Gesundheitsreform: Gespräch vor Konfrontation

25.01.2013 | Politik


Auch wenn die Gesundheitsreform den Ministerrat passiert hat, so ist für die ÖÄK klar: Der Bevölkerung dürfen künftig keine Leistungen vorenthalten und die Ärzte in ihrer Arbeit nicht behindert werden. Die Hauptaufgabe der ÖÄK liegt deshalb darin, sich in die Gestaltung der Begleit- und Folgegesetze einzubringen.
Von Agnes M. Mühlgassner

Bei der aktuellen Gesundheitsreform handelt es sich um eine reine Finanz- und Organisationsreform – an dieser Kritik hält die ÖÄK nach wie vor fest. Die am 15. Jänner 2013 im Ministerrat beschlossene Gesundheitsreform gebe allerdings die gesundheitspolitische Zielrichtung vor, an der sich die folgende Versorgungsreform orientieren werde, erklärte ÖÄKPräsident Artur Wechselberger tags darauf bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Aufgabe der ÖÄK sieht er deshalb darin, im Rahmen der Begleit- und Folgegesetze „unsere Expertise einzubringen und darauf zu achten, dass die Ärzte auch in Zukunft die Bevölkerung sinnvoll und entsprechend zeitgemäßer Qualitätsstandards medizinisch versorgen können“. Damit wolle man erreichen, dass auch tatsächlich eine Versorgungsreform ohne Verschlechterungen für Ärzte und Patienten umgesetzt wird.

Keine Deckelungen

„Gänzlich abzulehnen“ sind nach Meinung von Artur Wechselberger Deckelungen im Gesundheitswesen – „ohne dabei auf die Entwicklung der Versorgungsnotwendigkeiten und auf den Fortschritt der Medizin zu achten“. Der ÖÄK-Präsident präzisiert seine Kritik: „Die 15a-Vereinbarungen haben zwar in vielen Ansätzen Rationalisierungen zum Ziel. Jedoch liegt oft sehr nahe an der Rationalisierung die Rationierung.“ Eine Vorenthaltung von Leistungen und Behinderung der Arbeit von Ärzten kann aber nicht akzeptiert werden.

Jedoch auch bei den Rationalisierungsvorhaben fordert Wechselberger konkrete Zahlen zu den erwartenden Rationalisierungseffekten ein. Die ÖÄK erwartet, dass endlich klargelegt werde: Welche Maßnahme bringt welche Ersparnis und welche Konsequenzen hat das für die Bevölkerung? Dies sei bislang nicht geschehen und „das vermissen wir“, so Wechselberger.

Zwar sei es gelungen, die Ausbildung und die Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich bei der Ärztekammer zu halten, offen hingegen seien die konkreten Umsetzungsgesetze zu den beiden 15a-Vereinbarungen, erklärte anschließend der Präsident der Ärztekammer für Wien, Univ. Prof. Thomas Szekeres. Und er verwies auf die Zusage, wonach die Ärztekammer bei der konkreten Umsetzung „wesentlich“ eingebunden wird. Den politischen Willen, den niedergelassenen Bereich zu stärken, bezeichnet er als „wichtig“. Auch die Tatsache, dass es zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Spitälern und den niedergelassenen Ärzten kommen soll. Szekeres dazu: „Allerdings muss die Leistung in einem der beiden Bereiche erbracht werden. Es kann nicht so sein, dass die Angebote in beiden Bereichen heruntergefahren würden“ – wie dies etwa am Rückgang der Kassenplanstellen in den letzten Jahren festzustellen sei. „Wir werden das kritisch beobachten“, kündigte Szekeres an.

Im Gesundheitsbereich soll offensichtlich gelingen, was sonst in anderen Wirtschaftsbereichen nicht möglich ist, sagte der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der ÖÄK, Johannes Steinhart, zu Beginn seiner Ausführungen. „Die Politik verkündet: es wird gespart und gleichzeitig eine höhere Qualität erbracht.“ Steinhart bezweifelt, dass das möglich ist – angesichts der demographischen Entwicklung, der insgesamt ständig steigenden psychischen Belastungen und auch im Hinblick auf die gestiegenen Ansprüche der Patienten. Seine Forderung: „Wenn jetzt das Bekenntnis der Politik zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs erfolgt ist, dann müssen jetzt diesen Worten Taten folgen. Das bedeutet: Es sind zusätzlich rund 1.000 Kassenplanstellen notwendig.“ Und der Kurienobmann macht auch klar, was Förderung des niedergelassenen Bereichs jedenfalls nicht bedeuten könne: nämlich die Einrichtung von Polykliniken und AVZs (Allgemeine Versorgungszentren). Steinhart weiter: „Die freie Arztwahl muss erhalten bleiben und auch die wohnortnahe Versorgung muss gewährleistet sein.“Der Wille der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, diese Leistungen im niedergelassenen Bereich zu erbringen, sei jedenfalls vorhanden.

Werden Vertreter der ÖÄK in die Gestaltung der Begleit- und Folgegesetze der beiden 15a-Vereinbarungen entgegen den Zusicherungen nicht eingebunden oder zeigt sich eine für Ärzte oder Patienten negative Entwicklung, sind für Artur Wechselberger weitere Ärzteproteste nicht ausgeschlossen. „Wenn grobe Mängel der Versorgung zu befürchten sind, dann werden wir alle notwendigen Maßnahmen ergreifen.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2013