Kommentar – Dr. Otto Pjeta: Kontrolle statt Kooperation

25.01.2012 | Politik

Kontrolle statt Kooperation

Die Qualitätssicherung bei Ärzten funktioniert nur mit Motivation, nicht mit Bedrohung. Schaut man sich allerdings die aktuellen Entwicklungen an, wo mit Drohungen und Weisungen agiert wird, ist Schlimmes zu befürchten.

Im Zuge der Erstellung und auch der Überarbeitung der Qualitätssicherungs-Verordnung haben wir uns immer diskussions- und auch konsensbereit gezeigt. Unsere Bemühungen in diesem Bereich sind weltweit einzigartig! Im Vorfeld der vorliegenden Version der Qualitätssicherungsverordnung 2012 gab es anders lautende einstimmige Beschlüsse des wissenschaftlichen Beirats zu den Qualitätskriterien. Im Übrigen hat sich der wissenschaftliche Beirat als ein sehr kompetentes Gremium erwiesen, das sich zur Aufgabe gestellt hatte, eine Qualitätsverbesserung zu erzielen und nicht einen Systemwechsel.

Die Vorgangsweise, wie sich nun das Ministerium über diese Konsensfindung hinwegsetzt, ist nicht nur für uns als Ärztevertreter beispiellos und ärgerlich, sondern zeigt auf, welche Einstellung Ärztinnen und Ärzten gegenüber grundsätzlich an den Tag gelegt wird. Schon allein der Begriff der „Weisung“ sollte allen klar machen, wie man in Zukunft mit uns umgehen möchte. Der Staat will bestimmen, wo es lang geht, die Selbstverwaltung wird zum Fremdwort und die Ausübung des Arztberufes wird tagesaktuell von den Sozialversicherungen kontrolliert.

Worum geht es konkret? Die Sozialversicherung wird zum Big Brother, der die Evaluierung sofort und aktuell überwachen will.

Jedes Mal, wenn ein Mängelbehebungsauftrag erfolgt, muss dies der Sozialversicherung „unverzüglich und nachweislich schriftlich“ bekannt gegeben werden. Jedes Mal, wenn ein Vor-Ort-Besuch einer Ordination eines Vertragsarztes wegen eines Mangels erfolgt, muss dies der Sozialversicherung gemeldet werden. Jedes Evaluierungsergebnis einer Ordination muss den Sozialversicherungen, mit denen eine Ärztin oder ein Arzt einen Vertrag abgeschlossen hat, gemeldet werden. Jeder Nachweis darüber, dass ein Mangel behoben wurde, muss auch an die Sozialversicherung erfolgen.

Die Sozialversicherung hat scheinbar den Überblick darüber verloren, welche Faktoren für eine flächendeckende Versorgung mit Vertragsärzten notwendig sind.

Es braucht in jedem Fall motivierte und nicht reglementierte Vertragsärzte, die unter noch gestrengerer Aufsicht als bisher ihrer schon jetzt ohnehin nicht einfachen Aufgabe als niedergelassener Arzt oder niedergelassene Ärztin nachkommen.

Welche Auswirkungen diese Berichtspflichten haben werden, hängt jedenfalls auch davon ab, wie die Sozialversicherungen mit diesen Informationen umgehen: Ob man als Oberlehrer oder Vertragspartner auftritt, wird eine Auswirkung auf das bereits vorhandene Nachfolgeproblem bei Kassenpraxen haben. Wie oft wird man in Zukunft eine Stelle ausschreiben müssen, damit sich überhaupt jemand dafür bewirbt?

All diese Aspekte wurden wohl bei der „Weisung“ des Ministeriums nicht berücksichtigt. Anders kann und will ich mir diese Vorgangsweise nicht erklären.

*) Dr. Otto Pjeta ist Präsidialreferent für Qualitätssicherung in der ÖÄK

Tipp:
Qualitätssicherungs-Verordnung 2012

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2012