Nationalratswahl 2013: Ärzte als Kandidaten

25.09.2013 | Politik


Bei den Abgeordneten wird es nach dem 29. September einigen frischen Wind geben. Die ÖÄZ hat sich angesehen, welche Ärzte in den nächsten fünf Jahren einen der 183 Plätze im Nationalrat besetzen könnten. Vergibt man eine Vorzugsstimme, könnten wesentlich mehr Ärzte als bisher im Nationalrat vertreten sein.
Von Barbara Wakolbinger

Zwölf Parteien haben ihre Regional-, Landes- und Bundeswahlvorschläge eingereicht, neun von ihnen haben auch tatsächlich genügend Unterstützungserklärungen eingebracht, um in allen Bundesländern kandidieren zu dürfen. Nur die Erstgereihten auf den Vorschlägen dürfen sich allerdings auch tatsächlich Chancen ausrechnen, in den Nationalrat einzuziehen – möglich ist auch, ein Mandat über die Vorzugsstimmen der Wähler zu erhalten. Unter den Kandidaten für die insgesamt 183 Nationalratssitze finden sich auch einige Ärzte.

So kandidiert etwa Sabine Oberhauser, SPÖ-Gesundheitssprecherin, an Stelle sechs der Wiener Liste, auf Platz 12 im Regionalwahlkreis Wien Süd-West und an siebter Stelle der Bundesliste – damit ist ihr der Wiedereinzug in den Nationalrat vermutlich sicher. 2008 erhielt die Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde erstmals ein Mandat; von ihrer Tätigkeit als Oberärztin an der Wiener Rudolfstiftung ist sie derzeit außer Dienst gestellt.

Knapp könnte es dagegen für Margret Burger-Rafael werden; die Oberärztin an der Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Salzburger Universitätsklinikum kandidiert in Salzburg auf Platz sieben der Landesliste, im Regionalwahlkreis Salzburg Stadt ist sie auf Platz zwei der SPÖ-Liste gereiht. Die weiteren sieben Ärzte auf den Landeslisten und der Bundesliste der SPÖ dürften dagegen wohl kaum Chancen haben. Im Jahr 2008 kam die SPÖ insgesamt auf 57 Mandate.

Nur wenige Ärzte finden sich unter den Nationalratskandidaten der ÖVP. Gesundheits- sprecher Erwin Rasinger kandidiert auch heuer wieder; der Hausarzt rückte 2008 auf das Mandat des ausgeschiedenen Josef Pröll nach. Auf dem Bundeswahlvorschlag der ÖVP findet sich Rasinger an 26. Stelle, er ist außerdem auf der Landesliste Wien an 61. Stelle sowie im Regionalwahlkreis Wien Süd-West auf Platz zwei gelistet. 2008 erhielt die ÖVP
51 Mandate.

Die Ärztin und Gesundheitssprecherin der FPÖ, Dagmar Belakowitsch-Jenewein, sitzt seit 2006 für die Freiheitlichen im Nationalrat und ist heuer an Stelle vier des Bundesvorschlags gelistet. Zusätzlich kandidiert sie auch in Wien (Platz zwei) und im Regionalwahlkreis Wien Nord-West (Platz eins). Ein Platz im Nationalrat ist ihr damit auch bei dieser Wahl wieder so gut wie sicher. Mit dem Zahnarzt Andreas Karlsböck findet sich auf Platz fünf der Wiener FPÖ-Landesliste und Platz zwei des Regionalkreises Wien Süd (Bundesvorschlag Platz 60) ein Arzt. Bei der vergangenen Nationalratswahl erhielt die FPÖ 38 Mandate, ein Einzug in den Nationalrat scheint für Karlsböck – wie auch bereits 2008 – möglich.

Nach der Wahl nicht mehr für den Nationalrat zur Verfügung stehen wird dagegen der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald. Seit 1999 sitzt Grünewald, der sich an der Medizinischen Universität Innsbruck habilitierte, für die Grünen im Parlament; nun geht er in Pension. Wer ihm als Gesundheitssprecher nachfolgen wird, ist noch unklar. Zwar finden sich einige Ärzte auf den Regional-, Landes- und Bundeslisten der Grünen; aufgrund der Reihung hat aber kaum jemand eine realistische Chance auf ein Nationalratsmandat. 2008 erzielten die Grünen insgesamt 20 Mandate. Als mögliche neue Gesundheitssprecherin der Grünen hat sich die ehemalige Präsidentin des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie, Eva Mückstein, positioniert. Die praktizierende Psychologin und Psychotherapeutin kandidiert auf der grünen Landesliste Niederösterreich auf Platz drei.

