Umfrage unter Österreichs Spitalsärzten: Freude und Frust

10.03.2012 | Politik

Die Freude an und mit der ärztlichen Tätigkeit ist es, die Österreichs Spitalsärztinnen und Spitalsärzte trotz zahlreicher organisatorischer und struktureller Mängel weiter arbeiten lässt, wie eine Blitzumfrage zeigt.
Von Agnes M. Mühlgassner

Die Arbeitssituation von angestellten Ärztinnen und Ärzten in Österreich zu erfassen war das Ziel einer Studie, die von der Österreichischen Ärztekammer beim IFES-Institut (Institut für Empirische Sozialforschung) in Auftrag gegeben wurde. Befragt wurden dabei 500 Ärzte und Ärztinnen in Form von Telefoninterviews im Jänner und Feber 2012.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Lediglich 36 Prozent der Befragten sind mit den Rahmenbedingungen wie Arbeitszeit, Infrastruktur und Organisation zufrieden. 33 Prozent zeigen sich kritisch und weitere 31 Prozent sind ganz und gar nicht zufrieden. Am meisten sind die fertig ausgebildeten Fachärzte betroffen: In dieser Gruppe geben 37 Prozent an, mit den Rahmenbedingungen in ihrem Spital überhaupt nicht zufrieden zu sein.
  • Nur 46 Prozent der Befragten bezeichnen die Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Spital als zufriedenstellend; 30 Prozent sind unentschieden und 23 Prozent sind damit nicht zufrieden. Besonders bei den Fachärzten ist in puncto beruflicher Karriere ein überdurchschnittlich hohes Maß an Unzufriedenheit zu registieren. Bei den Turnusärzten wiederum herrscht große Unzufriedenheit darüber, dass sie erst nach dem dreijährigen Turnus mit der Turnus mit der Facharzt-Ausbildung beginnen können.
  • Was die Mitsprachemöglichkeiten bei wesentlichen Veränderungen im Krankenhaus betrifft, zeigen sich 47 Prozent unzufrieden; lediglich 26 Prozent sind zufrieden. Mit 73 Prozent ist die Unzufriedenheit in diesem Bereich bei den Turnusärzten in Ausbildung zum Allgemeinmediziner besonders hoch.
  • Außerordentlich hoch ist die Identifikation der Betroffenen mit ihrem Beruf – oder wie Studienleiter Georg Michenthaler vom IFES-Institut es formuliert: „Man könnte fast schon von einer Berufung zur medizinischen Tätigkeit sprechen.“ 74 Prozent fühlen sich damit sehr stark, weitere 24 Prozent stark verbunden. Während die Identifikation mit der jeweiligen Abteilung, an der die Befragten tätig sind, noch groß ist (34 Prozent sagen „sehr stark“, 37 Prozent „stark“) ist die Identifikation mit dem eigenen Krankenhaus beziehungsweise der jeweiligen Gesundheitseinrichtung geringer (16 Prozent sagen „sehr stark“, 39 Prozent „eher stark“). Hingegen fühlen sich nur 29 Prozent dem eigenen Dienstgeber beziehungsweise dem jeweiligen Krankenanstaltenverbund verbunden; 36 Prozent geben „eher schwach“ oder „so gut wie gar nicht“ an.
  • Die österreichischen Spitalsärztinnen und Spitalsärzte sind mit der Art und mit dem Inhalt ihrer Tätigkeit äußerst zufrieden: 73 Prozent vergeben bei der aktuellen Befragung die Bestnoten eins und zwei auf einer fünfteiligen Bewertungsskala. Trotzdem gibt es einen enorm hohen Frust unter den Ärzten.

„Das Frustpotential ist enorm“, so Michenthaler. Die generelle Freude am ärztlichen Beruf ziehe sich durch alle Studien, die das IFES-Institut bislang im Auftrag der Bundeskurie angestellte Ärzte erstellt habe. Sein Resümee aus der Befragung: „Die Rahmenbedingungen im Spital müssen sich ändern.“

Für den Kurienobmann der angestellten Ärzte in der ÖÄK, Harald Mayer, sind die Ergebnisse der Blitzumfrage eine Bestätigung dafür, dass es hoch an der Zeit ist, die Rahmenbedingungen für angestellte Ärzte rasch und nachhaltig zu verbessern: „Ich sehe gewaltige Defizite, speziell beim Arbeitsklima, den Arbeitsbedingungen, den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten, der Arbeitszeit, Infrastruktur.“ Aber auch bei der Identifikation mit dem Dienstgeber beziehungsweise dem Krankenanstaltenverbund ist es nicht zum Besten bestellt.

Diese Unzufriedenheit zieht sich quer durch alle Berufsgruppen, angefangen von den Turnusärzten bis hin zu den Primarii.

Auch hinsichtlich der Entscheidungsprozesse ist Handlungsbedarf gegeben. Harald Mayer dazu: „Die Kommunikations- und Informationspolitik der Dienstgeber muss sich um 180 Grad ändern. Wir brauchen mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen im Spital.“ Denn mangelnde Information bewirke, dass Entscheidungsprozesse nur wenig transparent seien und sich die betroffenen Ärztinnen und Ärzte nicht wirklich eingebunden fühlten.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2012