neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

15.12.2013 | Medizin

Rotavirus-Infektionen sinken

Die seit dem Jahr 2007/08 in Österreich kostenlos erhältliche Rotavirus-Impfung für Säuglinge zeigt Wirkung: Wissenschafter des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien verzeichnen einen Rückgang der Krankenhausaufenthalte bei Rotavirus-Infektionen von Babys um 80 Prozent. Auch die Gesamtzahl der Fälle sinkt wegen des Herdenschutzes.
APA/Vaccine

Ohrmuskel steuert Rollstuhl

Mithilfe ihrer Ohrmuskeln könnten Menschen mit gelähmten Extremitäten ihre Rollstühle künftig mit Hilfe eines kleinen Chips hinter dem Ohr, der die Muskelsignale aufzeichnet und weiterleitet, steuern. Dafür muss jedoch die Ohrmuskulatur trainiert werden. Erste Tests mit zehn gesunden Teilnehmern sind vielversprechend verlaufen. Bei entsprechendem Training sei auch eine Feinsteuerung möglich.
APA

Biomarker identifiziert Infarkt noch rascher

Mit einem neuen, hochsensitiven Troponintest können bereits geringe Myokardschäden identifiziert werden. Damit kann bereits drei Stunden nach der Aufnahme ins Krankenhaus – und somit in der halben Zeit als bisher üblich – die gesicherte Diagnose Myokardinfarkt gestellt werden. Der Anstieg von Troponin I ist im Blut ca. zwei Stunden nach Infarktbeginn nachweisbar.


Sport nützt auch im Alter

Wer regelmäßig maßvoll oder ordentlich Sport betreibt, erhöht damit seine Aussichten auf gesundes Altern um das Siebenfache. Bei jenen, die erst in späten Jahren mit dem Sport angefangen haben, erhöhte sich dieser Wert auf das Dreifache, wie britische Wissenschafter bei der Untersuchung von 3.500 Menschen im Alter von durchschnittlich 64 Jahren herausgefunden haben.
APA/British Journal of Sports Medicine

Botox im Gesicht verändert Sinneswahrnehmung

In einer kleinen Studie haben Wissenschafter um Arko Ghosh vom Institut für Neuroinformatik der Universität und ETH Zürich eine paradoxe Reaktion entdeckt: Wird Botox zur Glättung von Falten im Gesicht injiziert, reagiert das Gehirn auch weniger stark auf Berührungen der Hand. Dazu maßen die Forscher bei 15 Freiwilligen, die sich Botox gegen Falten in die Stirn spritzen ließen, die Gehirnströme davor und danach. Sechs Wochen nach der Behandlung zeigte sich, dass das Hirnareal, das die Hand repräsentiert, weniger stark auf Berührungen der Hand reagierte. Der Grund: Die Gehirnareale für Gesichts- und Handnerven liegen im somatosensorischen Kortex nebeneinander. Derzeit wird noch untersucht, ob auch die Funktion oder das Gefühl in den Händen der Testpersonen betroffen sind.
APA/Annals of Clinical and Translational Neurology

Lerngeschwindigkeit hängt von Synapsengröße ab

Die individuelle Lerngeschwindigkeit von Mäusen konnten Forscher um Simon Rumpel am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien an der Größe ihrer Synapsen festmachen. Sie ließen Mäuse zwei unterschiedliche Töne unterscheiden: Bei Ton A erhielten die Tiere eine Belohnung, bei Ton B nicht. Die Mäuse lernten nur langsam; es brauchte rund 2.000 Wiederholungen, bis sie die Töne auseinanderhalten konnten. Die Lernkurve stieg jedoch nach etwa der 1.000sten Wiederholung deutlich an, denn die Synapsen können trainiert werden. Das führen die Forscher darauf zurück, dass erst der wiederholte Stimulus die Bildung starker Synapsen fördert, die dann wiederum zum schnelleren Lernerfolg beitragen. Der Zeitpunkt dieses Anstieges war allerdings von Maus zu Maus verschieden. Große Synapsen veränderten sich stärker als kleine; auch die Ausgangsbasis der Synapsen bei den Mäusen spielte bei der Lerngeschwindigkeit also eine Rolle. Die neue neuronale Vernetzung behielten die Tiere bei: Bei der Umkehr des Experiments (Belohnung gab es nun bei Ton B) lernten die Mäuse deutlich schneller.
APA/PNAS