Aktuellen Umfragen zufolge könnte für das BZÖ schon der Einzug ins Parlament dieses Jahr eine wackelige Angelegenheit werden. Schafft das Bündnis die Vier-Prozent-Hürde oder ein Grundmandat, wäre auch der orange Gesundheitssprecher, Wolfgang Spadiut, sehr wahrscheinlich wieder im Nationalrat vertreten. Im Regionalwahlkreis Obersteiermark ist der Veterinärmediziner auf Platz eins gereiht, auf der Bundesliste ist er an Stelle elf vertreten. Im Regionalwahlkreis Lungau/Pinzgau/Pongau steht ein weiterer Arzt auf BZÖ-Pole Position: Der praktizierende Zahnarzt Othmar Frühmann wurde hier auf Platz eins gereiht.

Bessere Chancen auf einen Einzug in den Nationalrat geben die Umfragen derzeit dem Team Stronach. Der Polit-Quereinsteiger hat auch einige Ärzte um sich versammelt: Auf dem Bundeswahlvorschlag findet sich auf Platz sechs der Internist Marcus Franz, Ärztlicher Direktor im Hartmannspital Wien. Auch der Allgemeinmediziner Michael Hohl könnte gute Chancen auf ein Nationalratsmandat haben. Im Regionalwahlkreis Mühlviertel steht er an der Spitze der Liste FRANK, auf der Landesliste Oberösterreich ist er auf Platz sechs gereiht. Gesundheitssprecherin Martina Schenk – sie absolvierte eine kaufmännische Berufsschule – kandidiert auf der Landesliste Steiermark auf Platz zwei.

Ähnlich spannend wie für das BZÖ wird es für die neue Partei NEOS; sie kämpft ebenfalls um den Einzug ins Parlament. Schaffen sie diesen, würde das vermutlich auch ein Mandat für die Gesundheitssprecherin der NEOS, Anna Kreil, bedeuten. Die Internistin – sie ist Oberärztin auf der Intermediate Care Station der Wiener Rudolfstiftung – steht an erster Stelle der Regionalwahlkreisliste Wien Süd. Auf der Wiener Landesliste belegt sie Platz zehn, am Bundeswahlvorschlag Platz 26. Auch im Tiroler Unterland steht ein Arzt an erster Stelle des Regionalvorschlags: Josef Rieder, Oberarzt an der Universitätsklinik für Allgemeine und Chirurgische Intensivmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck.

Praktisch keine Chancen sehen Meinungsforscher dagegen für die KPÖ und die Piratenpartei, den Einzug in den Nationalrat zu schaffen.

Sabine Oberhauser

  • „Durch die Gesundheitsreform wird Hausärzten eine weit größere Rolle im Gesundheitssystem zukommen.“
  • „Ziel der Reform ist auch, die Spitäler zu entlasten.“
  • „Das partnerschaftliche Zielsteuerungssystem soll eine bessere Abstimmung zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Spitälern garantieren.“
  • „Um den Beruf für die Zukunft attraktiver zu machen, sollte vor allem in der Ausbildung angesetzt werden.“

Interview – Erwin Rasinger

„Ärzte ernst nehmen“

Warum ein aktiver Arzt im Parlament für die Interessen der Ärzte so wichtig ist, erklärt ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger.

ÖÄZ: Warum ist es wichtig, dass im Parlament auch die Stimme der Ärzte
vertreten ist?

Rasinger: Das Gesundheitswesen wird derzeit von Ökonomen, Gewerkschaftern, also Nicht-Ärzten, dominiert. Man hat den Eindruck, ärztlicher Rat ist unerwünscht. Ärzte werden oft als lästig, fehlerhaft oder als Blockierer dargestellt, es fehlt an Wertschätzung. Da braucht es einen aktiven Arzt im Parlament, der auch tatsächlich Patienten sieht und an das hohe ethische Gut erinnert, medizinische Versorgung unabhängig von Alter und Einkommen gewährleisten zu können.

