neu & aktuell: Politische Kurzmeldungen

15.08.2012 | Politik


China: Bleivergiftung bei Kindern

In China sind in einem Industriegebiet in der östlichen Provinz Jiangxi zwölf Fabriken geschlossen worden, weil mehr als 15 Kinder eine Bleivergiftung erlitten. Noch wird untersucht, ob das Blei aus den Fabriken für Metalle, Chemikalien und Recyclingpapier stammt. Erst kürzlich wurde der Bau einer Fabrik für Schwermetalle im Südwesten Chinas nach Protesten von Tausenden Anrainern gestoppt.

Mosambik: Fabrik für Aids-Medikamente

Nach jahrelangen Bauarbeiten soll in Mosambik eine Fabrik für Medikamente zur Aids-Behandlung eröffnet werden. Die Fabrik, die 21 Medikamentensorten herstellen kann, wurde von Brasilien mitfinanziert und ist das erste derartige Unternehmen, das rein öffentlich finanziert ist. Damit soll zunächst der Medikamenten-Bedarf in Mosambik, einem Land mit einer der höchsten Aids-Raten, gedeckt werden.

Kuba: Cholera-Ausbruch

Beim Ausbruch der ersten Cholera-Epidemie in Kuba seit mehr als 100 Jahren wurden in der Stadt Manzanillo bislang 158 Fälle registriert. „Isolierte“ Fälle gebe es auch in anderen Regionen; drei Menschen sind bisher gestorben. Die Behörden haben entsprechende Maßnahmen ergriffen. Die Cholera könnte durch kubanische Ärzte aus Haiti eingeschleppt worden sein.

Österreich: Entscheidung über Medizin-Quote

Im Herbst wird die EU-Kommission über eine Verlängerung der Medizin-Quotenregelung entscheiden. EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou hatte bereits im Mai dieses Jahres erklärt, Österreich im Bestreben, eine Verlängerung der Medizin-Quotenregelung zu erzielen, zu unterstützen. Das derzeitige Moratorium läuft im November 2012 aus.

ELGA: neue Arbeitsgruppen eingesetzt

Die ÖÄK und Gesundheitsminister Alois Stöger (S) haben kürzlich die Einsetzung von neuen Arbeitsgruppen für das Projekt ELGA (Elektronische Gesundheitsakte) vereinbart. Noch im Sommer soll mit der Arbeit begonnen werden; ein Ergebnis in sechs bis acht Wochen vorliegen. Befassen werden sich die Arbeitsgruppen mit der „Usability“ und mit „Finanziellem“; außerdem wurde die bestehende Arbeitsgruppe „Legistik“ wiederbelebt. Ein Regierungsbeschluss im Sommer – wie dies von Stöger geplant war – wird sich damit nicht ausgehen. Der Gesetzesvorschlag könnte frühestens im September in den Ministerrat gehen. Ein paar Wochen seien jetzt nicht entscheidend, es komme vor allem auf ein gutes Ergebnis an, erklärten beide Seiten. „Aus unserer Sicht rührt sich etwas“, betonte ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger. Es sei der Versuch erkannbar, einen pragmatischen Ansatz zu finden.

EMS-Test in Wien: 4.400 Bewerber für 740 Plätze

In Wien haben kürzlich 4.352 Bewerber am Medizin-Aufnahmetest teilgenommen, um einen von 740 Studienplätzen zu erhalten. Erstmals sollen die Testergebnisse nach Geschlechtern getrennt ausgewertet werden. Bei identer Punktezahl könnten Frauen so einen höheren Testwert als Männer erreichen. Neu ist auch, dass für die 80 Zahnmedizin-Plätze ein eigener Test zur Feinmotorik absolviert werden muss. Der EMS-Test wird von den Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck eingesetzt; in Graz gibt es ein eigenes Verfahren. Bereits kommendes Jahr könnte aber ein gemeinsames Testverfahren zum Einsatz kommen, das derzeit von den drei medizinischen Universitäten erarbeitet wird mit dem Ziel, mehr Chancengleichheit zu bringen.

