neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

10.02.2013 | Medizin


Kindheitstraumen machen aggressiv

Traumatische Erlebnisse in der Kindheit verändern das Gehirn und machen aggressiv – haben Forscher der ETH Lausanne erstmals bei Ratten nachgewiesen. Bei traumatisierten Tieren wurde der orbitofrontale Kortex weniger aktiviert; die Ratten waren daraufhin seltener in der Lage, negative Triebe zu dämpfen. Bei erwachsenen Tieren ließ sich der Prozess durch Antidepressiva rückgängig machen.
APA/Translational Psychiatry


Arsentrioxid gegen Leukämie

Ein deutsch-italienisches Forscherteam bestätigte die Wirksamkeit von Arsentrioxid in Kombination mit einem Vitamin A-Abkömmling bei Patienten mit Promyelozyten-Leukämie. Nach nur sechs Monaten verschwand der Krebs; eine konventionelle Chemotherapie dauert zweieinhalb Jahre. Die Heilungsrate nach drei Jahren lag bei 95 Prozent, die Überlebensquote – sie enthält auch Rückfälle – bei 98 Prozent.
APA

Schwangerschaft: Pollenbelastung gefährlich

Starke Pollenbelastung im letzten Schwangerschaftstrimester erhöht die Häufigkeit für eine Notfallaufnahme der Babys wegen Asthma um 35 Prozent – ergab eine schwedische Studie an mehr als 110.000 Kindern. Eine Belastung durch Pollen in den ersten drei Wochen sei dagegen eher ein Schutzfaktor, aber nur bei Kindern von Eltern, die rauchen.
APA/Allergy, Asthma & Clinical Immunology

Viagra® lässt Fettzellen schmelzen

Fettleibige Mäuse verlieren an Gewicht, wenn sie über einen längeren Zeitraum Sildenafil verabreicht bekommen. Das fanden Forscher der Universität Bonn heraus. Viagra® wandelt verstärkt weiße Fettzellen, die auch in den Problemzonen des Menschen stecken, in braune um. Diese wiederum verbrennen die Nahrungsenergie und setzen sie in Wärme um.
APA/FASEB

Grazer Forscher entwickeln künstliches Pankreas

Forscher des Grazer Joanneum Research arbeiten an der Entwicklung eines künstlichen Pankreas. Das tragbare System soll im Fettgewebe des Bauches verankert und wie ein herkömmlicher Katheter jeden dritten Tag getauscht werden. Mithilfe der „Single-Port-Technologie“ soll über diesen integrierten Katheter gleichzeitig über eine neue Glukose-Sensor-Technologie die Messung des aktuellen Glukosewerts verbessert werden, was eine genauere Berechnung der aktuell erforderlichen Insulindosis ermöglicht. Die Messung der Glukosekonzentration im subkutanen Fettgewebe im Bauch erfolgt über optische Sensoren, die mit einem fluoreszierenden Farbstoff beschichtet sind. Der Sensor wiederum wird transkutan von einer Lichtquelle angeregt und schickt seine Messungen als feinste Signale wieder durch die Haut, wo sie von einem Detektor an der Hautoberfläche aufgenommen werden. Verteilt wird das Insulin über eine integrierte Pumpe. Das EU-Verbundforschungsprojekt SPIDIMAN (Single-Port Insulin Infusion for Improved Diabetes Management) ist für vier Jahre angelegt.
APA

Chronische Polyarthritis: halbe Etanercept-Dosis reicht

Bei der Behandlung von Patienten, die an moderat aktiver chronischer Polyarthritis leiden, mit Methotrexat sowie Etanercept zur Hemmung des Entzündungsbotenstoffes TNF-alpha reicht auch die halbe Etanercept-Dosis aus. Das bestätigte die Studie von Univ. Prof. Josef Smolen von der Klinischen Abteilung für Rheumatologie an der Medizinischen Universität Wien. Bei Tests mit 604 Patienten mit moderater Erkrankung und Kombinationstherapie wurde jeweils einer Gruppe die volle Dosis von 50 Milligramm pro Woche, die halbe Dosis oder ein Placebo verabreicht. Das Ziel einer niedrigeren Krankheitsaktivität erreichten bei voller Dosierung 82,6 Prozent der Patienten, bei halber Dosierung 79,1 Prozent. Die geringere Dosis sei nicht nur ebenso wirksam, sondern auch kostengünstiger; ebenso werde das Risiko für Nebenwirkungen gesenkt, so der Studienleiter.
APA/The Lancet

