hal­tens­co­dex der Phar­mig – beschreibt, haben Ver­tre­ter der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und der Phar­mig kürz­lich in Wien prä­sen­tiert. Von Agnes M. Mühlgassner

In ihrem jewei­li­gen Ver­hal­tens­co­dex haben sowohl Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer als auch Phar­mig (Ver­ei­ni­gung der phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie) neu­er­lich Adap­tie­run­gen vor­ge­nom­men – unter ande­rem im Hin­blick dar­auf, wie künf­tig die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ärz­ten und Phar­ma­in­dus­trie erfol­gen kann und soll. In einem Book­let wird in acht Abschnit­ten über die Berei­che Arz­nei­mit­tel, Ver­an­stal­tun­gen, Bewir­tung, nicht-inter­ven­tio­nelle Stu­dien, Abga­ben bezie­hungs­weise Annahme von Ärz­te­mus­tern, Leis­tungs­aus­tausch, Vor­teile sowie Trans­pa­renz infor­miert. Siehe dazu auch den Bei­trag „Fort­bil­dung und Phar­ma­in­dus­trie: Trans­pa­rente Struk­tu­ren“ (ÖÄZ 15–16 vom 15. August 2014).

Den Ärzt­li­chen Ver­hal­tens­co­dex gibt es bereits seit 2005, wie ÖÄK-Prä­si­dent Artur Wech­sel­ber­ger bei der Prä­sen­ta­tion des Book­lets kürz­lich in Wien erklärte. „Hier gibt es regel­mä­ßig Adap­tie­run­gen. Erst im Juni die­ses Jah­res hat die Voll­ver­samm­lung der ÖÄK eine Ände­rung beschlos­sen.“ Für den Arzt ver­bind­lich ist nur der Ärzt­li­che Ver­hal­tens­co­dex. Zu den Auf­ga­ben der Inter­es­sen­ver­tre­tung gehöre es auch, die Unab­hän­gig­keit und Unbe­ein­fluss­bar­keit der Ärzte zu gewähr­leis­ten, wie Wech­sel­ber­ger wei­ter aus­führte. „Die ÖÄK erlässt den Codex als ver­bind­li­che Ver­ord­nung. Das ist ein Teil der Qua­li­täts­ar­beit der Ärzte.“ Wich­tig sei dabei auch die schrift­li­che Doku­men­ta­tion, um das auch nach außen auf­zei­gen zu kön­nen und damit die Unab­hän­gig­keit über­prüft wer­den könne. Was für den ÖÄK-Prä­si­den­ten klar ist: „Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ärz­ten und der phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie ist sowohl im wis­sen­schaft­li­chen Bereich als auch im Anwen­dungs­be­reich not­wen­dig, denn sonst gibt es keine Neuerungen.“

Phar­mig-Prä­si­dent Robin Rum­ler zur Adap­tie­rung des Phar­mig-Ver­hal­tens­co­dex – den es übri­gens schon seit 1970 gibt: „Man muss Leit­li­nien der inter­na­tio­na­len Ent­wick­lung anpas­sen.“ Und zum Stel­len­wert der phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie ins­ge­samt erklärte er: „2013 hat es 81 neue Arz­nei­mit­tel in Europa gege­ben, davon waren 37 mit einem kom­plett neuen Wirk­stoff.“ Rund 1,5 Mil­li­ar­den Euro seien für die Ent­wick­lung eines neuen Medi­ka­ments erfor­der­lich. Die phar­ma­zeu­ti­sche Indus­trie beginne „heute mit den Arbei­ten für Mor­gen“, wie Rum­ler erklärte. Das sind die Medi­ka­mente, die 2025 auf den Markt kom­men. In der Phar­ma­in­dus­trie gehen dem­nach 14,4 Pro­zent vom Gesamt­um­satz in For­schung und Ent­wick­lung. Der durch­schnitt­li­che Wert in ande­ren Bran­chen dafür liege bei drei bis vier Prozent.