Hirnstimulation mit Strom hebt Lähmungen auf

Eine Stimulation der Mesencephalen Lokomotionsregion (MLR) mittels Stromstößen half Ratten, bei denen 70 bis 80 Prozent des Rückenmarks zerstört waren, wieder schneller zu laufen. Vollständig gelähmten Ratten (Rückenmarksschäden bis zu 90 Prozent) gelang es nach der Therapie, die Hinterbeine beim Schwimmen wieder zu bewegen. Mit Hilfe von Elektroden stimulierte das Schweizer Team um Lukas Bachmann vom Hirnforschungszentrum der ETH Zürich den entwicklungsgeschichtlich alten Hirnteil MLR, der für das Auslösen von Bewegungen und die Regulation der Stärke verantwortlich ist. Es gebe allerdings noch keine Hinweise, dass die Methode auch beim Menschen funktioniert und wenn, welche Folgen so eine Behandlung haben könnte, schränkten die Forscher ein. Sie wollen die Behandlung nun an größeren Tieren testen. Profitieren könnten vor allem Patienten, die bereits lange mit einer Behinderung leben. Fazit der Forscher: Die Tiefenhirnstimulation hat das Potential, Patienten, die wegen Rückenmarksverletzungen Bewegungsstörungen haben, zu helfen. Voraussetzung: Zumindest ein Nervenstrang des Rückenmarks muss unverletzt sein.
APA/Science Translational Medicine

Multiple Sklerose: neue therapeutische Optionen

Das Spektrum der medikamentösen Behandlungsmöglichkeit bei Multipler Sklerose ist größer geworden. Ab sofort ist der ursprünglich aus der Onkologie stammende, monoklonale Antikörper Alemtuzumab (in Österreich unter dem Handelsnamen Lemtrada® erhältlich) auf dem Markt. In Studien zeigte Alemtuzumab eine Schubreduktionsrate von 60 Prozent und somit hohe Wirksamkeit. Eine weitere Innovation vor allem in Bezug auf den Patientenkomfort könnte Teriflunomid darstellen, da es oral verabreicht werden kann. Derzeit ist es in der Europäischen Union unter dem Handelsnamen Aubagio® zugelassen; in Kürze soll es auch in Österreich erhältlich sein. „Wir können heute früher und besser diagnostizieren und behandeln“, betonte der Neurologe Ulf Baumhackl kürzlich bei einer Pressekonferenz in Wien. Deshalb steige auch die Zahl der Patienten mit leichten Verläufen kontinuierlich an. In Österreich sind rund 12.500 Menschen von Multipler Sklerose betroffen; der Großteil der Betroffenen ist weiblich.

HIV: Unbehandelte übertragen resistente Viren

Nicht behandelte Patienten, bei denen die HIV-Therapie fehlgeschlagen ist, sondern unbehandelte HIV-Infizierte übertragen Viren, die gegen die entsprechenden Medikamente resistent sind. Das ergab eine Studie des Teams um Univ. Prof. Huldrych Günthard am Universitätsspital Zürich. Dabei wurde 1.674 männlichen homosexuellen HIV-Infizierten Blut abgenommen. Bei 140 der Betroffenen konnten die Forscher resistente Viren nachweisen. Aus dem Ansteckungszeitraum und dem genetischen Verwandtschaftsgrad der Viren wurden die Übertragungsketten rekonstruiert. Fazit: Zu einem großen Teil beginnt die Übertragungskette bei Patienten, die noch keine Behandlung begonnen haben. Um eine Ausbreitung dieser resistenten Viren zu verhindern, müsse nun vermehrt auf Prävention und Früherkennung gesetzt werden, betonten die Forscher. Nur so könne die Übertragung, die von unbehandelten Personen ausgeht, unterbunden werden.
APA/Clinical Infectious Diseases

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2013