Interview – Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt: Alles neu macht der Impftag

10.11.2014 | Medizin

Neuer Veranstaltungsort, neues Konzept, neue Leitung: Details zum Österreichischen Impftag 2015 präsentiert die wissenschaftliche Leiterin, Univ. Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt. Die Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der MedUni Wien erklärt Verena Ulrich, wie man der steigenden Impfmüdigkeit entgegenwirken will.

ÖÄZ: Es gibt einige Änderungen beim Österreichischen Impftag. Welchen Hintergrund hat das und in welcher Form wird der Österreichische Impftag künftig abgehalten werden?
Wiedermann: Der Österreichische Impftag hat bisher immer erst im Frühling oder Mitte des Jahres in Salzburg stattgefunden. Da Wien nicht nur die größte Stadt Österreichs ist, in der die meisten Ärzte, Apotheker erreicht werden können, sondern auch Drehscheibe für diverse Entscheidungsträger ist, haben wir uns dafür entschieden, den Impftag nach Wien in die Aula der Wissenschaften zu verlegen. Zeitlich wird der Impftag fortan immer am dritten Samstag im Jänner stattfinden. Der Termin Anfang des Jahres ist deshalb sinnvoll, um die Neuerungen im Impfplan bekannt zu geben und richtungsweisend mit neuesten Erkenntnissen für folgende Impffortbildungen zu sein.

Auch beim Veranstalter hat es eine Veränderung gegeben.
Veranstalter ist nun die Akademie der Ärzte. Sie bringt viel Erfahrung in der Organisation von Kongressen und Weiterbildungsveranstaltungen mit, wodurch es zu Modernisierungen und neuen Impulsen im Ablauf des Impftags kommen konnte. Die wissenschaftliche Leitung wurde von Univ. Prof. Ingomar Mutz auf mich übertragen und so ist mit meiner Person auch die Medizinische Universität Wien als Co-Veranstalter hinzugekommen. Die Programmgestaltung erfolgt gemeinsam mit einem Programmkomitee, deren Mitglieder die weiteren Mitorganisatoren, i.e. Ärztekammer, Apothekerkammer, Liga für Präventivmedizin und Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde repräsentieren.

Wird es auch Änderungen im Ablauf und bei der Wahl der thematischen Schwerpunkte geben?
Über dem Impftag wird ab nun immer ein Motto stehen, in dem die thematischen Schwerpunkte verankert sind. Das heurige Motto und somit die Kernbotschaft des Impftages 2015 ist: ‚Vom Wissen zum Handeln‘. Mit diesem Motto soll der Bogen zwischen sehr hohem wissenschaftlichen Niveau und Praxis gespannt werden. Am Impftag soll evidenzbasierte Medizin so vermittelt werden, dass sie auch in der Praxis umsetzbar ist. Es wird beispielsweise Lunch-Seminare geben, in denen Themen sehr praxisnah diskutiert werden. Um die Attraktivität des Impftages weiter zu fördern, werden sogenannte Keynote-Lectures abgehalten, für die wir renommierte Fachleute aus dem europäischen Ausland einladen werden. So kann ein Wissenstransfer auf europäischer Ebene stattfinden und es ermöglicht uns, über den sprichwörtlichen Tellerrand hinauszublicken.

Was sind die zentralen Themen, die am Impftag 2015 behandelt werden?
Für 2015 haben wir zwei Kernthemen für die Keynote-Lectures gewählt. Einerseits ist das die Rolle von Aluminium in Impfstoffen und andererseits wie man der steigenden Impfmüdigkeit besser begegnen kann. Die Impfmüdigkeit beschäftigt uns derzeit sehr. Die Annahme von Impfungen geht deutlich zurück. Die Frage ist, wie man die Ursachen dafür erheben kann und welche neuen Strategien helfen können, dass die Impfraten nicht ständig sinken und so die Gefahr von Krankheitsausbrüchen zurückkommt. Zu diesem Thema haben wir einen der führenden Experten aus England eingeladen, Prof. David Salisbury, der über viele Jahre Impfprogramme und Impfstrategien für England entwickelt hat.

Welches ist das zweite Kernthema?
Der zweite spannende Vortrag handelt von der Angst vor Nebenwirkungen aufgrundvon Aluminium in Impfstoffen. Ein Thema, das derzeit in aller Munde ist. Wir haben für diesen Vortrag den sehr provokanten Titel ‚Aluminium – das neue Gift?‘ gewählt und mit Dr. Karin Weißer eine Expertin vom Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland als Vortragende eingeladen. Dieser Vortrag kann vor allem für jene Ärzte als Argumentationsgrundlage hilfreich sein, die mit den Ängsten von Patienten vor Aluminium in Impfstoffen konfrontiert sind.

Gibt es spannende Neuerungen, die am Impftag präsentiert werden und die bald Einzug in die Praxis finden?
Neben den alljährlichen Neuerungen im Impfplan, die wie auch schon in der Vergangenheit am Impftag vorgestellt werden, ist vor allem der neue Influenza-Impfstoff ein spannendes, richtungsweisendes Thema. Die Influenza-Impfung wird leider sehr schlecht angenommen. Es gibt große Vorbehalte in der Bevölkerung, aber auch in der Kollegenschaft. Nun wurde ein neuer, nasaler Lebendimpfstoff am Markt eingeführt, der bei Kindern zwischen zwei und 18 Jahren einzusetzen ist. Es wird einerseits diskutiert, ob ein nasaler Impfstoff besser wirkt und vielleicht besser angenommen werden wird, andererseits, ob nicht die Zielbevölkerung, die empfohlener Maßen gegen Influenza geimpft wird, modifiziert werden muss.

Welche Personen sollen gegen Influenza geimpft werden?
Derzeit gehen wir davon aus, dass die Impfung bevorzugt älteren Personen verabreicht werden sollte, weil bei diesen die Auswirkungen einer Influenza-Infektion besonders gefährlich sein können. Allerdings wissen wir, dass Influenza besonders von Kindern und Jugendlichen übertragen wird. Es gibt Studien beziehungsweise Modellsysteme, die besagen, dass es – wenn man nur 20 Prozent der Kinder gegen Influenza impft – einen besseren Effekt auf die Reduktion der Erkrankung und Sterberate bei Personen über 60 Jahren hat, als wenn man 90 Prozent der älteren Personen durchimpft. Das sind Impfkonzepte, die am Impftag diskutiert werden und die vielleicht schon bald in die Praxis Einzug finden.

Österreichischer Impftag 2015: „Vom Wissen zum Handeln“

17. Jänner 2015

Aula der Wissenschaften, Wien

Nähere Infos:
www.arztakademie.at/Impftag

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2014