Vorarlberg: Bestätigung und Ausblick

10.04.2012 | Politik

Eine gemeinsame Wahlplattform „Initiative für Ärztinnen und Ärzte in Vorarlberg“, bestehend aus einer Liste, ergab eine Wahlbeteiligung von 55,16 Prozent. Worin er die künftigen Schwerpunkte seiner Tätigkeit sieht, das erläuterte Ärztekammer-Präsident Michael Jonas im Gespräch mit Agnes M. Mühlgassner.


ÖÄZ: Wie beurteilen Sie den Ausgang der Wahl?

Jonas: Eigentlich sehr positiv. Wir hatten beim letzten Mal knapp 47 Prozent Wahlbeteiligung und jetzt über 55 Prozent. Vor allem im angestellten Bereich hat es eine beträchtliche Steigerung gegeben. Soweit ich mich erinnern kann, lag die Wahlbeteiligung im angestellten Bereich 2007 etwas über 40 Prozent, jetzt sind es 52,44 Prozent. Die angestellten Ärzte haben erkannt, dass die Ärztekammer für sie hoch aktiv ist. Demokratiepolitisch ist es natürlich immer ein Problem, dass es nur eine Liste gibt, die zur Wahl antritt. Trotz allem ist diese Wahlbeteiligung außerordentlich hoch.

Das ist aber auch darauf zurückzuführen, dass die Unzufriedenheit unter den Vorarlberger Spitalsärzten sehr groß ist.
Natürlich und auch weil erkannt wurde, dass von der Ärztekammer Maßnahmen gegen diese Unzufriedenheit ergriffen wurden, die politisch zu einem Umdenken geführt haben. Wir haben seit Jahren gefordert, dass sich etwas tun muss aufgrund der Grenznähe. Im vergangenen Spätsommer hat die Politik erstmals eine Kehrtwendung gemacht. Was genau da jetzt herauskommt, das muss man sich erst anschauen. Aber es ist hier gelungen, ein Umdenken zu erzielen.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit in der nächsten Funktionsperiode?
Drei Dinge. Ein Schwerpunkt ist natürlich die Ausbildungssituation der Ärzte für Allgemeinmedizin. Hier muss daran gearbeitet werden, dass die Lehrpraxis – wer immer sie finanziert – endlich Realität wird. Das ist ein wesentlicher Punkt neben einer Qualitätsverbesserung der Ausbildungssituation für unsere Turnusärzte. Das ist nicht nur in Vorarlberg so, das ist in ganz Österreich so. Aber in Vorarlberg gibt es schon seit Jahren Turnusärzte-Befragungen, was an einzelnen Abteilungen zu punktuellen Verbesserungen geführt hat. Hier werden wir hart dran bleiben. Das ist das eine.
Das zweite ist natürlich, dass wir ausreichend Mediziner in die Spitäler bekommen, und der Fachärztemangel in den Spitälern behoben werden muss, damit Arbeitszeitmodelle angedacht werden können, in welchen die Wochen-Arbeitszeit zumindest auf ein erträgliches Maß, zumindest auf unter 60 Stunden, heruntergedrückt werden kann. Das ist derzeit nicht möglich. Voraussetzung zur Zielerreichung ist eine marktkonforme Gehaltsreform.

Wo besteht noch dringender Handlungsbedarf?
Der nächste Punkt ist, dass wir im niedergelassenen Bereich die Kooperation zwischen Allgemeinmedizinern und Fachärzten weiter verbessern und fördern werden und dort, wo Mangelsituationen bestehen und die gibt es ja punktuell und nicht in jedem Fach gleich, Maßnahmen setzen müssen – das heißt es müssen in der Honorarordnung Leistungsanreize geschaffen werden. Das muss deswegen geschehen, damit dort, wo kein Nachwuchs in absehbarer Zeit rekrutiert werden kann, noch eine zufriedenstellende Versorgung möglich ist. Da werden wir ab Herbst in Verhandlungen mit der GKK treten. Und ein ganz großer Schwerpunkt ist die Hausarztsituation: Wir hatten eine Zeit, da konnten wir fünf Kassenstellen nicht besetzen, jetzt sind es noch drei. Da muss etwas geschehen. Abgesehen von diesen Arbeitsschwerpunkten werden wir uns wie bisher in die gesundheitspolitische Diskussion einbringen, vor allem dann, wenn die Rechte der Ärzteschaft bedroht werden – Stichwort Landesgesundheitsplattform Neu beziehungsweise Modellregion Vorarlberg, Gesundheitsreform. Last but not least werden wir uns um den Kooperationsbereich zwischen niedergelassenen und angestellten Ärzten kümmern.

Ein Problem dabei ist der Aufnahmetest zum Medizinstudium. Soviel ich weiß, werden ja in Vorarlberg spezielle Vorbereitungskurse dafür angeboten.
Das ist ja nicht nur bei uns so. Es wurde erkannt, dass sich die deutschen Kollegen ganz spezifisch auf den EMS-Test vorbereitet haben und dass es dann nicht verwunderlich war, dass sie besser abgeschnitten haben als die österreichischen Kandidaten. Das hat dazu geführt, dass wir viel zu wenig Jungärzte nach Vorarlberg bekommen haben. Bei uns sind ja etliche Turnusarztstellen nicht besetzt. Wir haben in den Jahren 2006 bis 2011 zwischen 21 bis 29 Studienanfänger für das Medizin-Studium gehabt. Brauchen würden wir aber 33. Der EMS-Test wird von uns nach wie vor als ungeeignetes Instrument abgelehnt. Ich bin der Meinung, dass ein Tool für Sozialkompetenz und Kommunikationsfähigkeit unbedingt eingeführt werden müsste.

Details zur Wahl

Von den 1.336 wahlberechtigten Ärztinnen und Ärzten machten in Vorarlberg 737 von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Insgesamt waren in Vorarlberg 28 Mandate zu vergeben; davon 16 Mandate für die Kurie der angestellten Ärzte und zwölf Mandate für die Kurie niedergelassene Ärzte.
Die konstituierende Vollversammlung findet am 23. April statt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2012