Influenza-Impfung in der Schwangerschaft: Dringend empfohlen

25.10.2013 | Medizin

Als gefährliche Infektionskrankheiten für Schwangere sind Masern und Röteln bekannt. Aber auch Influenza birgt große Risiken: Schwangere haben nicht nur eine deutlich höhere Rate an Influenza, auch ihre Hospitalisierungsrate steigt um das Vier- bis Zehnfache.
Von Barbara Wakolbinger

Impfen in der Schwangerschaft bedeutet immer so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Und die Influenza-Impfung empfehlen wir dringend“, erklärte Univ. Prof. Herbert Kiss von der Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin der Medizinischen Universität Wien am AKH vor kurzem bei einer Pressekonferenz in Wien. Auch in die Impfempfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) sind Schwangere inzwischen aufgenommen, denn sie haben nicht nur ein erhöhtes Infektionsrisiko, sondern auch die Hospitalisierungsrate steigt gegenüber Nicht-Schwangeren auf das Vier- bis Zehnfache. Die meisten Daten stammen aus der Zeit der Influenza-Pandemie 2009/10. „Während die Hospitalisierungsrate normaler Patienten bei acht Prozent lag, wurde ein Drittel der schwangeren Patientinnen im Krankenhaus behandelt. Fast zehn Prozent davon mussten sogar intensivstationär aufgenommen werden“, schilderte Univ. Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien.

Zu schweren Verläufen kommt es vor allem im dritten Trimenon der Schwangerschaft; oft stellen sich Laringitis, Bronchitis und Pneumonie als Begleiterkrankungen ein. Denn das Immunsystem Schwangerer verändert sich und wird so besonders anfällig gegenüber Influenzaviren. Zum erhöhten Sauerstoffverbrauch und dem erhöhten kardialen Output kommen eine reduzierte Lungenkapazität und ein reduziertes Atemvolumen. „Wir haben es mit reduzierter zellulärer Immunität und erhöhten regulatorischen Zellen mit reduzierter Abwehr zu tun“, so Wiedermann-Schmidt. Besonders die Begleiterkrankungen sind gefährlich. „Im schlimmsten Fall kann es zu Frühgeburten und Todesfällen sowohl bei Kindern als auch Müttern kommen“, sagte Kiss. Mit einer Behandlung durch antivirale Medikamente sollte man im Zweifelsfall daher nicht warten. Erfolgt diese erst nach 48 Stunden, haben die Patientinnen ein sechsfach erhöhtes Risiko, in Intensive Care Units aufgenommen werden zu müssen, so Kiss. Auch das Risiko für eine mechanische Beatmung ist zwölffach erhöht, das Mortalitätsrisiko steigt sogar um das 54-Fache. Die Rate der Frühgeburten lag bei diesen Patientinnen bei 30 Prozent.

Vor allem in der Influenzasaison von Oktober bis März empfehlen die Experten daher zum Schutz der Mutter und des Kindes dringend eine Impfung. „Schwangerschaft ist keine Kontraindikation“, betonte Kiss. Totimpfstoffe können während der Schwangerschaft problemlos angewandt werden. Auch Neugeborene profitieren dann noch vom „Nestschutz“ der Mutter. Auch stillende Mütter können problemlos geimpft werden, für Säuglinge selbst ist eine Impfung erst nach dem sechsten Lebensmonat möglich. „Influenza-Impfungen in der Schwangerschaft verhindern zu über 90 Prozent eine Hospitalisierung der Kinder unter sechs Monaten“, ergänzte Wiedermann-Schmidt.

Durchimpfungsrate katastrophal

Die Durchimpfungsrate bei Schwangeren und auch in der Normalbevölkerung ist laut der Impf-Expertin „katastrophal schlecht“. Vielen werdenden Müttern ist die Wichtigkeit der Impfung gar nicht bewusst. „Umso bedeutender ist die Rolle des Gynäkologen und des Hausarztes bei der Empfehlung“, meinte Kiss. Nach der Influenza-Pandemie 2009/10 ist die österreichische Durchimpfungsrate sogar weiter gesunken: Sie liegt derzeit bei etwa zehn Prozent. Jährlich erkranken fünf bis 15 Prozent der Bevölkerung an Influenza, durchschnittlich gibt es pro Jahr 320 Todesfälle, in ausgeprägten Grippejahren kann diese Zahl auf bis zu 1.000 Personen ansteigen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2013