Werbung für ärztliche Leistungen: Zurückhaltend informieren

10.06.2012 | Politik

Die Disziplinarbehörden haben sich zunehmend mit Verstößen gegen die Richtlinie Arzt und Öffentlichkeit zu befassen. Insbesondere die Teilnahme an Internet-Werbeaktivitäten ist immer öfter Gegenstand disziplinarrechtlicher Verfahren.
Von Renate Wagner-Kreimer*

Der Arzt unterliegt im Rahmen seiner ärztlichen Berufsausübung zahlreichen Verpflichtungen, denn die „Ausübung der Medizin“, wie der Berufsumfang im Ärztegesetz grob umschrieben wird, ist ein besonders sensibler Bereich. Hier geht es nicht um Massenanfertigung und Standardisierung von Produkten, sondern um die Auseinandersetzung mit dem einzelnen Patienten, seiner individuellen Situation, mit seinem Gesundheitszustand oder seiner Krankheit. Die ärztliche Berufsausübung ist oftmals eine sehr risikogeneigte Tätigkeit, ist sie doch in der Regel mit Eingriffen in die körperliche und/oder psychische Integrität des Patienten verbunden. Die Beratung und Behandlung hat sich am Wohle des Patienten zu orientieren. Nicht unwesentliche Faktoren für den Heilungserfolg sind auch eine gute Arzt-Patienten-Beziehung, Kommunikation sowie ein aufeinander „vertrauen können“, das nicht zuletzt auf der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht basiert. Gerade der Arzt erlangt im Rahmen seiner Berufsausübung Kenntnis von besonders geschützten Daten, insbesondere Gesundheitsdaten.

Die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele steht also beim Berufsbild des Arztes nicht im Vordergrund. Die ärztliche Tätigkeit orientiert sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten und am Patientenwohl, weshalb auch die Art und Weise, wie die ärztliche Tätigkeit angeboten und beschrieben wird, entsprechend zu gestalten ist. Der Patient muss davon ausgehen können, dass die ausgetauschten Informationen und empfohlenen Maßnahmen einzig dem Zweck der Heilung, Linderung und Vorbeugung von Krankheit dienen. Deshalb unterliegt der Arzt einer gewissen Werbebeschränkung, die letztlich einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufes vorbeugt. Gerade der Arzt hat im Umgang mit Medien besondere Vorsicht und Zurückhaltung walten zu lassen. Verfälschungen des Berufsbildes, Angaben, die den Tatsachen nicht entsprechen oder wissenschaftlich nicht belegt sind, sind zu unterlassen; ebenso Aussagen, die geeignet sind, unrichtige Vorstellungen hervorzurufen oder unbegründete Hoffnungen zu wecken.

In diesem Sinne lautet der rechtliche Rahmen: „Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information in Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten“ (vgl. § 53 Abs. 1 Ärztegesetz 1998). Die Richtlinie Arzt und Öffentlichkeit definiert als „unsachlich“ medizinische Informationen, die wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widersprechen, als „unwahr“ Informationen, die den Tatsachen nicht entsprechen. Das Ansehen der Ärzteschaft wird beeinträchtigt u.a. durch das Darstellen einer wahrheitswidrigen medizinischen Exklusivität beziehungsweise der Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche beziehungsweise marktschreierische Darstellung. „Marktschreierisch“ ist eine Information dann, wenn sie vom angesprochenen Verkehrskreis nicht wörtlich genommen, sondern als nicht ernst gemeinte Übertreibung aufgefasst wird. Ärzte haben in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, dass standeswidrige Information durch Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleiben.

Es handelt sich somit nicht um ein generelles Werbeverbot, sondern es sollen die Grenzen zulässiger Information aufgezeigt werden. Dabei sind sowohl die Besonderheiten des jeweils gewählten Mediums, als auch Form, Inhalt und Umfang der Darstellung zu berücksichtigen. In diesem Sinne sind Homepages von Ärzten ausdrücklich zugelassen. Aber auch dort ist ausschließlich sachliche Information zulässig.

Die angeführten Bestimmungen gelten für jegliche ärztliche Tätigkeiten, egal ob es sich um eine schwere Operation oder aber auch um Maßnahmen mit geringer
Eingriffsintensität oder eine ärztliche Beratungsleistung, handelt. Verstöße gegen die Werbebeschränkung werden in der Regel als Disziplinarvergehen geahndet.

Die Disziplinarbehörden hatten sich in letzter Zeit öfters beispielsweise mit folgenden Überschreitungen der Grenzen seriöser sachlicher Information – insbesondere neuer Kommunikationsformen – zu befassen: „Wer schön sein will, muss laufen.“ Es handelt sich hierbei um eine übertriebene Werbesprache: Die Patienten wurden zudem unter Zeitdruck gesetzt (Voraussetzung, dass man unter den ersten Patienten ist). Es ergebe sich kein sachlicher Grund, weshalb die Schnellsten bevorzugt würden.

Zunehmend sind Verstöße wegen der Teilnahme an Internet-Werbeaktivitäten
wie etwa auf Plattformen wie beispielsweise www.groupon.at oder www.dailydeal.at feststellbar. Es werden hier Leistungen von ÄrztInnen mit einem zeitlich beschränkten Rabatt (von 50 Prozent bis über 60 Prozent) unter Anführung der Restlaufzeit in Stunden, Minuten und Sekunden angeboten. Oftmals sind damit Werbetexte mit unsachlichen, emotionalen Motiven verbunden. Dazu hat die Disziplinarkommission festgestellt: „Die Anführung eines Statt-Preises mit Errechnung des Rabatts, verbunden mit einer zeitlichen Befristung des Angebots und dem Hinweis des bisher erfolgreichen Verkaufs im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Begleittext haben geradezu jahrmarktschreierische Qualität und stehen nicht im Einklang mit zulässiger Information.“

Im Interesse einer wertorientierten Ärzteschaft waren die Mitwirkung an Fernsehsendungen, die in unnötiger und aufdringlicher und daher marktschreierischer Weise das Naheverhältnis mit gewissen Gesellschaftskreisen, aber auch die Verquickung der ärztlichen Tätigkeit mit Problemen aus dem Privat- und Familienleben vorgeführt haben, Inhalt disziplinarrechtlicher Entscheidungen. Dies auch, weil durch die dem Verfahren zugrunde liegenden Sendungen keine für präsumtive Patienten interessanten medizinischen Informationen transportiert wurden. Die Disziplinarkommission entschied, dass dies in aufdringlicher und marktschreierischer Darstellung der Bewerbung der eigenen Person und der ärztlichen Leistung gedient habe. Ebenso sind die Verlosung von ärztlichen Leistungen, Preisausschreiben, Sonderangebote, Bonus- und Rabattsysteme, Versteigerungen oder Lotterien über ärztliche Leistungen, etc. verpönt.

Die Österreichische Ärztekammer rät daher dringend von der Teilnahme an solchen Werbe- und Vermittlungstätigkeiten ab.

*) Dr. Renate Wagner-Kreimer ist Juristin in der ÖÄK

Tipp:

Die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ (Weberichtlinie) ist auch unter www.aerztekammer.at/kundmachungen veröffentlicht. 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2012