Adipositas-Studie an Wiener Kindern: Viel Fastfood, kaum Sport

15.12.2013 | Medizin

20 Prozent der Energiezufuhr der Kinder stammt aus dem Zucker von Softdrinks – so lautet eines der Ergebnisse einer Studie an Wiener Kindern. EDDY – so der Name der Studie – soll die erste standardisierte und evaluierte Studie zu Präventionsmaßnahmen im Jugendalter in Österreich werden. Von Barbara Wakolbinger

Rund 60 Prozent aller Fälle von Typ 2-Diabetes könnten mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung verhindert werden, betonte Univ. Prof. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE) kürzlich bei einer Pressekonferenz in Wien. Damit diese Präventionsmaßnahmen wirklich greifen, muss schon in jungen Jahren vorgebeugt werden. Denn die Ergebnisse einer Studie, die an 146 Wiener Kindern im Alter von zehn bis 14 Jahren durchgeführt wurde, sind beunruhigend: Jedes vierte Kind ist übergewichtig, neun Prozent sind adipös. Bei drei Prozent der Kinder stellten die Experten sogar eine morbide Adipositas fest. Bei der parallel dazu erfolgten Blutuntersuchung wurden außerdem Anomalien im Fettstoffwechsel, Vitamin D-Defizite sowie Eisenmängel festgestellt. Die Spätfolgen von Adipositas in jungen Jahren beschreibt Widhalm als dramatisch: Neben Knorpelschäden, Knochenveränderungen, Asthma und Allergien steigt auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes enorm. „Altersdiabetes verdient diesen Namen schon lange nicht mehr“, betont auch Univ. Prof. Thomas Stulnig, Leiter der Ambulanz für Fettstoffwechselstörungen und angeborene Stoffwechselstörungen der Medizinischen Universität Wien. Wenn bereits Jugendliche an Typ 2-Diabetes erkranken, sind sowohl die Folgeschäden als auch die Folgekosten enorm.

Große Wissenslücken

Auch in Sachen Ernährungswissen tun sich bei den Kindern große Lücken auf: Zehn Prozent von ihnen ordneten Pizza, Süßigkeiten und Softdrinks der Gruppe der gesunden Lebensmittel zu; gar die Hälfte der Kinder differenzierte bei der Einordnung in Lebensmittelgruppen nicht zwischen Fleisch, Obst und Gemüse. Das spiegelt sich auch in den Ernährungsgewohnheiten wider: Fastfood wie Hamburger oder Kebap werden von einem Drittel der Kinder mindestens drei- bis viermal in der Woche konsumiert, die Hälfte isst weniger als einmal am Tag Gemüse. 26 Prozent geben an, nie Gemüse zu essen. „20 Prozent der Energiezufuhr der Kinder stammt aus dem Zucker von Softdrinks“, führt Widhalm aus. Auch mit Bewegung wird das kaum ausgeglichen: 80 Prozent der Kinder kommen nicht einmal auf eine Stunde moderate Bewegung pro Tag.

Die Erhebungen fanden im Zuge der vom Österreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin durchgeführten Studie „Effect of sports and diet trainings to prevent obesity and secondary diseases and to influence young children’s lifestyle“ – kurz EDDY – statt. Sie soll die erste standardisierte und evaluierte Studie zu Präventionsmaßnahmen im Jugendalter in Österreich werden. Bis zum Sommer 2014 erhalten die Kinder Ernährungsunterricht und Lernmaterialien und absolvieren zusätzliche Sporteinheiten. Damit soll das Bewusstsein von Kindern und Eltern gestärkt werden. Nach dem Ende der Studie werden die teilnehmenden Schulklassen mit Kindern, bei denen es keine Interventionen gab, verglichen. „Die Ergebnisse von EDDY sollen dann die Grundlage eines nationalen Präventionsprogramms bilden“, sagt Widhalm. Er fordert außerdem eine nationale Surveillance in Schulen, die Einbeziehung von Schulärzten in die Prävention und die Schaffung von nationalen Strukturen zur Bekämpfung von Übergewicht bei Kindern.

Fitness von Kindern nimmt ab

Den Trend zu Übergewicht und Inaktivität bei Kindern zeigt auch eine Meta-Studie aus den USA: Kinder sind heutzutage ungefähr um 15 Prozent weniger fit als noch ihre Eltern – die Experten berichten von einem Sinken der Ausdauerleistung bei Belastung um fünf Prozent pro Jahrzehnt. Dafür untersuchten die Forscher die Daten von Studien aus den Jahren 1964 bis 2010 aus rund 50 Ländern mit ungefähr 25 Millionen Probanden. Es zeigte sich unter anderem, dass Kinder heute zum Laufen einer Meile (rund 1,6 Kilometer) eineinhalb Minuten länger brauchen als noch vor 30 Jahren. In 30 bis 60 Prozent der Fälle kann die schlechtere sportliche Leistung auf eine Zunahme an Körperfett zurückgeführt werden.
Quelle: APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2013