Krankschreibungen: Ärztekammer kritisiert „Mystery-Shopping“

Das Vorgehen der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), Ärzte durch Scheinpatienten auf missbräuchliche Krankschreibungen zu prüfen, sorgte für heftige Kritik. Johannes Steinhart, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Wiener Ärztekammer: „Das ist einfach die falsche Methode. Wir lassen dieses Mystery-Shopping anschauen, ob es juristisch zulässig ist.“ Laut Wiener GKK hätten sich einige wenige Verdachtsfälle bestätigt, der Großteil der Ärzte sei aber seriös vorgegangen. Steinhart forderte, die Problemfälle unter Wahrung der Größenordnung zu überprüfen; 99,9 Prozent der Ärzte würden absolut korrekt arbeiten. „Das Vorgehen der Wiener GKK ist ein Unfug“, so Steinhart.

Portugal: Ärzte streiken wegen Einsparungen

Um gegen die Sparmaßnahmen der Regierung und niedrige Gehälter zu protestieren, haben die Ärzte in Portugal kürzlich zwei Tage gestreikt; die Beteiligung lag bei mehr als 90 Prozent. Die Abteilungen in den meisten Krankenhäusern und Gesundheitszentren waren bis auf einen Notdienst geschlossen; mehr als 400.000 Sprechstunden und 4.300 Operationen fielen aus. Anlass war ein zuvor von der Regierung beschlossenes strenges Sparprogramm, um in der Folge einen Kredit der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Höhe von 78 Milliarden Euro zu erhalten. Die Einsparungen betreffen den Gesundheitssektor besonders hart: Hier müssen allein dieses Jahr rund 800 Millionen Euro eingespart werden; unter anderem soll die Kostenerstattung für Medikamente eingeschränkt werden.


PVA: höhere Beitragseinnahmen

Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) wies in ihrem Rechnungsabschluss 2011 ein Gebarungsvolumen von 29,7 Milliarden Euro inklusive der Aufwendungen nach Bundespflegegeldgesetz und Nachtschwerarbeitsgesetz auf. Insgesamt wurden 25,2 Milliarden Euro für Pensionsleistungen aufgewandt; am meisten davon für Alterspensionen (19,3 Milliarden Euro). Die Beitragseinnahmen erhöhten sich um 839 Millionen Euro auf 23,5 Milliarden Euro (plus 3,7 Prozent). Der Bundesbeitrag stieg weniger stark als in den Vorjahren, nämlich um 2,4 Prozent auf 3,92 Milliarden Euro (2010: 3,83 Milliarden Euro). Die Gesamtausgaben für Rehabilitation und Gesundheitsvorsorge betrugen mit 710,5 Millionen Euro um 7,3 Prozent mehr als 2010.

Medizinische Assistenzberufe: Gesetz verabschiedet

Bevor sich der Nationalrat in die Sommerpause verabschiedet hat, wurde unter anderem die Neuregelung der Medizinischen Assistenzberufe (MAB) beschlossen. Franz Frühwald, Obmann der Bundesfachgruppe Radiologie in der ÖÄK, hatte zuvor Kritik an den RadiologietechnologInnen Österreichs (RT) geübt; diese hatten versucht, das Gesetz noch in letzter Minute zu Fall zu bringen. Streitpunkt war, dass die Assistenz bei der Durchführung von CT und MRT laut Gesetzesvorlage durch Angehörige der medizinischen Assistenzberufe erfolgen darf. Frühwald: „Würden nur Radiologietechnologen am CT und MRT arbeiten, wäre die Versorgung der Bevölkerung, vor allem außerhalb der Ballungsräume, gefährdet. In der Praxis ist kein Unterschied zwischen den beiden Berufsgruppen feststellbar“, so der Bundesfachgruppenobmann.


Hausapotheken: Wechselberger für „duales System“

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu Hausapotheken, appelliert ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger an die Politik, die ärztliche Versorgung am Land sicherzustellen. Anlass dafür ist das jüngste Erkenntnis des VfGH, wonach die Regelung, dass in Gemeinden mit zwei Kassenärzten die Ärzte ihre Hausapotheke erst nach zehn Jahren schließen müssen, wenn eine Apotheke öffnet, gekippt wurde. Laut VfGH sei dies eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber Ärzten in Gemeinde mit drei Kassenärzten, die ihre Hausapotheke schon nach drei Jahren einstellen müssen. Die Regelung wurde mit Ende 2013 aufgehoben. Angesichts der Tatsache, dass bereits jetzt die Nachbesetzung von Hausarztstellen schwierig sei, regte Wechselberger die Schaffung eines „dualen Systems“ an: Dabei sollte Landärzten der unbeschränkte Verkauf von Medikamenten erlaubt – ohne dabei die Konzessionen von Apotheken zu beschränken – und so die gute ärztliche und medikamentöse Versorgung der Patienten gesichert sein.

