Arbeitsmedizin: Neuer Lehrgang beginnt

15.12.2012 | Arbeitsmedizin, Politik

In Klosterneuburg, Graz, Hall in Tirol sowie im Vorarlberger Lochau finden die nächsten Ausbildungen zum Arbeitsmediziner statt. Schnell Entschlossene können sich noch für den Kurs, der am 21. Jänner 2013 in Klosterneuburg beginnt, anmelden.
Von Agnes M. Mühlgassner

Das Wesen der Arbeitsmedizin ist es, die im Berufsleben auftretenden physischen und psychischen Belastungen rechtzeitig aufzuspüren und die Einflussfaktoren dahingehend zu gestalten, dass sie nicht weiterhin als Belastungen erlebt werden und somit die Arbeits- und Leistungsfähigkeit eines Menschen nicht beeinträchtigt wird. Welchen Stellenwert die Arbeitsmedizin heute insgesamt hat, beantwortet der Leiter des ÖÄK-Referats für Arbeitsmedizin, ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger, folgendermaßen: „In der Arbeitsmedizin ist es wichtig zu erkennen, welche Gefahren, Risiken und Beanspruchungen für den Mitarbeiter am Arbeitsplatz bestehen.“ Während Lärm, Staub, Dämpfe, Sturzgefahren etc. häufig einfach festzustellen waren, seien die Gefahren heute „subtiler geworden“. Denn auch ein schöner und aufgeräumter Büroarbeitsplatz könne Gefahrenpotential besitzen. Wechselberger weiter: „Der Arbeitsmediziner von heute ist mit vielen neuen Gefahrstoffen konfrontiert, die es früher entweder gar nicht gegeben hat oder die heute erst dank moderner Messmethoden überhaupt erfasst werden können.“ Hinzu kämen auch neue organisatorische Strukturen in der Wirtschaft im Allgemeinen und in den Unternehmen im Besonderen mit Auswirkungen auf den einzelnen Mitarbeiter. „Daraus resultierende psychische Belastungen am Arbeitsplatz – vom Leistungsdruck bis zum Mobbing – zeigen, dass der Stellenwert der arbeitsmedizinischen Betreuung eher zuund keineswegs abnimmt“, so die Analyse des Referats-Leiters.

Was man von der Absolvierung eines Lehrgangs in Arbeitsmedizin erwarten kann? Künftig für präventivmedizinische Aufgaben in einem Betrieb vorbereitet zu sein. Die Aufgaben von Arbeitsmedizinern:

  • Erkennung von Gesundheits- und Leistungs-relevanten Faktoren im betrieblichen Geschehen;
  • Entwicklung und Mitwirkung bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen;
  • Beurteilung individueller gesundheitlicher Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer möglichen arbeitsbedingten Ursachen sowie ihrer Auswirkungen auf die künftige Leistungsund Arbeitsfähigkeit.

Wissenskompetenz und Handlungskompetenz bilden die beiden zentralen Anteile im Rahmen der Ausbildung. Praktisch bedeutet das, dass es im Lehrgang sowohl darum geht, dass medizinische, psychologische, technologische und ökonomische Zusammenhänge vermittelt werden, als auch darum, dass die Lehrgangsteilnehmer auf ihre Tätigkeit als unabhängiger, sachverständiger Berater für Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbereitet werden.

Die Ausbildung selbst gliedert sich in Abschnitte, bei denen die persönliche Anwesenheit an der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin erforderlich ist, sowie in EDV-gestützte Phasen des Selbststudiums, des E-Learnings. Dabei erwirbt man in den von der Akademie für Arbeitsmedizin online zur Verfügung gestellten Unterlagen selbst theoretisches Grundwissen über die unterschiedlichen arbeitsbedingten Einflussfaktoren beziehungsweise die zielführenden Präventivmaßnahmen.

Auf der Basis dieses Wissens erfolgt die weitere Ausbildung im Rahmen der Anwesenheitsmodule in der Akademie für Arbeitsmedizin in Klosterneuburg. Dabei geht es um die Vermittlung von Handlungskompetenz; im Mittelpunkt stehen die physischen und psychischen Einflussfaktoren auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit. Die praktischen Fertigkeiten werden geschult: von der Identifikation eines Einflussfaktors über dessen Analyse, die entsprechende ärztliche Untersuchung bis hin zur Umsetzung von allfälligen (Präventions-)Maßnahmen.

Thematisch geht es in den insgesamt neun Modulen um die Einführung in die arbeitsmedizinische Tätigkeit (zwei Module), um physikalische Einflussfaktoren (drei Module), psychische Einflussfaktoren (zwei Module), um Gesundheitsberatung/Gesundheitsförderung (ein Modul) sowie um die Vorbereitung auf den Berufseinstieg (ein Modul). Ein Modul dauert durchschnittlich drei Tage. Darüber hinaus sind drei Betriebs-Praktika im Rahmen der Anwesenheitsmodule zu absolvieren. Im Rahmen derer besteht die Möglichkeit, eine der wesentlichsten Aufgaben von Arbeitsmedizinern, Gefahren festzustellen und zu beurteilen sowie Maßnahmen festzulegen, in der betrieblichen Realität zu üben.

