Standpunkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Turnusarzt als Luxus

25.04.2013 | Standpunkt

© Zeitler

Der Wettstreit um die Turnusärzte hat schon begonnen. Mittlerweile wenden sich die Krankenhausträger schon an die Medizinstudenten, die demnächst ihr Studium abschließen. Nicht nur das: Den angehenden Jungärzten werden darüber hinaus auch noch einige zusätzlich Anreize geboten, um zu kommen – und an diesem Krankenhaus zu bleiben: angefangen von günstigen Wohnmöglichkeiten über Essensbons bis hin zu neuen, attraktiven Ausbildungsmodellen, die ihrem Namen auch gerecht werden.

Und man braucht erst gar nicht hinter die Kulissen zu schauen, um eine Ahnung davon zu bekommen, wie ernst die Lage tatsächlich ist. Ein Bundesland etwa steht vor der Tatsache, dass jede dritte Turnusarztstelle unbesetzt ist. In fünf weiteren Bundesländern schwankt die Zahl der offenen Turnusarztstellen zwischen fünf und zehn Prozent.

Befragt man diejenigen, die sich gerade in dieser dreijährigen Phase, die ja in erster Linie der Ausbildung dienen sollte, befinden, sind die Ergebnisse mehr als ernüchternd. So hat etwa eine im Vorjahr durchgeführte Blitzumfrage über die Arbeitszufriedenheit von Spitalsärzten ergeben, dass gerade unter Turnusärztinnen und Turnusärzten die Unzufriedenheit sehr groß ist. Das verwundert nur auf den ersten Blick, wenn man weiß, dass das Turnusärzte-Tätigkeitsprofil in vielen Krankenhäusern in den untersten Schubladen der Schreibtische abgelegt ist und auch nicht nur annähernd ein Gedanke daran verschwendet wird, Routinetätigkeiten wie etwa die morgendliche Blutabnahme oder Subkutan-Injektionen in die Hände des gehobenen Pflegedienstes zu überantworten.

Die Kritik daran, dass die ÖÄK junge Ärzte dabei unterstützt, im – mitunter – benachbarten Ausland ihr Glück mit der Ausbildung zu suchen, kann ich verstehen. Ich verstehe aber auch die jungen Kolleginnen und Kollegen, die aus ganz naheliegenden Gründen weg wollen: weil sie dort vielfach bessere Bedingungen vorfinden, ein gutes Arbeitsklima, die Wertschätzung der Arbeit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch die Möglichkeit zur Weiterbildung. All das sind zentrale Faktoren, die zur Arbeitszufriedenheit beitragen – und entscheiden letztlich darüber, dass man als Krankenhausträger gute Mitarbeiter findet und auch langfristig binden kann.

Eine Änderung zum Besseren wird die geplante Novelle der Ärzteausbildung bringen. Grundsätzlich neu ist, dass es künftig sowohl für angehende Allgemeinmediziner als auch für Fachärzte eine gemeinsame, neunmonatige Grundausbildung gibt. Dann trennen sich die Wege: Die – künftige – weitere Ausbildung zum Allgemeinmediziner weist einen größeren Fächerkanon auf und inkludiert die verpflichtende Tätigkeit in einer Lehrpraxis. Beim Facharzt neu schließlich ist vorgesehen, dass man ohne Gegenfächer sofort in sein gewünschtes Fach einsteigen kann.

Die Zeit, in der man Turnusärzte als Systemerhalter gesehen hat, soll somit vorbei sein. Und damit auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Versorgung in den Spitälern möglich ist, können wir uns den Luxus, Jungmediziner für Bürokratie und Administration zu missbrauchen, eigentlich schon jetzt nicht mehr leisten.

Harald Mayer
Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2013