Wie würden Sie die Arbeit der vergangenen Regierungsperiode charakterisieren?
Minister Stöger hat sich meistens nicht hinter die Ärzte gestellt. Er hat das Regierungs-Übereinkommen, in dem wir etwa Hausärzte aufwerten oder Präventionsprogramme starten wollten, schlicht und einfach nicht umgesetzt. Stattdessen hat er sich ständig mit seinen Lieblingsprojekten Gesundheitsreform und ELGA auseinandergesetzt.

Wo sehen Sie die großen Baustellen in den nächsten fünf Jahren?
Die Arbeitswelt der Ärzte muss ernster genommen werden. Wir brauchen nicht noch mehr Bürokratie und ökonomischen Druck, sondern man soll die Ärzte einfach arbeiten lassen und anständig honorieren. Die Spitäler und ihre Ärzte müssen entlastet und die ambulante Versorgung im niedergelassenen Bereich verbessert werden. Da bin ich ganz eindeutig für die freie Niederlassung und die freie Arztwahl.

Wie sieht es mit der Prävention aus?
Der Glaube des Österreichers, dass das Spital und der Arzt alles rettet, ist einfach irrig. Wir hatten im Regierungsprogramm konkrete Präventionsziele und nicht die Stöger‘schen Allgemeinplätze wie gute Luft oder gute Ernährung. Wir brauchen diese konkreten Ziele wie etwa die Senkung der Schlaganfall- und Herzinfarkt-Rate um 20 Prozent binnen zehn Jahren. Stöger sagt immer, er spart 3,4 Milliarden Euro aus dem System raus, niemand merkt es und das System wird besser. Die Ärzte glauben ihm das nicht so ohne weiteres.

Wo sehen Sie noch Potential?
Wir müssen uns dazu bekennen, die Spitze der Medizin – das AKH und die Universitätskliniken – ausreichend zu finanzieren und personell auszustatten. Ich will, dass das AKH unter den besten fünf Spitälern der Welt ist und endlich wieder einmal einen Nobelpreisträger hervorbringt.

Wenn Sie ein konkretes Anliegen jetzt sofort umsetzen könnten: welches wäre es?
Ich würde die Lehrpraxis für die jungen Leute finanzieren. Es ist eine Schande, dass Stöger die 15 Millionen Finanzierung, also den Gegenwert eines halben Autobahnkilometers, nicht aufstellen kann. Außerdem würde ich endlich die ländliche Versorgung mit mehr Fachärzten und vor allem mit einer Absicherung der Hausapotheke aufwerten. Deshalb werbe ich um die Vorzugsstimmen der Ärzte, um im Parlament auch Gewicht zu haben.
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Wie eine Vorzugsstimme vergeben wird

Wähler können für Bewerber auf einer der 39 Regionalparteilisten der Regionalwahlkreise durch Ankreuzen Vorzugsstimmen vergeben. Für Bewerber auf Landesparteilisten erfolgt dies durch Eintragen des jeweiligen Namens oder der Reihungsnummer auf der Landesparteiliste in das entsprechende Feld. Heuer können Wähler erstmals mit einer bestimmten Anzahl an Vorzugsstimmen – ebenfalls durch Eintragung des Namens oder der Reihungsnummer – auch die Umreihung eines Bewerbers auf der Bundesparteiliste bewirken. Die Listen der Landes- und Bundeskandidaten samt entsprechender Nummer finden sich in den Wahlkabinen. Für eine Vorreihung im Regionalwahlkreis sind 14 Prozent der auf die Partei des Kandidaten entfallenen Stimmen erforderlich, auf Landesebene zehn Prozent und auf Bundesebene sieben Prozent. Die Vorzugsstimme ist jedoch nur gültig, wenn auch die Partei des Kandidaten gewählt wurde – ansonsten gilt: Partei sticht Vorzugsstimme und die Vorzugsstimme verfällt.
Quelle: Bundesministerium für Inneres

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2013