Mit einer Prüfung schließt die arbeitsmedizinische Ausbildung ab. Im Rahmen der schriftlichen Prüfung wird das im Selbststudium erworbene Wissen in Form eines multiple choice-Tests überprüft; bei der mündlichen Prüfung wiederum wird die Fähigkeit, Fachwissen prozessorientiert anwenden zu können, anhand eines Fallbeispiels überprüft. Wird die Prüfung bestanden, erhält der Betreffende ein Zertifikat, das ihn berechtigt, betriebsärztlich tätig zu sein. Nach Vorlage dieses Zertifikats erhält man bei der ÖÄK das Spezialdiplom „Arbeitsmedizin“. Dieses Diplom bringt – je nach Bundesland – unterschiedlich viele Punkte für die Reihung bei der Vergabe von Kassenstellen als niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin.

Danach ist es möglich, sich noch weiter fortzubilden: Im Rahmen des Aufbau-Curriculums „Wirtschaftsmedizin“ kann ein Master Degree (MSc) in „Arbeitsund Wirtschaftsmedizin“ erlangt werden. Weiters wird die Ausbildung zum Arbeitsmediziner mit 70 Punkten für das DFP (Diplomfortbildungsprogramm) der ÖÄK angerechnet; das gilt auch, wenn man den Lehrgang während des Turnus absolviert. Die Kosten für den Kurs betragen 7.350 Euro.

„Jeder, der sich mit Patientinnen und Patienten beschäftigt, deren Gesundheit von den Einflüssen des Arbeitslebens beeinflusst wird, profitiert von einer arbeitsmedizinischen Ausbildung“, konstatiert Wechselberger. Auch andere Überlegungen sollten dabei einfließen: „Wer darüber hinaus einen zukunftssicheren Arbeitsbereich in einer breiten und hochkomplexen medizinischen Fachdisziplin sucht, sollte auch eine arbeitsmedizinische Ausbildung in Betracht ziehen.“ Der zu erwartende Generationswechsel bei den Arbeitsmedizinern werde einen hohen Bedarf an Nachwuchs mit sich bringen. Einen weiteren Vorteil sieht Wechselberger darin, dass die Arbeitsmedizin „viele Möglichkeiten zur freien Berufsgestaltung bietet und damit einer erstrebenswerten Work-Life-Balance entgegen kommt“.

Die Honorierung für die Tätigkeit als Arbeitsmediziner sieht mit 1. Jänner 2013 folgende Erhöhung vor: Das Honorar für AUVAsicher-Vertragspartner sieht nach der Indexanpassung einen Stundensatz von 127,13 Euro vor, was eine Erhöhung von 2,4 Prozent bedeutet. Die Empfehlungstarife der ÖÄK für externe Arbeitsmediziner sieht eine Erhöhung von 2,8 Prozent vor (siehe Kasten).

Welche Möglichkeiten gibt es, als Arbeitsmediziner tätig zu werden?

  • Als selbstständiger oder angestellter Arbeitsmediziner in einem direkten Dienstverhältnis mit einem oder mehreren Unternehmen;
  • In einem arbeitsmedizinischen Zentrum;
  • Im Auftrag der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) die Betreuung von Kleinbetrieben übernehmen.

Neue Entwicklungen

Die Anfang Dezember 2012 im Nationalrat beschlossene Novellierung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) bringt eine gravierende Änderung mit sich: Wer künftig um die Erteilung einer Ermächtigung zur Durchführung von Eignungs- und Folgeuntersuchungen ansucht, muss ab 1. Jänner 2013 zusätzlich eine arbeitsmedizinische Ausbildung absolvieren. Der Einwand der ÖÄK wurde nicht berücksichtigt. Wechselberger dazu: „Wichtig bei der Novellierung ist die besondere Betonung der psychischen Belastungen, denen die Arbeitnehmer ausgesetzt sind.“ Diesem neuen Schwerpunkt werde auch in der inhaltlichen Gestaltung des arbeitsmedizinischen Lehrgangs Rechnung getragen, dessen Dauer sich dadurch um 30 Stunden erhöht.

Bis dato war der Nachweis, dass der Betreffende eine für die jeweilige Untersuchung entsprechende Ausbildung absolviert hat und dass er den Nachweis über die persönliche Qualifikation sowie die sachlichen Voraussetzungen erbringen kann, ausreichend.

Die neue Regelung gilt für künftige Untersuchungsermächtigungen. Wird der Antrag für eine Untersuchungsermächtigung noch bis 31.12.2012 gestellt, wird noch nach der derzeit gültigen Gesetzeslage vorgegangen.

Ein entsprechendes Informationsblatt steht unter www.aerztekammer.at unter „Downloads“ zur Verfügung.

 

 

 

Termine der nächsten Lehrgänge

Jänner bis November 2013 in Klosterneuburg

April 2013 bis Jänner 2014 in Graz

September 2013 bis Mai 2014 in Klosterneuburg

Oktober 2013 bis September 2014 in Hall/Tirol sowie in Lochau/Vorarlberg

Details dazu gibt es unter „Termine“
in dieser Ausgabe der ÖÄZ auf S. 44
sowie unter www.aam.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2012