neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

10.10.2014 | Medizin

Hilfsbereitschaft ist eine stabile Eigenschaft

Wer einmal selbstlos hilft, tut es immer wieder. Jeder Mensch hat einen stabilen „Kooperations-Phänotyp“, der mit Spieltheorie-Experimenten ermittelt werden kann. Das haben US-amerikanische Forscher um Studienleiter David Rand vom Department of Psychology der Universität Yale herausgefunden. Sie ließen dieselben Studienteilnehmer online verschiedene Spiele spielen: Bei einem Spiel sollte man kooperieren, bei einem anderen Egoismus bestrafen sowie bei einem weiteren seinen Ehrgeiz beweisen. Dabei korrelierten die Entscheidungen der einzelnen Teilnehmer in den verschiedenen Kooperationsspielen; unabhängig davon waren aber die Vorlieben für Strafaktionen und der Ehrgeiz. Ein weiteres Ergebnis: Teilnehmer, die online oft kooperierten, waren auch im wirklichen Leben hilfsbereiter. Nach dem offiziellen Versuchsende wurden die Teilnehmer um Feedback in Form eines (fingierten) Fragebogens gebeten; kooperationsbereite Spieler nahmen sich auch dafür Zeit. „Der Kooperations-Phänotyp erstreckt sich über die Spielwelt hinaus in das tatsächliche Hilfestellungs-Verhalten“, so das Resümee der Forscher.
APA/Nature Communications

Insulinpumpen verringern Mortalität

Die Ergebnisse ihrer Studie sprechen für den Einsatz von Insulinpumpen bei Typ 1-Diabetikern – Sofia Gudbjörnsdottir von der schwedischen Universität Göteborg und Co-Autoren präsentierten die Daten beim EASD-Kongress (European Association for the Study of Diabetes) im September in Wien. Für die Studie wurden die Daten von 18.000 Typ 1-Diabetikern ausgewertet; 2.441 von ihnen hatten Insulinpumpen, in der Vergleichsgruppe kamen bei den anderen Betroffenen Insulin-Pens zum Einsatz. Fazit: Die Gesamtmortalität war in der Gruppe derjenigen, die Insulinpumpen verwendeten, um 29 Prozent niedriger. Die Häufigkeit von tödlich verlaufenden Herz-Kreislauferkrankungen war sogar um 43 Prozent geringer.
APA

Europa: Insulin-Biosimilar zugelassen

Die Europäische Kommission hat kürzlich das erste Biosimilar Insulin-Analogon zugelassen. Abasria wurde in Kooperation von zwei Pharmafirmen entwickelt und kann bei der Therapie von Diabetes Typ I und II eingesetzt werden. In den USA hat die Aufsichtsbehörde FDA (Food and Drug Administration) eine vorläufige Zulassung erteilt; Patentstreitigkeiten könnten die Zulassung bis 2016 hinauszögern.

Depressionen: 50 Prozent der Krebspatienten betroffen

Je nach Art der Krebserkrankung leiden bis zu 50 Prozent der Krebspatienten auch an Depressionen. Das wirke sich negativ auf Therapie und Krankheitsprognose aus, erklärte Georg Psota, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP). Eine „routinemäßige Untersuchung auf eine mögliche Depression“ müsse Teil der Versorgung von Krebspatienten sein.
APA


Netzhaut-Chip: Blinde sehen schwarz-weiß

Die Universitätsaugenklinik Tübingen hat einen Netzhaut-Chip entwickelt, mit dem Menschen, die an Retinitis pigmentosa leiden, wieder Schwarz-Weiß-Bilder sehen können. Der drei mal drei Millimeter kleine Chip ist 0,1 Millimeter dick und wird direkt unter die Netzhaut implantiert. 70 Prozent der Patienten profitieren von diesem Kamera-Chip. Voraussetzung: Die innere Netzhaut muss noch intakt sein.
APA


Zervixkarzinome: neun HPV-Subtypen

85 Prozent der Zervixkarzinome werden durch neun Subtypen des Humanen Papilloma-Virus (HPV) verursacht. Das ergab eine internationale Studie unter Mitarbeit von Gynäkologen des Wiener AKH. Derzeitige HPV-Vakzine decken 70 Prozent der dadurch bedingten Erkrankungen ab. Mit dem neuen Neunfach- Impfstoff soll die Schutzwirkung auf 85 Prozent erhöht werden.
APA

Knochenmetastasen beim Mamma-Ca: oft zu spät erkannt

Bei knapp der Hälfte aller Frauen, die an einem Mammakarzinom leiden und eine Fraktur aufgrund von Knochenmetastasen erleiden, werden diese oft erst aufgrund der Fraktur diagnostiziert. Wissenschafter der Universität Basel haben beim europäischen Schmerzkongress, der Ende September in Madrid stattfand, eine Studie präsentiert. Die Forscher analysierten dafür die Daten aus der „Basel Breast Cancer Database“ von 363 Frauen mit Brustkrebs, die in einem Zeitraum von 22 Jahren Fernmetastasen entwickelten. In dieser Gruppe hatten 254 Frauen Knochenmetastasen; 36 von ihnen (14,2 Prozent) erlitten eine pathologische Fraktur. Dazu Studienautor Marcus Vetter: „Alarmierend war die hohe Anzahl an pathologischen Frakturen als Erstmanifestation der metastasierten Brustkrebs-Erkrankung.“
APA

Statine gegen Thrombosen bei Karzinompatienten

Ein Team von Wissenschaftern um Cihan Ay von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie der Universitätsklinik für Innere Medizin der Medizinischen Universität Wien hat 1.434 Patienten mit der neu gestellten Diagnose Krebs im Durchschnitt fast zwei Jahre lang beobachtet. Bei 107 (7,5 Prozent) von ihnen kam es zu einer venösen Thromboembolie. Bei den 170, die regelmäßig Statine einnahmen, war das Risiko um 57 Prozent geringer. Die Karzinompatienten, die auch Statine nahmen, hatten – auf ein Jahr gerechnet – zu 2,94 Prozent embolische Ereignisse (Vergleichsgruppe: 7,13 Prozent); innerhalb von zwei Jahren lag die Häufigkeit bei 3,54 Prozent (Vergleichsgruppe: 8,13 Prozent). Laut den Wissenschaftern müsste in prospektiven Studien untersucht werden, ob der Einsatz von Statinen bei Krebspatienten auch zur Prophylaxe von Thromboembolien sinnvoll ist.
APA/Thrombosis Research

Morbus Parkinson: Ausbreitungsprozess erklärt

Was bisher nur in experimentellen Modellen beobachtet wurde, hat ein internationales Forscherteam um Gabor Kovacs vom Klinischen Institut für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck erstmals beim Menschen nachgewiesen. Normalerweise ist das Protein alpha- Synuclein im menschlichen Gehirn vorhanden; es tritt bei M. Parkinson und Lewy-Demenz in einer krankhaft veränderten Form auf. Im Rahmen der Studie konnte gezeigt werden, dass menschliche Nervenzellen pathologisches alpha- Synuclein aufnehmen und sich die Krankheit so von Zelle zu Zelle überträgt. Nachgewiesen werden konnte das mit einem speziell entwickelten Antikörper, der nur mit der pathologischen Form von alpha-Synuclein reagiert. Wenn man es schafft, diesen Übertragungs-Mechanismus zu blockieren, könnte das als therapeutischer Angriffspunkt dienen, so Kovacs. Auch für die Diagnose könnte der Antikörper wichtig sein, da sich damit pathologisches alpha-Synuclein im Liquor nachweisen lässt.
APA/Neurobiology of Disease

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2014