Ärzt­li­che Ver­sor­gung auf dem Land: Die For­de­run­gen der ÖÄK

25.09.2013 | Politik

Mehr und bes­sere For­men der Zusam­men­ar­beit von Ärz­ten – jedoch ohne Limits und Degres­sio­nen –, neue und moderne For­men von Bereit­schafts­diens­ten sowie fami­li­en­freund­li­che Arbeits­be­din­gun­gen – so lau­ten einige der For­de­run­gen der ÖÄK, die von der nächs­ten Regie­rung umge­setzt wer­den sol­len.
Von Agnes M. Mühlgassner

„Auf Gedeih und Ver­derb mit der all­ge­mein­me­di­zi­ni­schen Ver­sor­gung im länd­li­chen Bereich ver­bun­den“ sieht ÖÄK-Prä­si­dent Artur Wech­sel­ber­ger den im Zuge der Gesund­heits­re­form anste­hen­den Umbau des Gesund­heits­sys­tems nach dem Pri­mary Health Care-Sys­tem, wie er kürz­lich vor Jour­na­lis­ten in Wien erklärte. Der Ärz­te­man­gel ist längst Rea­li­tät. Selbst bei der Aus­schrei­bung von attrak­ti­ven §2‑Stellen – noch vor weni­gen Jah­ren gab es lange War­te­lis­ten – gibt es oft nur noch einen ein­zi­gen Bewer­ber, immer öfter auch gar kei­nen mehr. Die Ursa­chen dafür sind viel­fäl­tig. Eine davon sieht Wech­sel­ber­ger in der Femi­ni­sie­rung des Arzt­be­ru­fes und der damit ver­bun­de­nen Tat­sa­che, dass die Tätig­keit eines All­ge­mein­me­di­zi­ners am Land oft nicht mit dem Wunsch nach Fami­lie ver­ein­bar ist – Stich­wort Bereit­schafts­dienste, Nacht- und Wochen­end­dienste. Eine wei­tere ist die noch immer nicht fixierte ver­pflich­tende, von der öffent­li­chen Hand finan­zierte ein­jäh­rige Aus­bil­dung in einer Lehr­pra­xis. Wieso man sich mit die­ser The­ma­tik jetzt an die Öffent­lich­keit wen­det? Wech­sel­ber­ger dazu: „Unser Ziel ist es, dass unsere For­de­run­gen in das Regie­rungs­pro­gramm auf­ge­nom­men und dann auch umge­setzt werden.“

Mit den drän­gen­den Fra­gen der Land­me­di­zin – bes­sere Finan­zie­rung von län­ge­ren Öff­nungs­zei­ten, Besei­ti­gung von recht­li­chen Hür­den für Haus­apo­the­ken und fami­li­en­freund­li­che Arbeits­be­din­gun­gen – habe man wäh­rend der Som­mer­mo­nate die Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten kon­fron­tiert, ergänzte Gert Wie­gele, Obmann der Bun­des­sek­tion All­ge­mein­me­di­zin und stell­ver­tre­ten­der Obmann der Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte. Aller­dings habe man „bis auf wenige Aus­nah­men“ nur all­ge­meine Bemer­kun­gen aus ver­schie­de­nen Par­tei- und Regie­rungs­pro­gram­men erhal­ten. (Details dazu siehe Bei­trag „Die Lösungs­vor­schläge der Poli­tik“ – ÖÄZ 17 vom 10. Sep­tem­ber 2013; die Ant­wor­ten in vol­ler Länge gibt es hier).

Pen­sio­nie­run­gen berücksichtigen

Auch den „Ersatz­be­darf“ dürfe man nicht außer Acht las­sen, betonte Wie­gele. So gehen bei­spiels­weise in Kärn­ten und in der Stei­er­mark in den nächs­ten zehn Jah­ren 67 Pro­zent der nie­der­ge­las­se­nen All­ge­mein­me­di­zi­ner in Pen­sion. Nicht viel anders sei die Situa­tion in den ande­ren Bun­des­län­dern. Was es bräuchte? Die Ant­wort von Wie­gele: „Ein sozio-öko­no­mi­sches Bio­top, in dem wir Land­ärzte mit Freude unsere Tätig­keit aus­üben kön­nen, aber wo wir auch mit unse­rer Fami­lie leben und unsere Frei­zeit gestal­ten können.“

Wie die Rea­li­tät aus­sieht, erläu­terte Susanne Zit­terl-Mair, Land­ärz­tin in der knapp 3.800 Ein­woh­ner zäh­len­den Gemeinde Thaur in Tirol – sie ist drei­fa­che Mut­ter: „Wir Frauen ste­hen immer vor dem Dilemma, unsere Pati­en­ten opti­mal zu ver­sor­gen und unsere Fami­lie opti­mal zu ver­sor­gen.“ Damit dies bes­ser mög­lich sei, würde sie sich fle­xi­blere For­men der Zusam­men­ar­beit in den Pra­xen wün­schen – was der­zeit „äußerst büro­kra­tisch“ sei. Grup­pen­pra­xen, Time­sha­ring-Pra­xen sowie Anstel­lungs­mo­delle für Ärzte bei Ärz­ten könn­ten Abhilfe schaf­fen. „Wir brau­chen Koope­ra­ti­ons­mo­delle. Und es kann nicht sein, dass diese bestraft wer­den in Form von Limi­tie­run­gen.“

Not­wen­dige Maßnahmen

Was nötig ist für die Zukunft? Wie­gele fasst die For­de­run­gen der ÖÄK an die Poli­tik wie folgt zusammen:

  • Ein­füh­rung einer ver­pflich­ten­den Lehrpraxis;
  • fami­li­en­freund­li­che Öff­nungs­zei­ten; keine Limits und Degres­sio­nen bei Erwei­te­rung der Öffnungszeiten;
  • Ein­füh­rung von Landarzt-Zuschlägen;
  • Mög­lich­keit der Anstel­lung von Ärz­ten bei Ärzten;
  • neue Modelle und Koope­ra­ti­ons­for­men bei Bereitschaftsdiensten;
  • Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung;
  • Besei­ti­gung der Hür­den für das Füh­ren einer Hausapotheke;
  • eine Aus­bil­dungs­re­form;
  • ärzt­li­che Therapiefreiheit

Laut Wie­gele sei „ein gan­zes Bün­del von Maß­nah­men not­wen­dig“, um das zu ret­ten, was not­wen­dig für eine ordent­li­che Ver­sor­gung auf dem Land sei. Und wei­ter: „Wir wer­den schauen, dass die­ses gute Sys­tem nicht stirbt. Denn es droht zu sterben.“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2013