Schlaganfall-Prävention: ÖÄK startet Kampagne

10.10.2012 | Politik

Jährlich erleiden 25.000 Menschen in Österreich einen Schlaganfall. Die ÖÄK startet daher eine groß angelegte Aufklärungs-Initiative, um die Prävention zu fördern. Wenn auch die meisten Insulte bei Menschen über 70 Jahren auftreten, ist die Zahl der juvenilen Schlaganfälle im Steigen begriffen. Von Marion Huber

„Mit dem Gedanken der Prävention kann sehr viel zur Senkung der Schlaganfall-Häufigkeit beigetragen werden“, betonte ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger zu Beginn einer Pressekonferenz, die den Auftakt zur ÖÄK-Kampagne „Schlaganfall – Vorsorgen mit Herz und Hirn“ darstellt. Sein Appell: „Die Risikofaktoren können durch einen gesunden Lebensstil deutlich reduziert werden. Das sind Dinge, die sich ändern lassen.“ Wenn mit der Prävention Erfolge erzielt werden können, sei es auch Aufgabe der Ärzteschaft, dies zu fördern. „Deshalb hat sich die ÖÄK dieses Themas angenommen“, so Wechselberger. Die Kampagne erfolgt in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung, der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin, der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie sowie der ÖGAM (Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin).

Jedes Jahr erleiden 25.000 Menschen in Österreich einen Insult; bei 5.000 davon handelt es sich um ein Rezidiv. 85 Prozent aller Schlaganfälle werden durch eine Embolie verursacht; 15 Prozent sind Folge einer Hirnblutung. Wenngleich die meisten Insulte bei Menschen über 70 Jahren auftreten, ist die Zahl der juvenilen Schlaganfälle im Steigen begriffen. „Acht Prozent der Schlaganfälle treffen Patienten unter 50 Jahre, weil sich die Lebensstil-Faktoren zunehmend ungünstig entwickeln“, erklärte Univ. Prof. Johann Willeit, Leiter der Stroke Unit an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung.

Awareness erhöhen

„Wir können noch so viele gute Medikamente entwickeln, wenn die Patienten sie nicht nehmen, sind sie wirkungslos“, betonte Univ. Prof. Herbert Watzke, Leiter der Palliativabteilung der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Wien und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin. Daher müsse die Awareness der Patienten erhöht und verstärkt Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass „es keine teuren Medikamente braucht, um die Risikofaktoren wie Hypertonie, Adipositas oder Diabetes zu senken“.

Etwa 75 Prozent der Schlaganfall-Patienten leiden an einer Hypertonie, behandelt werden laut Watzke allerdings nur 50 Prozent. „Senkt man den Blutdruck um nur 10 mmHg, reduziert man das Schlaganfall-Risiko um 30 Prozent“, erläuterte Watzke. Bei Vorhofflimmern, das etwa 25 Prozent der Schlaganfälle verursacht, könne man mit Antikoagulantien das Risiko so weit senken, dass es kaum höher ist als bei einem Patienten ohne Vorhofflimmern. Das große Gegenrisiko dabei ist allerdings die Hirnblutung. Das sei auch der Grund dafür, dass nur 50 bis 60 Prozent der Betroffenen Antikoagulantien nehmen, obwohl dadurch deutlich mehr Schlaganfälle verhindert als Hirnblutungen verursacht werden, wie Watzke weiter ausführte.

Auch Reinhold Glehr, Allgemeinmediziner und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, legte den Fokus auf die Bewusstseinsbildung: „Die Risiken sind vorhersehbar und behebbar. Wir müssen den Patienten vermitteln, dass es sich lohnt, diese Risiken auszuräumen.“ Aber auch wenn sich Symptome kurzfristig wieder zurückbilden, dürfe man sie nicht abtun, sondern müsse sie rasch erkennen und rechtzeitig eine Zuweisung in eine Stroke Unit veranlassen.

Der Zeitfaktor sei dabei entscheidend: „Es ist eine Zeit-kritische Situation, wenn man rechtzeitig helfen will“, so Willeit. Österreich befinde sich aber durch die Struktur der Stroke Units in der Akutversorgung international im Spitzenfeld. Von den 25.000 Schlaganfall-Patienten werden jährlich etwa 70 Prozent in den 35 österreichischen Stroke Units behandelt. „Je später eine Thrombolyse durchgeführt wird, umso gefährlicher und umso weniger wirksam ist sie“, resümierte Willeit.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2012