Tag der Allgemeinmedizin: Mehr Anerkennung gefordert

10.03.2012 | Politik

Eine bessere Ausbildung, eine optimale Umsetzung des Hausarztmodells und dass das Berufsbild des Allgemeinmediziners mehr Anerkennung findet als bisher – das sind die Erwartungen der Organisatoren des diesjährigen Tages der Allgemeinmedizin, der am 17. März in Wien stattfindet.
Von Birgit Oswald

Wir haben Referenten aus Deutschland, Südtirol und der Schweiz eingeladen, um ihre Modelle an diesem Tag der Allgemeinmedizin näher vorzustellen“, wie dazu im Vorfeld der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM), Reinhold Glehr, betont. In Baden-Württemberg etwa gibt es gute Erfahrungen, auch in der Schweiz gibt es seit längerem Hausarztmodelle. Die Erfahrungen, die in den Nachbarländern mit solchen Modellen gemacht wurden, sollen Anstöße bieten, die Situation in Österreich zu verbessern, ergänzt Jörg Pruckner, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin: „Durch den fachlichen Rundum-Blick wollen wir sehen, wie die Arbeitswelt der Allgemeinmediziner in Südtirol, der Schweiz und Deutschland im Vergleich zur Situation in Österreich aussieht und wie das Hausarztmodell der ÖÄK vorangetrieben werden kann.“

Wie ein sehr gut funktionierendes Hausarztmodell in der Praxis aussehen kann, wird Simon Kostner, Präsident der Gesellschaft für Allgemeinmedizin Südtirol, berichten. „In Italien gilt das Primärarztsystem wie in England und in Holland, wo die Gesundheitsversorgung ausschließlich über den Hausarzt geht. Der Hausarzt verwaltet die ganze Gesundheit des Bürgers. Der Patient kann nur mit einer Überweisung vom Hausarzt zum Facharzt oder ins Krankenhaus gehen.“ Die Erfahrungen mit diesem Modell sind laut Kostner sehr gut, da es sich nicht nur für den Patienten, sondern auch auf die Finanzen positiv auswirkt. „Das System ist effizienter als die deutschen Systeme. Die öffentliche Hand gibt viel weniger Geld aus. In Italien werden etwa sieben Prozent des Brutto-Inlands-Produkts für Gesundheit aufgebracht, in Deutschland hingegen elf Prozent. Die geringeren Ausgaben haben aber keinen Nachteil. Die Lebenserwartung ist in Italien und Südtirol sogar höher als in Deutschland“, führt Kostner aus. Durch die Koordinationsfunktion des Hausarztes werde darüber hinaus weniger Geld und Zeit verschwendet, da teure Doppeluntersuchungen entfallen.

Die Stärkung der Primärversorgung in Österreich ist vor allem deswegen unerlässlich, um den stationären Bereich entsprechend zu entlasten, wie Glehr betont. Besonders im urbanen Bereich habe man diesen Aspekt stark vernachlässigt, was überfüllte Ambulanzen zur Folge habe. Glehr resümierend: „Ich habe den Eindruck, dass man im Hauptverband sehr intensiv darüber nachdenkt und die Vorteile der Stärkung einer medizinischen Grundversorgung sieht. Bisher ist mehr die Angst im Vordergrund gestanden, dass die Patienten unzufrieden sein könnten. Ich glaube, dass die Bereitschaft der Patienten, am Hausarztmodell, das die ÖÄK vorschlägt, teilzunehmen, sehr groß ist, wenn die Qualität des Gesundheitssystems insgesamt erhalten bleibt.“ Für Pruckner ist der Tag der Allgemeinmedizin eine weitere Chance, Verbesserungen für die Zukunft in Gang zu setzen. „Ich erwarte mir vom Tag der Allgemeinmedizin ein weiteres Mosaiksteinchen auf dem Wege zu einer besseren Ausbildung, zu einer optimaleren Umsetzung des Hausarztmodells und dass das Berufsbild des Allgemeinmediziners mehr Anerkennung findet als bisher“, so Pruckner abschließend.

Tag der Allgemeinmedizin

Datum: Samstag, 17. März 2012
Uhrzeit: 9.00 bis 13.00 Uhr
Ort: Ärztekammer/Konferenzzentrum, Weihburggasse 10-12, 1010 Wien

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2012