Der ehemalige Präsident der Salzburger Ärztekammer und der ÖÄK, Reiner Brettenthaler, erhielt im Rahmen des Deutschen Ärztekammertages vom Präsidenten der Deutschen Bundesärztekammer Frank U. Montgomery das Ehrenzeichen der deutschen Ärzteschaft mit der Aufschrift „ob merita medici Germaniae“ verliehen. In seiner Laudatio würdigte Montgomery besonders den Einsatz von Brettenthaler als CPME-Präsident sowie bei der UEMO.

Deutschland: Beschneidungs-Urteil ist rechtskräftig

Das umstrittene Urteil des Kölner Landgerichtes, dass religiöse Beschneidungen von Buben den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen, ist seit kurzem rechtskräftig. Die Anklagebehörde hat auf eine Revision verzichtet, weil sie keine Aussicht auf Erfolg gesehen hatte. Das Urteil hat sowohl in Deutschland als auch international harsche Kritik hervorgerufen. Solche Praktiken in die Illegaliltät zu drängen, gefährde das Kindeswohl, wenn Beschneidungen von Unqualifizierten durchgeführt würden. Jüdische und muslimische Verbände sowie die Deutsche Bischofskonferenz sehen das Urteil als massiven Eingriff in die Religionsfreiheit.

Neu: Orientierungshilfe Physikalische Medizin

Sichtlich erfreut, dass „es gelungen ist, eine online-Orientierungshilfe über Diagnosen und evidenz-basierte Therapien“ zu erstellen, zeigte sich der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart. Dieses Tool sei für alle, die sich mit medizinischen Leistungen beschäftigen aber auch als einfache und strukturierte Information für Patienten gedacht. Auch für Nicht-Fachärzte sei diese Online-Orientierungshilfe ganz wesentlich, betont der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für physikalische Medizin und Rehabilitation, Univ. Prof. Anton Wicker. „Der Arzt kann sich darüber informieren, was sagt die Wissenschaft zu dieser Therapie.“ So können derzeit rund 600 wissenschaftliche Arbeiten abgerufen werden.
Was Physikalische Medizin bewirken kann, wurde im Rahmen einer Beobachtungsstudie, die von Experten des Wiener AKH und des Wiener Hanuschkrankenhauses durchgeführt wurde, nachgewiesen. Dabei konnte bei Patienten mit muskuloskelettalen Erkrankungen bei den Parametern „Körperlicher Schmerz“, „Beweglichkeit“ und „Wohlbefinden“ bereits nach zehn Anwendungen deutliche Besserung erzielt werden: beim körperlichen Schmerz um 41 Prozent, bei der Beweglichkeit um 34 Prozent sowie beim Wohlbefinden um 27 Prozent. Davon, dass die Bedeutung der Physikalischen Medizin insgesamt steigen wird, ist Steinhart überzeugt: „Man rechnet mit einer Bedarfssteigerung von acht Prozent bis zum Jahr 2015.“
Tipp: www.orientierungshilfe-pmr.at; www.oegpmr.at

US-Gesundheitsreform: Repräsentantenhaus für Rücknahme

Nachdem der Oberste Gerichtshof in den USA die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama erst kürzlich für verfassungskonform erklärt hat, beschloss das Repräsentantenhaus erneut deren Rücknahme. 244 Abgeordnete, darunter auch fünf Demokraten, stimmten für ein Aus der Reform; 185 waren dagegen. Dennoch gilt der Schritt als rein symbolisch; mit ihrer Mehrheit im Senat würden die Demokraten ein solches Gesetz blockieren und Präsident Obama sein Veto einlegen. Schon mehr als 30 Mal hat das Repräsentantenhaus zuvor zumindest über eine teilweise Rücknahme der Reform abgestimmt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2012