Amygdala-Schäden bewirken Selbstlosigkeit

Menschen mit Schäden in der basolateralen Amygdala neigen zu selbstlosem Verhalten. In Zusammenarbeit mit Jack van Honk von der Universität Kapstadt konnte der Wiener Christoph Eisenegger vom Bereich Biologische Psychologie der Universität Wien einen Zusammenhang zwischen einer Läsion der Amygdala und Altruismus nachweisen. In einem Rollenspiel erhielten drei Probanden mit Urbach-Wiethe-Krankheit – hier ist die basolaterale Amygdala verkalkt – einen gewissen Geldbetrag, der an einen Treuhänder überwiesen werden konnte; hier konnte der höchste Gewinn erzielt werden, wenn sich die Personen gegenseitig vertrauten. Im Vergleich zu gesunden Testpersonen investierten Menschen mit Amygdala-Schäden das Doppelte. Die Forscher gehen davon aus, dass Menschen primär helfen und kooperieren, während Egoismus erst gelernt werden muss. Für diesen Lernprozess wäre die Amygdala zuständig. Das Hirnareal im Temporallappen könnte daher eine zentrale Rolle bei der Steuerung zwischenmenschlichen Verhaltens einnehmen.
APA/PNAS

Autounfälle: höheres Todesrisiko für Fettleibige

Stark übergewichtige Menschen haben ein deutlich höheres Risiko, bei Autounfällen ums Leben zu kommen. Während bei stark Übergewichtigen die Chance für einen tödlichen Unfall gegenüber Normalgewichtigen um 21 Prozent steigt, sind es bei Fettleibigen bereits 51 Prozent. Bei extrem Fettleibigen steigt das Risiko sogar um 80 Prozent. Das fanden die US-amerikanischen Forscher Thomas Rice von der University of California in Berkeley und Motao Zhu von der University in West Virginia in einer Studie heraus, im Rahmen derer die Daten von 57.000 Kollisionen in den USA miteinander verglichen wurden. Ausgewertet wurden schließlich 3.403 Unfälle, bei denen Gewicht, Alter der Betroffenen sowie Angaben über die Verwendung des Sicherheitsgurtes vorlagen. Grund für das höhere Risiko könnte sein, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Autos auf Normalgewichtige ausgelegt sind. So verzögert Bauchfett etwa das Auslösen der Sicherheitsgurte, was häufigere Verletzungen im Brustbereich bewirkt. Gefährdet sind aber auch Untergewichtige: Laut der Studie weisen auch sie bei Autounfällen ein erhöhtes Sterberisiko auf.
APA/Emergency Medicine Journal


Leber steuert Krebs-Kachexie

Der Mechanismus, der im Spätstadium eines Karzinoms zur Kachexie führt, wird von der Leber gesteuert. Das entdeckten Forscher vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg bei der Arbeit mit Mäusen. Tumore regen die Produktion eines zentralen Genschalters in der Leber an. Die Aktivität dieses Schalters, des Proteins TSC22D4, bedingt eine geringere Ausschüttung des Lipoproteins VLDL und so eine Senkung des Blutfettspiegels; die Tiere magerten ab. In der Leber selbst werden dagegen Fette angelagert und die Gene für alle wichtigen Schritte der Fettsynthese blockiert. Bei Stilllegung des Schalters nahm die Leber die Produktion von VLDL wieder auf und der Blutfettspiegel stieg. Auch die an der Fettsynthese beteiligten Gene wurden wieder aktiv. Da dieser Prozess auch beim Menschen so funktioniert, gehen die Forscher davon aus, dass man ebenso in die Abläufe eingreifen könne.
APA/EMBO Molecular Medicine

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2013