Ambulante Versorgung in Wien: Neues Modell präsentiert

25.03.2013 | Politik

Ein konkretes Modell, wie man die völlig überlaufenen Spitalsambulanzen entlasten kann, hat die Ärztekammer Wien präsentiert. Damit könnten die Frequenzen in den Spitalsambulanzen um bis zu 30 Prozent reduziert werden.Von Agnes M. Mühlgassner

Seit dem Jahr 2000 ist in Wien die Zahl der Kassenplanstellen kontinuierlich gesunken (siehe Grafik) – sowohl bei Allgemeinmedizinern als auch bei Fachärzten. So waren beispielsweise im Jahr 2000 exakt 836 Allgemeinmediziner mit einem Vertrag der Wiener GKK tätig, 2011 waren es nur noch 784. Ähnlich die Entwicklung bei den allgemeinen Fachärzten (ohne technische Fächer). Von den im Jahr 2000 insgesamt 831 Tätigen sind es nur noch 766.

Es sei daher „nicht verwunderlich“, dass die Patienten in die Spitalsambulanzen ausweichen, sagte der Präsident der Ärztekammer für Wien, Univ. Prof. Thomas Szekeres, kürzlich bei einer Pressekonferenz in Wien. Allerdings „gehört die Routineversorgung nicht zu den Aufgaben der Spitäler“, so Szekeres. Schätzungsweise bis zu 80 Prozent aller Patienten, die sich zu einer Behandlung ins Krankenhaus begeben, seien keine akuten Notfälle und auch nicht medizinisch-dringliche Versorgungsfälle. Besonders bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Augenheilkunde, Dermatologie und HNO ist der Zustrom in den jeweiligen Spitals-Fachambulanzen groß; besonders diese Fachrichtungen sind von der rückläufigen Zahl an Kassenplanstellen betroffen.

Wie lange man im niedergelassenen Bereich tatsächlich auf einen Termin wartet, hat eine vom Institut MAKAM Research im Zeitraum von Anfang Dezember 2012 bis Jänner 2013 erstellte Analyse ergeben. Bei akuten Beschwerden erhält man durchschnittlich innerhalb von ein bis vier Tagen einen Termin. Völlig anders hingegen die Situation bei Kontroll-terminen: Die Wartezeit auf einen Termin bei einem Gynäkologen liegt zwischen 21 und 27 Tagen – ebenso auch bei einem Neurologen, bei einem Facharzt für Physikalische Medizin zwischen sieben und neun Tagen. „Spitzenreiter“ bei den Kontrollterminen mit Wartezeiten bis zu drei Monaten sind Augenärzte. „Hier wird der bereits bestehende Fachärztemangel offensichtlich“, unterstrich der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer Wien, Johannes Steinhart.

Dass der niedergelassene Bereich verstärkt die Versorgung übernehmen soll – wie dies im Zuge der Gesundheitsreform auch festgehalten wurde – „machen wir gern“, so Steinhart. Allerdings gelte es, in mehreren Bereichen anzusetzen:

  • Es müssen 300 zusätzliche Kassenplanstellen geschaffen werden; diese sind jeweils nach Fächern und dem Bedarf in den einzelnen Bezirken festzulegen.
  • Die derzeit bereits vorliegenden 90 Gruppenpraxis-Anträge sollen unverzüglich umgesetzt werden.
  • Bezahlte Lehrpraxen müssen geschaffen werden, damit die Ausbildung vor Ort erfolgen kann.
  • Entsprechende Tarife sind mit den Krankenkassen zu vereinbaren, damit niedergelassene Ärztinnen und Ärzte auch zu den Tagesrandzeiten und am Wochenende offen halten.
  • Die Etablierung einer eigenen Ärztefunkdienst-Ambulanz in der Nähe des neu zu errichtenden Krankenhauses Wien-Nord.

Szekeres und Steinhart forderten einen Runden Tisch mit Vertretern der Gemeinde Wien, des Krankenanstaltenverbundes, der Wiener GKK sowie der Ärztekammer, um Rahmen-bedingungen festzulegen. Dabei soll auch evaluiert werden, wo Leistungen besser, effizienter und günstiger erbracht werden können, weiters sollen eine exakte Patienten-stromanalyse sowie eine soziographische Bedarfserhebung erstellt werden.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2013