Burgenland: Ein Primar für drei Abteilungen

10.02.2013 | Politik

Seit die Interne Abteilung in Oberwart mit Oberpullendorf und Güssing zum Internistischen Verbund Mitte-Süd gehört, leitet ein Primar alle drei Abteilungen. Zwei Primariate wurden gestrichen – dafür zwei Abteilungsführende Oberärzte bestellt.
Von Marion Huber

Geht ein Primar in Pension, wird die Stelle üblicherweise neu ausgeschrieben – am Krankenhaus Oberwart, wo der langjährige Leiter der Internen Abteilung, Heinrich Kiss, mit Dezember 2012 in Pension gegangen ist, war dem nicht so. Nachdem zuvor lange Zeit alles „totgeschwiegen“ wurde, liegen die Tatsachen nun auf dem Tisch, wie Michael Lang, Präsident der Ärztekammer Burgenland, erklärt. Die Interne Abteilung in Oberwart gehört ab sofort zum bestehenden Internistischen Verbund der Krankenhäuser Oberpullendorf und Güssing – und hat keinen eigenen Primar mehr. Der Vorstand der Internen Abteilungen in Oberpullendorf und Güssing, Gerhard Puhr, hat mit 1. Dezember 2012 zusätzlich die Leitung der Abteilung in Oberwart übernommen.

Schlechtere Strukturqualität

Was das bedeutet? Was drei Vollzeit-Primare geleistet haben, soll jetzt ein einzelner an drei verschiedenen Standorten in einem Drittel der Zeit leisten. Zwar sei die medizinische Qualität dadurch noch nicht gefährdet, „weil die Kollegen auf der Internen Abteilung fachlich hoch kompetent und sehr engagiert sind“, weiß Lang: „Aber die Strukturqualität wird sich deutlich verschlechtern.“ Denn ein Primararzt, der nicht vor Ort ist, kenne weder die Kollegen gut, noch die Patienten. Lang weiter: „Ist er nur ein Drittel der Zeit anwesend, kennt er auch nur ein Drittel der Wahrheit. Er kann weder attestieren, dass jemand gut ausgebildet ist, noch kann er Letztentscheidungen über Patienten treffen.“

Eine ähnliche Situation drohe laut Lang auch an der Chirurgischen Abteilung in Oberpullendorf. Denn auch die Stelle von Primar Friedrich Hofbauer, der mit Ende 2012 in Pension ging, war bis Dezember 2012 nicht ausgeschrieben. „Und auch da wird gesagt, dass ein Verbund gemacht wird – wobei die Politik bis jetzt nicht damit herausrückt, wie sie sich das vorstellt“, betont er. Besonders in der Chirurgie sei „Gefahr in Verzug“, weil der Primar oft akut einspringen müsse, so Lang.

Einsparungen fraglich

Mehr als fraglich sei nach Ansicht von Lang auch, ob durch ein Mehrfach-Primariat die erhofften Einsparungen erzielt werden können. So wurde zwar die Stelle des Primars für die Interne Abteilung in Oberwart gestrichen, dafür aber eine zusätzliche Struktur im Verbund eingezogen – nämlich die Position des Abteilungs-führenden Oberarztes. In Güssing wurde Rene Fallent und inOberpullendorf Alexandra Gendo bestellt. Diese Lösung bezeichnet Lang schlichtweg als „Mogelpackung“: „Ein Facharzt vor Ort wird dabei – auch finanziell – aufgewertet. Das kann also nicht kostengünstiger sein.“

Auch Brigitte Steininger, Obfrau der Kurie Angestellte Ärzte der Ärztekammer Burgenland, zweifelt an dem Modell: „Wir haben nicht generell ein Problem mit Verbünden, aber wir fordern einen eigenen Primararzt an jeder Abteilung. Der Leiter und Verantwortliche muss jeden Tag vor Ort sein und nicht ein leitender Oberarzt.“

Mit „Mut zu Neuem“ könne man viel mehr erreichen, ist Lang überzeugt. Dazu sei von Seiten der Ärztekammer Burgenland eine Verbundlösung präsentiert worden, die eine Krankenhaus-übergreifende Fachspezialisierung vorsieht – und einen eigenen Primar für jede Abteilung. So könne man mit einem Rheumatologen als Primar in Güssing, mit einem Gastroenterologen in Oberpullendorf und einem Facharzt für Nephrologie und Endokrinologie in Oberwart Schwerpunkte setzen. „Jeder Primar wäre für sämtliche Patienten seines Fachgebiets im Verbund zuständig und würde zum Beispiel die jeweiligen Medikamente freigeben“, so Lang. Was sich letztlich auch in einer besseren Behandlungsqualität und einer Beschränkung der Ausgaben bemerkbar macht. „Und es wäre ein verantwortlicher Primararzt vor Ort, der präsent ist und die Letztverantwortung trägt“, resümiert er.

Ob diese Lösung des Internistischen Verbunds Mitte-Süd „juristisch hält“ und der Begriff des Abteilungs-führenden Oberarztes laut Ärztegesetz „überhauptkorrekt ist“, zweifelt Lang an. „Wenn jemand zum Beispiel auch imHinblick auf das KA-AZG verantwortlich ist, müsste er eigentlich ohnehin als Primararzt bezeichnet werden“, erläutert der burgenländische Ärztekammer- Präsident. „Aber wir sind gerade dabei, das abzuklären.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2013