Salzburger Landeskliniken: Streit um Anrechnung geht weiter

25.02.2013 | Politik

Die Auseinandersetzung rund um die Anrechnung von Vordienstzeiten – rund 200 ärztliche Mitarbeiter der SALK sind von der Schlechterstellung betroffen – geht weiter. Das Salzburger Arbeits- und Sozialgericht sieht sich als nicht zuständig und hat die Klage an den EuGH weitergeleitet. Von Ruth Mayrhofer

Zur Erinnerung: Schon 2005 wurde den angestellten Ärztinnen und Ärzten der Salzburger Landeskliniken per Vereinbarung mit dem Land Salzburg Maßnahmen zur Verbesserung der Betriebskultur zugesagt. 2011 zeigte eine von der Salzburger Ärztekammer initiierte Befragung von 840 ärztlichen Mitarbeitern allerdings drastisch auf, dass sich in Sachen Arbeitszufriedenheit nichts geändert hatte. Die Umfrage attestierte den Ärzten zwar eine hohe Identifikation mit dem Arztberuf, jedoch nicht mit dem Arbeitsplatz beziehungsweise mit dem Arbeitsumfeld. Immerhin hielten 80 Prozent der Befragten die Betriebskultur für „schlecht“ oder „sehr schlecht“, ein Ergebnis, das die Alarmglocken schrillen ließ. Seitens der Salzburger Ärztekammer wurde ein umfassender und sehr konkreter Forderungskatalog erstellt, der an die zuständigen Landespolitiker, an das Spitalsmanagement, den Aufsichts- und den Betriebsrat übermittelt wurde. Im Forderungskatalog enthalten war auch der Ruf nach besseren Arbeits- und Rahmenbedingungen. Zur konstruktiven Bewältigung der Probleme sollten gemeinsame Gespräche zwischen allen Betroffenen dienen.

Besonders die Arbeits- und Rahmenbedingungen der nicht ausschließlich ärztlichen Mitarbeiter der SALK rückten 2012 immer mehr in den Fokus. Der Hintergrund: Unter dem „Schutz“ eines Salzburger Landesgesetzes aus dem Jahr 1998 – eine ‚Lex SALK‘ sozusagen – erfahren SALK-Beschäftigte aus EU-Ländern und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eine beispiellose Ungleichbehandlung: Vordienstzeiten von Personen, die nicht von vornherein bei der SALK gearbeitet hatten, werden nicht zu 100, sondern lediglich zu 60 Prozent angerechnet. Im umgekehrten Fall, wenn ein SALK-Mitarbeiter aus welchen Gründen auch immer eine Stelle außerhalb der SALK annimmt, kommen hingegen die „üblichen“ 100 Prozent als Anrechnung zum Tragen. Selbst dann, wenn ein SALK-Arzt für eine angestrebte Höherqualifikation etwa einen zweijährigen Studienaufenthalt in den USA absolviert hat, wird ein möglicher Wiedereinstieg in die SALK durch die geringere Anrechnung der Vordienstzeiten und den Wegfall eines Biennalsprunges den Arbeitnehmern zumindest vergällt. Dass geleistete Überstunden nicht bezahlt wurden und werden, gibt ebenfalls Grund zur massiven Verärgerung. Kein Wunder, dass sich von diesen Regelungen Betroffene nur allzu gerne in ihrem Arbeitsleben „anders orientieren“.

Groteske Situation

„Diese Situation war und ist absolut grotesk“, moniert Jörg Hutter, Vizepräsident und Kurienobmann der angestellten Ärzte der Salzburger Ärztekammer, der schon nach Vorliegen der Studie die Ergebnisse in Sachen Karrierechancen – die Hälfte der Ärzte sah damals keine Zukunft in den SALK-Häusern – als „dramatisch“ bezeichnete. „Der derzeitige Zustand ist völlig Markt-widersinnig. Die Zeiten sind schließlich vorbei, als man quasi von der Wiege bis zur Bahre einem Arbeitgeber die Treue gehalten hat. Auch Ärztinnen und Ärzte sind mobiler geworden. Außerdem können bestens Qualifizierte sich in Zeiten wie diesen den Arbeitsplatz aussuchen.“ Hutter gibt weiters zu bedenken: „Die aktuellen Regelungen machen es zudem dem Arbeitgeber beziehungsweise der SALK-Geschäftsführung unmöglich, gute Leute anzuwerben und damit die erwünschte entsprechende hohe Versorgungsqualität zu bekommen.“ Hutter zufolge sind derzeit allein rund 200 ärztliche Mitarbeiter von dieser Schlechterstellung betroffen.

Via SALK-Zentralbetriebsrat wurde eine entsprechende gerichtliche ‚Feststellungsklage‘ eingebracht. Im Oktober 2012 begann der Prozess am Salzburger Arbeitsund Sozialgericht gegen die Eigentümer der Kliniken, das Land Salzburg. In der Klage wurde eine 100-prozentige Anrechnung aller Vordienstzeiten für SALK-Bedienstete aus der EU und dem EWR gefordert. Damit soll die im Gegensatz zu den Gleichbehandlungsbestimmungen der EU stehende Diskriminierung der Mitarbeiter – Ärzte, Pfleger, Physiotherapeuten, etc. – endlich beendet werden und entsprechende Nachzahlungen, die SALK-Betriebsrätin Christine Vierhauser zufolge „in Millionenhöhe“ zu beziffern sind, in die Wege geleitet werden.

Anfang November 2012 dann der Knalleffekt: Das Salzburger Arbeits- und Sozialgericht reichte den Fall direkt an den EUGerichtshof weiter. Konkret soll der EuGH nun feststellen, ob die bisher geltenden Vordienstzeiten, die im Landesvertrags-Bediensteten-Gesetz geregelt sind, gegen EU-Recht verstoßen. Außerdem bereitet der SALK-Betriebsrat eine zweite Klage vor: Die Bevorzugung der Inländer wegen dieser Dienstzeiten sei verfassungswidrig und verstoße gegen das Gleichheitsgesetz.

Für Jörg Hutter, der in Salzburg immerhin 1.600 Ärztinnen und Ärzte in den einzelnen Krankenhäusern vertritt, „ist es schon etwas Besonderes, dass das heimische Gericht meint, es sei nicht zuständig“. Sehr glücklich ist er allerdings darüber nicht. Denn so wird eine letztendliche Entscheidung wiederum hinausgeschoben. Hutter rechnet mit einer Zeitspanne von zwei Jahren. Aber: „Wenn der EuGH tatsächlich zu dem Erkenntnis gelangen sollte, dass die Salzburger Zustände im Rahmen des EURechts nicht haltbar sind, hat das ebenfalls weitreichende Konsequenzen für andere Spitäler beziehungsweise Arbeitgeber.“ Hutter bedauert die „sture Haltung“ des Landes Salzburg in dieser Causa. Dort sei man offensichtlich nicht daran interessiert, etwas an der Lage zu ändern. Vielleicht auch deswegen, weil die im Raum stehenden drohenden Nachzahlungen als (finanzielle) Bedrohung empfunden werden. Aber man müsse, appelliert Hutter, jedenfalls eine Lösung finden. Und er will weiter den Druck auf das Land erhöhen, in der Hoffnung, „dass sich dann vielleicht doch die Sache zum Guten wendet“.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2013