Tag der Allgemeinmedizin 2013: Wirtschaftsfaktor Hausarzt

25.04.2013 | Politik

Während in der Stadt die Spitalsambulanzen übergehen, ist in vielen ländlichen Regionen die hausärztliche Versorgung nicht mehr gesichert. Dass damit auch enorme volkswirtschaftliche Auswirkungen verbunden sind, ist Thema beim dritten Tag der Allgemeinmedizin im April in Wien. Von Marion Huber

Ganz im Zeichen der hausärztlichen Versorgung steht der diesjährige Tag der Allgemeinmedizin in Wien, zu dem die Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) und die Österreichische Ärztekammer heuer bereits zum dritten Mal Experten aus Politik und Wirtschaft eingeladen haben.

Univ. Prof. Gottfried Haber, Leiter des Zentrums für Management im Gesundheitswesen und des Forschungsbereichs Wirtschafts- und Finanzpolitik an der Donau-Universität Krems, betont vor allem die Bedeutung der Hausärzte aus volkwirtschaftlicher Sicht. Bekanntlich ist es besonders in den ländlichen Regionen Österreichs immer schwieriger, Ordinationen von Allgemeinmedizinern nachzubesetzen. Mancherorts scheint es mittlerweile schier unmöglich, einen jungen Arzt für eine Kassenstelle zu finden. „Wird hier nicht gegengesteuert, kommt die Funktion des Hausarztes in der Primärversorgung und als Gatekeeper ins Wanken, was enorme ökonomische Folgen hat“, sagt Haber. Schon jetzt übernehmen im städtischen Bereich Spitalsambulanzen und Fachärzte oft die Rolle des Hausarztes – mit dem Resultat, dass die Steuerung der Patientenströme ökonomisch ineffizient ist, wie der Experte betont. Und weiter: „Während bei der hausärztlichen Versorgung das Angebot schwierig ist, entstehen Überlastungen genau in den Bereichen, die deutlich höhere Produktionskosten haben, nämlich in den Spitalsambulanzen“, konkretisiert Haber die Auswirkungen.

Besonders schwer: Situation am Land

Besonders in der Tatsache, dass Hausapotheken zunehmend zurückgedrängt werden, sieht Haber einen Hauptgrund, wieso sich Ärzte gegen eine Tätigkeit in strukturschwachen Gegenden entscheiden: „Hausapotheken waren früher für den Allgemeinmediziner am Land eine interessante Einnahmequelle und damit ein Instrument, um den ländlichen Bereich auch finanziell für Ärzte attraktiv zu machen.“ Denn mit einer Ordination am Land seien ohnehin meist hohe Investitionskosten verbunden. Wenn nun auch die Zahl der Hausapotheken weiter reduziert werde, beschränke sich die Haupteinnahmequelle des Arztes lediglich auf die Einnahmen seiner Tätigkeit als Kassenarzt mit Tarifen, die jedoch schon lange nicht mehr zeitgemäß sind und dem tatsächlichen Arbeitsaufwand nicht Rechnung tragen. Auch die Zahl der Patienten lasse den Landarzt in der Regel „ökonomisch schlechter dastehen“, wie er es formuliert. So bedeuten etwa Hausbesuche am Land mehr Aufwand und bringen entsprechende Wegzeiten mit sich, weshalb ein Landarzt auch weniger Patienten betreuen kann als sein Kollege im städtischen Bereich. „Auch vom ökonomischen Standpunkt ist es ein Gebot der Stunde, dass man dieser Entwicklung, nämlich dass sich immer weniger Hausärzte am Land niederlassen, entgegenwirkt“, so Haber zusammenfassend.

Auf die Gesamtwirtschaft heruntergebrochen, erinnert Haber die ganze Situation an eine „Katze, die sich in den Schwanz beißt“: schlechte Infrastruktur führt zu Abwanderung – und vice versa. So steht auf der einen Seite das demographisch-ökonomische Problem der Entvölkerung von abseits gelegenen Regionen; darunter leidet die Infrastruktur und macht es schließlich für einen Arzt unattraktiv, sich niederzulassen. Auf der anderen Seite: Gibt es keine gute ärztliche Versorgung, wird es in diesen Regionen vor allem für junge Menschen uninteressant, dort zu bleiben oder sich anzusiedeln. Ganz abgesehen davon, dass sie auch als Standort für Unternehmen unattraktiv sind, weswegen die Abwanderung ungebrochen voranschreitet, wie der Experte aufmerksam macht.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2013