„Wir haben unsere Regel­werke noch trans­pa­ren­ter gemacht“, fügte Phar­mig-Gene­ral­se­kre­tär Jan Oli­ver Huber hinzu. Ziel sei es, „jeg­li­chen Anschein eines Inter­es­sens­kon­flikts zu ver­mei­den“ und es gehe auch um die Stär­kung des Ver­trau­ens der Pati­en­ten in das Gesund­heits­we­sen. Was künf­tig trans­pa­rent gemacht wer­den muss? Wenn der Arzt einen Vor­trag für ein phar­ma­zeu­ti­sches Unter­neh­men hält, wenn der Arzt ein­ge­la­den wird, im wis­sen­schaft­li­chen Bei­rat eines Unter­neh­mens tätig zu sein, wenn die Kos­ten für Fort­bil­dung von der Phar­ma­firma über­nom­men wer­den – zählte Huber einige Bei­spiele auf.

Anrech­nung von Fortbildung

„Fort­bil­dung ist teuer“, betonte der Prä­si­dent des wis­sen­schaft­li­chen Bei­rats der Öster­rei­chi­schen Aka­de­mie der Ärzte und Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Ober­ös­ter­reich, Peter Nie­der­mo­ser. Und wei­ter: „Eigent­lich wäre es die Auf­gabe des Dienst­ge­bers, diese Kos­ten zu über­neh­men.“ Schließ­lich seien die Ärzte eine der weni­gen Berufs­grup­pen in Öster­reich, die vom Gesetz­ge­ber zur Fort­bil­dung ver­pflich­tet seien. Schon bis­lang habe es Rege­lun­gen gege­ben, wann es für Fort­bil­dung auch anre­chen­bare Fort­bil­dungs­punkte gibt. So müs­sen die Inhalte unab­hän­gig von wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen sein; der Spon­sor nimmt kei­nen Ein­fluss auf den Inhalt. Auch dürfe der Spon­sor den Vor­tra­gen­den nicht aus­wäh­len; der Spon­sor dürfe auch die Fort­bil­dungs­un­ter­la­gen nicht beein­flus­sen. „Pro­dukt­schu­lung ist mög­lich, aber dafür gibt es keine Fort­bil­dungs­punkte“, wie Nie­der­mo­ser betonte. Der Spon­sor könne das Thema vor­schla­gen und auch Wer­be­ma­te­rial auf­le­gen. Auf den Fort­bil­dungs­un­ter­la­gen kön­nen Name und Logo der unter­stüt­zen­den Firma genannt wer­den. Er sei froh, mit der Phar­mig hier Unter­stüt­zung zu haben, damit das „ganz trans­pa­rent ist“, wie der Aka­de­mie-Prä­si­dent betonte. „Ich möchte in ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen diese Trans­pa­renz haben“, so Nie­der­mo­ser abschließend.

Der Phar­mig-Ver­hal­tens­co­dex

Seit Juli die­ses Jah­res ist der Phar­mig-Ver­hal­tens­co­dex in Kraft. Er gilt für alle Informations‑, Werbe- und Mar­ke­ting­ak­ti­vi­tä­ten für Arz­nei­mit­tel, für Wer­bung in Print und elek­tro­ni­schen Medien, Aus­sen­dun­gen und Ver­an­stal­tun­gen. Neben all­ge­mei­nen Grund­sät­zen über Arz­nei­mit­tel geht es dabei um Wer­bung für Arz­nei­mit­tel, Infor­ma­tion und Wer­bung über das Inter­net, Ver­an­stal­tun­gen für Ange­hö­rige von Fach­krei­sen wie zum Bei­spiel Ärzte, um Trans­pa­renz ebenso auch wie um die Zusam­men­ar­beit mit Pati­en­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen, zu Gewinn­spie­len, Mit­ar­bei­ter in phar­ma­zeu­ti­schen Unter­neh­men, Kli­ni­sche Prü­fun­gen sowie Ver­stöße gegen das Arzneimittelgesetz.

Die Offen­le­gung aller Leis­tun­gen erfolgt ein­mal jähr­lich, spä­tes­tens sechs Monate nach dem Ende des Berichts­zeit­rau­mes; erst­mals für das Kalen­der­jahr 2015. Die Offen­le­gung selbst erfolgt auf einer öffent­lich zugäng­li­chen Home­page in der Ver­ant­wor­tung der phar­ma­zeu­ti­schen Unternehmen.

Tipp:

Der Ärzt­li­che Ver­hal­tens­co­dex der ÖÄK steht unter www.aerztekammer.at/Kundmachungen zum Down­load zur Verfügung.

Den Ver­hal­tens­co­dex der Phar­mig gibt es unter www.pharmig.at/Verhaltenscodex.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2014